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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sie Ema, was die jugoslawische Schreibweise von Emma ist, wie wir sie eigentlich nennen wollten.
    Von Anfang an lächelte sie viel, und manchmal gluckste sie glücklich im Schlaf, und sie war sehr knuddelig. Die kleinen Speckfalten in ihren Oberschenkeln waren unwiderstehlich. Sie roch unwiderstehlich, sie fühlte sich unwiderstehlich an, sie klang unwiderstehlich.
    Das war das Gute.
    Auf der anderen Seite … Ich konnte mich nicht daran gewöhnen, Mutter zu sein. Nichts hatte mich darauf vorbereitet, und ich hätte das nicht weiter schlimm gefunden, aber ganz gegen meine Neigung hatte ich an Schwangerschaftsgymnastik und Elternvorbereitungskursen teilgenommen, um gut für das, was auf mich zukam, gewappnet zu sein. Ich hätte es ebenso gut lassen können, denn der Schlag traf mich mit unverminderter Wucht.
    Die ganze Verantwortung für dieses kleine, mächtige Bündel Mensch zu haben, ängstigte mich zu Tode, und ich hatte nie zuvor so viel und ununterbrochen gearbeitet. Am schwierigsten fand ich es, dass es keine Pause gab. Den ganzen Tag nicht. Anton hatte seine Arbeit in der Welt draußen und konnte jeden Tag das Haus verlassen, aber für mich bedeutete das Mutterdasein, dass ich rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche eingespannt war.
    Da ist das Stillen, zum Beispiel: Es wirkt entzückend und heiter. (Außer wenn Frauen es in der Öffentlichkeit machen und gleichzeitig vermeiden wollen, dass die anderen ihre entblößte Brust sehen.) Niemand hatte mir gesagt, dass es wehtat, dass es, kurz gesagt, unerträglich schmerzhaft war. Und das war, ehe ich eine Brustentzündung bekam, erst in der einen Brust, dann in der anderen.
    Es gab Zeiten, da wurden wir aus Ema nicht schlau – wir hatten sie gestillt, die Windeln gewechselt, sie im Arm gehalten, sie hatte ihr Bäuerchen gemacht, aber sie wollte nicht aufhören zu weinen. Dann wieder wurden wir aus uns selbst nicht schlau: Wir sehnten den Moment herbei, wenn sie einschlief, aber wenn sie zu lange schlief, machten wir uns Sorgen, dass sie eine Hirnhautentzündung haben könnte, und mussten sie wecken.
    Unsere Wohnung, die schon in guten Zeiten kein Schmuckkästchen war, konnte inzwischen als Martha Stewarts schlimmster Albtraum gelten. Riesige Windelkartons standen im Schlafzimmer herum, überall waren Babysachen zum Trocknen ausgebreitet, Mengen von Plüschtieren lauerten in den Ecken darauf, dass ich über sie stolpern würde, und am Schienbein hatte ich permanent einen blauen Fleck, wo ich mir jedes Mal, wenn ich am Buggy vorbeikam, das Bein an der Bremse stieß.
    Irgendwo in dem Einerlei von Vierundzwanzig-Stunden-Tagen, schlaflosen Nächten, wunden Brustwarzen und Bauchwehgeschrei erreichte mich eine Nachricht: Jojo hatte Mimis Medizin an Dalkin Emery, einen großen Verlag, verkauft! Es war ein Vertrag für zwei Bücher, und sie boten mir einen Vorschuss von viertausend Pfund pro Buch.
    Ich war außer mir vor Freude, dass ich einen Verlag hatte; das heißt, ich musste erst die Energie dafür aufbringen, mich zu freuen. Und viertausend Pfund war eine enorme Summe Geld, auch wenn es nicht die Summe war, die unser Leben verändern würde. Anscheinend würden wir arm bleiben, denn Eye-Kons Game Show »Last Man Standing« hatte so gut wie keinen Gewinn gemacht, und sie hatte auch nicht dazu geführt, dass die TV-Leute einen großen Geldregen auf Anton und Mikey niedergehen ließen.
    Es folgte ein Besuch bei meiner Lektorin Tania Teal. Sie war Anfang dreißig, forsch, aber nicht unangenehm. Sie sagte, Mimis Medizin würde im kommenden Januar erscheinen.
    »Nicht vorher?« Bis dahin war es noch ein Jahr, aber ich war nicht in der Position, protestieren zu können, denn abgesehen davon, dass ich nichts über Verlage wusste, sickerte Milch aus meiner Brust, und ich hatte Angst, Tania könnte das bemerken. Außerdem hatte ich vor dem Treffen keine Zeit zum Duschen gehabt und mich nur flüchtig gewaschen, ich fühlte mich also ungewaschen und im Nachteil.
    »Januar ist eine gute Zeit für einen Erstling«, sagte sie. »Das ist die Zeit, in der es kaum Neuerscheinungen gibt, und so bekommt das Buch größere Aufmerksamkeit.«
    »Ach so. Danke.«
     
    Dann passierte lange, lange Zeit nichts. Ungefähr sechs Monate lang, und dann rief plötzlich jemand an, ein Mann namens Lee, und wollte wissen, wann er mich für das Umschlagfoto fotografieren könne. Ich geriet in Panik. »Ich rufe Sie zurück«, sagte ich und legte auf. Wer war ich?, fragte ich mich. Wie möchte ich

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