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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Marmoset zu verlassen, weil ich noch Platz für drei oder vier Zitronenscheiben in meinem Glas hatte. Danach, so glaube ich mich dunkel zu erinnern, bin ich mit Cody und Sylvie in ein Taxi gestiegen und habe mir das Ohr in der Tür eingeklemmt, aber vielleicht war das ein Traum, obwohl mein Ohr heute wie ein Blumenkohlröschen aussieht, also ist es vielleicht doch passiert. Danach verließen sie mich …
     
    Ich unterbrach mein Schreiben. Wenn ich das, was dann kam, nicht etwas stärker zusammenfasste, würde diese E-Mail so lang wie Krieg und Frieden werden. Denn am Morgen nach Codys Party wachte ich in meinem eigenen Bett in meiner eigenen Wohnung auf, und noch bevor ich feststellte, dass ich im Bettbezug lag statt unter der Bettdecke, hatte ich eine böse Vorahnung. Ich fühlte mich in einem seltsam unordentlichen Zustand, und als ich das überprüfte, merkte ich, dass ich zwar ganz angezogen war, dass aber unter meinem Kleid mein BH offen war und mein Höschen runtergezogen, die Strumpfhose darüber allerdings ganz hochgezogen war. Als mir das bewusst wurde, fühlte ich mich so unwohl, dass ich es keinen Moment länger ertrug.
    Während ich meine Kleidung in Ordnung brachte und dabei  – wie man es eben so tut – über die Bettkante guckte, entdeckte ich auf dem Fußboden, dahindrapiert wie eine Leiche in einem Krimi, einen Mann. Dunkles Haar, Anzug. Ich hatte keine Ahnung, wer das war. Nicht die geringste. Er machte ein Auge auf, sah damit zu mir herauf und sagte: »Morgen.«
    »Morgen«, sagte ich.
    Er machte das zweite Auge auf, und dann dachte ich, es könnte sein, dass ich ihn kenne. Ich glaubte, das Gesicht zu erkennen, ich war mir ziemlich sicher.
    »Owen«, stellte er sich vor. »Du hast mich gestern im Hamman kennen gelernt.«
    Hamman war eine hippe neue Bar – ich wusste gar nicht, dass ich da gewesen war.
    »Warum liegst du auf dem Fußboden?«, fragte ich.
    »Weil du mich aus dem Bett geschubst hast.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ist dir nicht kalt?«
    »Saukalt.«
    »Du siehst sehr jung aus.«
    »Achtundzwanzig.«
    »Da bin ich aber älter.« Ich sah mich im Zimmer um und sagte: »Was macht die Kohlenschütte hier?«
    »Du hast sie geholt, weil du sie mir zeigen wolltest. Du hast allen Leuten davon erzählt. Anscheinend bist du sehr stolz darauf. – Mit Recht«, fügte er hinzu, »sie ist ein Prachtstück.«
    Er machte sich über mich lustig, und ich wollte, dass er weggehen und mich schlafen lassen würde, und dann würde ich feststellen, dass ich mir das alles nur ausgedacht hatte.
    »Du bist noch völlig betrunken«, sagte er, was sehr aufmerksam war. »Ich mache dir eine Tasse Tee, und dann gehe ich.«
    Ich rief: »Keinen Tee!«
    »Kaffee?«
    »Ja, bitte.«
    Und das Nächste war, dass ich plötzlich mit einem ganz pelzigen Geschmack im Mund aufwachte und mich fragte, ob ich geträumt hatte. Aber neben mir stand eine Tasse Kaffee – eiskalt  –, und ich fiel wieder ins Koma, bevor ich ihn trank. Die Kohlenschütte stand noch auf meiner Kommode, und alle meine schönen Dinge – Nagellack, Make-up, mein Origins-Puder – lagen auf dem Boden verstreut und sahen für mich aus, an diesem Morgen nach dem Abend davor, wie Crashtest-Dummys nach ihrem Einsatz.
    Es war zu schrecklich, und als ich aufstand, wären meine Beine beim Versuch zu stehen fast unter mir weggerutscht. Im Wohnzimmer lagen die Kissen vom Sofa auf dem Fußboden, als hätte sich jemand (ich und Owen?) darauf gebalgt. Überall auf meinem schönen Holzfußboden waren klebrige rote Kreise, die von einer offenen Rotweinflasche herrührten, und auf meinem silbergrauen Teppich aus achtzig Prozent Wolle war ein gemeiner blutroter Fleck. Um den Fleck herum waren Glasscherben verstreut, sodass man denken konnte, wir seien beim Balgen von Sofa gefallen und auf einem Weinglas gelandet.
    Ein Panikgefühl stieg in mir hoch, als ich dachte, der Holzfußboden hätte silbrige Blasen geworfen, aber als ich genauer hinsah, waren es meine CDs, die überall auf dem Fußboden herumlagen, und das Sonnenlicht brach sich in den Silberscheiben. Im Flur sah ich, dass jemand einen Zettel unter der Tür durchgeschoben hatte: eine wütende Beschwerde von Gary und Gaye von oben, die sich über den Lärm beklagten. Sie klangen außer sich, und ich wünschte mir, ich wäre tot. Ich würde mich entschuldigen müssen, und sicher würde ich nie wieder mit ihnen sprechen können.
    Szenen dieser Art waren einst jeden Samstag- und Sonntagmorgen normal,

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