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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Pionier. Wäre sonst schon HG. Wollte ich aber nicht mehr. Die Vereidigung habe ich auch ausgelassen. Scheiße, Mann, damit kommst du nie durch.«
    »He, Müller, was machst du denn da mit dem Schnüf-fel rum?« rief es vom anderen Tisch. »Seid ihr schwul, oder was?«
    »Halt die Schnauze«, rief Müller zurück. »Wir unterhalten uns hier.« Er gab Frank den Zettel zurück. »Das mußt du noch mal schreiben«, sagte er, und er erinnerte Frank dabei an seinen großen Bruder. »Bataillon würde ich abkürzen. Und außerdem ist es wichtig, daß du reinschreibst, daß du vom Dienst an der Waffe befreit werden willst. Sonst nehmen die das nicht ernst.«
    »Wollte ich sowieso«, sagte Frank.
    »Und außerdem würde ich es mal mit Druckbuchstaben versuchen, das kann ja kein Schwein lesen.«
    Frank sagte nichts. Er traute dem Frieden nicht. Müller schaute ihn derweil neugierig an.
    »Und achte drauf, daß du ‘ne Aussage von ‘nem Pfarrer bekommst«, sagte er. »Ohne Pfarrer wird das nichts. Pfarrer ist das mindeste, ohne Pfarrer mußt du schon selbst ein Heiliger sein, sonst kannst du das vergessen.«
    Er machte eine Pause, aber Frank sagte immer noch nichts.
    »Das war mein Fehler«, sagte Müller nach einer Weile. »Ich hatte keinen Pfarrer im Boot. Ohne Pfarrer wird’s schwer.«
    Frank schwieg.
    »Okay, okay.« Müller stand auf. »Viel Glück. Aber da kommst du sowieso nicht mit durch, glaub’s mir. Wenn du einmal hier bist …«
    »Mal sehen«, sagte Frank.
    Müller nahm seine Trillerpfeife aus der linken Brusttasche und blies hinein. »Vize!« brüllte er.
    »Vize!« brüllten seine Kameraden vom anderen Tisch zurück.
    »Mach’s gut, Schnüffel«, sagte Müller laut und zwinkerte ihm dabei zu. Dann ging er zurück zu seinen Kameraden.
    Frank zerknüllte den Zettel und nahm einen Schluck Bier.
    »Was schreibt er denn?« hörte er jemanden von Müllers Tisch fragen.
    »Keine Ahnung, Brief an Mutti wahrscheinlich«, sagte Müller. Darüber lachten alle ein bißchen.
    Frank atmete auf und begann wieder zu schreiben, die vierte Version, und diesmal schrieb er, wie Müller ihm geraten hatte, in Druckbuchstaben. Das war tatsächlich einfacher, weil er sich dabei um die Lesbarkeit keine Sorgen machen mußte. Nicht schlecht, dachte er, als er schließlich das Ergebnis betrachtete, sieht ein bißchen seltsam aus, aber es hat auch Stil, dachte er und nahm noch einen tiefen Schluck von dem Bier, entschlossen wirkt das, dachte er, entschlossen und geradlinig, und auch die Zeilen sind einigermaßen gerade, dachte er, auch parallel zueinander, wenngleich nicht parallel zur Kante des Papiers, man kann nicht alles haben, entschied er, das muß reichen, um ein Grundrecht wahrzunehmen, es ist ein Grundrecht, schärfte er sich ein, da kann es ja wohl nicht davon abhängen, ob liniertes Papier zur Hand ist oder nicht. Er faltete das Blatt sorgfältig zusammen und steckte es in seine Brusttasche. Dann trank er das Bier aus, stand auf, ging zum Tresen und bezahlte. Im Hinausgehen suchte er noch einmal den Blick von Müller, aber der beachtete ihn nicht.
    »Hunderteinundfünfzig«, rief ihm einer seiner Kumpane hinterher, und alle Vizes lachten.
    Lacht nur, Kameraden, dachte Frank, als er ins Freie trat. Lacht nur. Wenn ich Glück habe, bin ich hier früher raus als ihr. Dann setzte er sich das Schiffchen auf, zog es genau in die Mitte und etwas in die Stirn hinein und stiefelte mit schwerem Schritt hinüber zu seinem Bett in der 4. Kompanie.
    »Was soll das denn sein?« fragte der Obergefreite im Vorzimmer des Spieß’ laut in den Raum hinein und blickte stirnrunzelnd auf das Papier, das Frank ihm gegeben hatte. Frank hätte es lieber dem Spieß direkt gegeben, statt sich mit einem seiner Schreibstubenknechte auseinanderzusetzen, aber es war nichts zu machen gewesen, der Obergefreite war nun einmal da, und der Spieß stand weiter weg mit einem Aktenordner in der Hand. Erst jetzt schaute er interessiert auf.
    »Das ist ein Antrag auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewisensgründen«, sagte Frank, »das muß auf dem Diensteg abgegeben werden, und deshalb gebe ich das hier ab.«
    Der Obergefreite schaute ihn mit offenem Mund an. »Verstehe ich nicht«, sagte er schließlich und schaute wieder auf das Papier. »Da kommst du doch nie mit durch.«
    »Was ist denn los, Albrecht?« fragte der Spieß, der jetzt hinter dem Obergefreiten stand und ihm über die Schulter guckte. »Sind Sie schwer von Kapee oder was?«
    Der Spieß nahm dem

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