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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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eine Doppelausgabe der Simpsons , eine Stunde Buffy und dann die Neun-Uhr-Nachrichten.
    Wenn ich länger arbeiten musste, saß sie allein vorm Fernseher und fasste bei meiner Heimkehr die Sendungen für mich zusammen. An den Wochenenden sahen wir Midsomer Murders oder Inspektor Morse , dieselben Sendungen, die sie mit Dad gesehen hatte, und das Komische war, dass ich, obwohl ich nie allein war, mich schrecklich einsam fühlte.
    Mam und ich hatten uns nicht viel zu erzählen. Manchmal sagte sie: »Warum, glaubst du, ist er weggegangen?«
    »Wahrscheinlich, weil Onkel Leo und Tante Margot so schnell nacheinander gestorben sind.«
    »Ich bin auch traurig, dass Leo und Margot tot sind«, sagte sie, »aber deswegen fange ich doch keine Affäre an.«
    »Vielleicht liegt es daran, dass er im August sechzig wird. Viele Leute rasten aus, wenn sie einen Geburtstag mit einer Null am Ende haben.«
    »Ich bin vor zwei Jahren sechzig geworden, hatte ich etwa eine Affäre?«
    Wir warteten darauf, dass Dad wiederkommen würde, unser Leben bestand darin, Wache zu halten, obwohl wir uns das nie eingestanden. Mam hatte das Kochen aufgeben, sodass wir uns von Crackern und Paté und Baileys ernährten. Wenn ich vom Sofa aufstand, um zur Toilette zu gehen, sah sie besorgt auf, und ich hatte Gewissensbisse. Niemand wollte glauben, dass es mir nicht gelang, Dad zum Zurückkommen zu bewegen. »Aber du kriegst doch sonst immer alles hin«, sagte Cody.
    »Außer mein eigenes Liebesleben.« Ich wollte mich nicht runtermachen, ich ersparte ihm bloß, es selbst zu sagen.
    Auch im Büro lief es nicht so gut. Obwohl ich keine Aufträge verloren hatte (Was für ein Gedanke! Eindeutig ein Vergehen, auf das eine Unterredung in dem fensterlosen Zimmer folgte), hatte ich auch keine neuen rangeschafft, und Frances und Francis waren nicht sehr glücklich darüber, denn ich musste, woran sie mich fast täglich erinnerten, meinen Umsatz jährlich um fünfzehn Prozent steigern. (Bis letztes Jahr waren es zehn Prozent gewesen, aber jetzt hatten sie sich vorgenommen, ein Ferienhaus in Spanien zu kaufen.)
    »Neue Aufträge kommen ja nicht von allein«, sagte Frances finster, »du musst ihnen hinterherjagen wie ein Hund.«
    Das Problem war, dass ich meinen Antrieb verloren hatte. Ich habe nur dann Erfolg, wenn ich obenauf, wenn ich »heiß« bin. Wenn ich mit den Personalleitern großer Firmen zum Essen gehe, muss ich sie blenden können mit meiner Energie und ihnen den Eindruck vermitteln, dass ihre nächste Konferenz ein ganz besonderes, glanzvolles, lustvolles Ereignis sein wird, das den Ruf ihrer Firma ungemein fördert.
     
    Meine Freunde machten sich Sorgen um mich, besonders Cody. »Du gehst gar nicht mehr aus. Das sieht dir gar nicht ähnlich, einfach aufzugeben.«
    »Ich habe nicht aufgegeben. Ich warte nur, bis Dad zurückkommt. Ich habe ihm zwei Monate zugebilligt, und jetzt sind sechs Wochen vergangen.«
    »Und wenn er nicht zurückkommt?«
    »Er kommt bestimmt.« Ich hatte aus verschiedenen Gründen Hoffnung, unter anderem, weil es keine weiteren Briefe von seinem Anwalt über eine »dauerhafte Finanzregelung« gegeben hatte.
    »Wenn deine Mutter nicht ausgehen will, musst du sie allein lassen.«
    »Das geht nicht. Sie fängt dann an zu weinen und kriegt Panikanfälle. Es ist leichter, zu Hause zu bleiben. Sie geht nicht mal zur Messe. Sie sagt, Religion ist Unsinn.«
    Cody war entsetzt. »Ich meine, sie hat natürlich Recht, aber ich wusste nicht, dass es so schlimm ist. Ich komme mal vorbei.«
    Er kam vorbei, setzte sich zu Mam und sagte: »Hören Sie, Maureen, wenn Sie die ganze Zeit hier sitzen, kommt er auch nicht zurück.«
    »Aber auch nicht, wenn ich tanzen gehe oder Bridge spiele.«
    »Maureen, das Leben geht weiter.«
    »Nicht für mich.«
    Nach einer Weile gab er auf, und draußen im Flur sagte er mit einer gewissen Bewunderung: »Sie kann richtig störrisch sein, was?«
    »Habe ich dir doch gesagt. Wie ein alter Maulesel.«
    »Jetzt verstehe ich auch, woher du das hast. Gibt’s neue Schokolade? Hoppla.« Er schlug sich mit einer theatralischen Geste die Hand vor den Mund. »Nein, natürlich nicht. Und so wie deine Mammy aussieht, hat sie sich durch den Abfallhaufen gefuttert.«
    »Hör mal …« Ich erhob Einspruch, aber er unterbrach mich und legte sich die Hand flach auf die Brust. »Cody Cooper, Wirklichkeitsanwalt. Ich sage, was ist, denn einer muss es ja tun. Sie war eine attraktive Frau, deine Mutter, der Fünfzigerjahre-Typ,

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