Neue Schuhe zum Dessert
gesehen werden?
»Was ist?«, wollte Anton wissen.
»Ein Typ hat angerufen, er will mich für das Buch fotografieren. Ich muss was mit meinem Haar machen! Ich meine es ernst, Anton, ich muss mir eine Haartransplantation machen lassen, wie Burt Reynolds, ich hätte das vor Monaten machen sollen! Und was zum Anziehen! Ich brauche neue Sachen. Und meine Nägel, Anton, guck dir meine Fingernägel an!«
Ich brachte einen halben Tag damit zu, für Haareschneiden und -färben zu viel Geld auszugeben (auf die Transplantation habe ich verzichtet, Anton hat sie mir ausgeredet), kaufte drei neue Tops, eine Jeans, neue Stiefel und eine Gesichtscreme, die mir ein leuchtendes Aussehen geben sollte, aber als ich sie auftrug, sah ich ölig und glänzend aus. Und als ich die Creme wieder abwischte, streifte ich den Lippenstift und verteilte das Rot in meinem Gesicht, bis ich wie ein Unfallopfer aus einer Fernsehserie aussah.
»Das ist eine Katastrophe«, stöhnte ich. »Und ich hätte die Stiefel nicht kaufen sollen, sie kommen nicht mal mit aufs Bild.«
»Das macht doch nichts, du weißt, dass sie da sind, und das verleiht dir Selbstvertrauen. Warte mal einen Moment, Schatz, ich hole Irina.«
Er ging und kam einen Moment später mit Irina im Schlepptau zurück.
»Du kannst doch mit Kosmetika zaubern«, sagte Anton. »Du kannst Lily für das Foto verschönern, oder?«
»Ich kann keine Wunder machen. Aber ich versuche.«
»Danke, Irina«, murmelte ich.
An dem Morgen des Fototermins kam Irina zu uns, bevor sie zur Arbeit ging, rieb mein Gesicht mit Exfoliating Creme ein, als wäre es der Küchenfußboden, zupfte meine Augenbrauen praktisch vollständig aus und schmierte mir so viel Grundierung ins Gesicht, dass Ema mich verdutzt anguckte.
»Keine Angst, Süße, ich bin’s, Mum«, krächzte ich.
Darauf brach sie in Tränen aus – wer war dieser Clown mit Mums Stimme?
Irina, Anton und Ema gingen. Anton nahm Ema mit zur Arbeit, weil der Fototermin Stunden dauern würde und wir niemanden hatten, der auf sie aufpassen konnte.
Dann kam Lee. Er war jung und schlief mit vielen gesunden Frauen – das wusste ich sofort, als ich ihn sah – und brachte eine riesige Ausrüstung mit, die Mad Paddy ihm tragen half. Das war mir nicht recht, denn ich befürchtete, dass er Lee um Geld bitten würde, doch gelang es mir, Paddy ohne großes Aufheben wieder zur Tür hinauszubugsieren.
Lee stellte mehrere schwarze Koffer auf dem Boden ab und sah sich um. »Nur wir zwei? Niemand fürs Make-up?«
»Nein, eine Freundin hat mir mit dem Make-up geholfen, und ich wusste nicht …«
»Nein? Alle benutzen Profis für Haare und Make-up. Autorenfotos sind megawichtig. Sie spielen eine enorme Rolle beim Verkauf des Buches.«
»Aber … ich meine, es kommt doch drauf an, wie gut das Buch ist, oder?«
Da musste er lachen. »Haben Sie eine Ahnung! Überlegen Sie doch mal – nur die gut aussehenden Autoren kommen ins Fernsehen. Wenn ein Autor aussieht wie eine Bulldogge, laden die Leute beim Fernsehen ihn nicht in ihre Show ein. Manchmal versuchen die Verlage, eine Autorin von der Werbung abzuschotten, und verbreiten in den Medien, sie sei öffentlichkeitsscheu.«
Das war doch nicht wahr. Oder doch?
»Wenn ich’s Ihnen sage«, beharrte er eigenwillig. »Sie, Lily, Sie sehen nicht mal schlecht aus, aber es könnte nicht schaden, wenn jemand ein bisschen nachhelfen würde. Deswegen habe ich nach dem Make-up gefragt. Aber ich mache das mit Retusche, keine Angst, ich tue mein Bestes.«
»Uh, danke.«
Er sah sich in meinem Wohnzimmer um, das ich besonders aufgeräumt hatte, zog die Luft zwischen den Zähnen ein und lachte. »Nicht unbedingt des Fotografen Traum, oder? Gibt nicht gerade viel her.«
»Ehm …«
»Na ja«, seufzte er, »der Verlag hat die Kosten für eine Studiositzung gescheut. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Wir machen hier ein paar Sicherheitsfotos, dann gehen wir raus und versuchen was anderes. Wir sind doch hier in der Nähe von Hampstead Heath, oder?«
»Ja.« Großer Fehler. Ein riesengroßer, schwerer Fehler.
Er brauchte fast eine Stunde, um alles aufzubauen – Schirme, Scheinwerfer, Stativ –, während ich auf der Sofakante saß und die Macht der Gedanken bemühte, um mein Make-up am Zerfließen zu hindern. Endlich war er so weit.
»Sexy gucken«, befahl er.
»Ehm …«
»Denken Sie an Sex.«
Sex? Davon hatte ich schon gehört, ich war mir so gut wie sicher.
»Nun kommen Sie schon, ich will Sex.«
Ich
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