Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
sagen, was los ist, dann kann ich das auch.«
»Ist wegen Sibille.«
»Ach so, na dann …«, sagte Frank und machte eine kleine Pause. Hier muß man vorsichtig sein, dachte er, hier kann man viel falsch machen. »Wieso denn?«
»Das wird wohl nix«, sagte Martin Klapp.
»Was wird nix?«
»Das mit mir und Sibille!«
»Jaja, das kann ich mir schon vorstellen«, sagte Frank.
»Hä?« Martin Klapp setzte sich ein bißchen aufrechter hin und fixierte Frank zum ersten Mal richtig. »Wie meinst du das? Wie kannst du dir das vorstellen?«
»Naja, was weiß ich, sah irgendwie nicht so aus, als würde das so einfach, ich meine, du weißt schon, ich meine, jedenfalls machte sie ja nicht den Eindruck, als wenn…« Frank brach ab, hier muß man vorsichtig sein, dachte er wieder.
»Du meinst, ich habe mich da die ganze Zeit zum Affen gemacht, oder was?«
»Nein, natürlich nicht. So würde ich das nicht sagen.«
»Wie denn sonst? Ich bin doch nicht bescheuert! Ich weiß doch, was du gesagt hast.«
»Ich habe gar nichts gesagt. Ich meine, was weiß ich denn? Ich weiß ja gar nicht, was du da überhaupt … äh - wolltest und so … «
»Ich wollte gar nichts«, sagte Martin Klapp. »Jedenfalls nicht viel. Obwohl, eigentlich doch.«
Er sackte wieder in sich zusammen und schob den Becher mit dem Hagebuttentee von sich weg. »Ich mag das nicht mehr«, sagte er. »Das ist doch alles sinnlos.«
»Jaja«, sagte Frank voller Sympathie. »Das ist nicht mehr g ut .«
»Was jetzt?«
»Naja«, sagte Frank, »der Hagebuttentee jedenfalls. Was ist denn jetzt auf einmal mit Sibille los? Wie kommst du denn jetzt gerade heute da drauf? Warst du mit ihr zusammen im Seminar?«
»Es sind Semesterferien, Frankie, da ist kein Seminar.«
»Was war denn dann?«
»Ist doch egal. Das bringt doch alles nichts.«
»Na dann … «
Dann schwiegen sie eine Weile, und Frank spielte mit dem
Gedanken, sich zu verabschieden und gleich wieder in die Kaserne zu fahren. Er hatte zwar Hunger, und es war bald mal Zeit, in die Mensa zu gehen, aber das hier ging ihm gewaltig auf die Nerven. Alles ist besser als das hier, dachte er. Martin Klapp drehte sich derweil um und schaute wieder aus dem Fenster auf die Kunst-am-Bau-Kugeln.
»Möchte mal wissen, was das soll«, sagte er.
»Moment mal«, sagte Frank, »vorhin hast du noch rumgemeckert, daß man solche Fragen nicht stellen soll.«
»Da ging es um was anderes. Da hattest du gefragt, was das darstellen soll.«
»Habe ich zwar eigentlich nicht, aber egal. Selbst dann ist doch die Frage, was das soll, mindestens genausowenig zulässig.«
»Zulässig? Von zulässig war nicht die Rede.«
»Dann eben nicht.«
»Ich möchte trotzdem mal gerne wissen, was das soll.«
»Das ist Kunst am Bau«, sagte Frank, »das reicht doch. Das muß gemacht werden. Das ist bei öffentlichen Bauten vorgeschrieben.«
»Ja, habe ich auch mal gehört. Aber wieso drei Kugeln?«
»Naja, irgendwas müssen sie doch machen.«
»Stimmt. Sag mal, wieso bist du eigentlich nicht in der Kaserne?«
»Ich hatte doch heute die Verhandlung!«
»Welche Verhandlung?«
»Die Kriegsdienstverweigerungsverhandlung!«
»Ach ja, stimmt. Und nun?«
»Bin durchgefallen.«
»Durchgefallen?«
»Ja.«
»Hm, das ist Pech.« Martin Klapp schien nicht sonderlich erschüttert, aber Frank war es im Grunde auch nicht, es wäre alles viel zu schön gewesen, es wäre ihm mehr als unwirklich vorgekommen, wenn er statt vierhundertsechsundzwanzig plötzlich nur noch vierzehn Tage Kaserne vor sich gehabt hätte, es war ein schöner Traum, dachte er, aber auch irgendwie obszön.
»Dumm gelaufen«, sagte Martin Klapp.
»Ja«, sagte Frank.
»Woran lag’s denn?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich hätte ich einen Pastor haben müssen. Oder irgendwas anderes. Irgendwie hatten da auch alle ziemlich schlechte Laune, ich auch, vielleicht lag’s daran, was weiß ich!«
»Und jetzt?«
»Jetzt muß ich gleich mal wieder in die Kaserne.«
»Ich weiß, woran mich das erinnert«, sagte Martin Klapp und zeigte auf die Betonkugeln.
»Woran denn?«
»Man könnte mal wieder Billard spielen.« Martin Klapp drehte sich zu Frank um. »Im Bremer Eck.« Er stand entschlossen auf, so entschlossen, daß dabei der Hagebuttentee mit der flockigen Milch umfiel. Ein rosafarbenes Rinnsal ergoß sich über den Resopaltisch. Martin Klapp achtete nicht darauf. »Laß uns mal was essen gehen«, sagte er. »Das Essen ist hier doch sicher besser als in der Kaserne,
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