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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Zigarettendrehversuche. »Oder vielleicht willst du ja eine von diesen!« Er hielt eine Packung Zigaretten hoch.
    »Hör auf damit«, sagte Franks Bruder, »du siehst doch, daß er seine Selbstgedrehte will. Da ist auch mal der Weg das Ziel.«
    »Ja, und der Weg ist weit«, sagte Karl und lachte.
    »Lange nicht gesehen«, sagte Sibille zu Frank. Auch sie starrte ihm auf die Finger. Frank wünschte sich jetzt langsam, er wäre immer Nichtraucher geblieben.
    »Ja, lange nicht gesehen, warum eigentlich?« sagte er.
    »Hör mal, Frankie«, rief sein Bruder vom Sofa herüber, »ich will nicht stören, aber ich muß gleich mal weiter, wir müssen noch ins Litfasz, da treffen wir noch einen.«
    »Aha«, sagte Frank, dem es jetzt endlich gelang, das Papier so umzuschlagen, daß er es anlecken und verkleben konnte. Man hätte öfter mal ans Rauchen denken sollen, dachte er, dann hätte man mehr Übung oder jedenfalls nicht so trockenen Tabak. »Ist ja sehr interessant«, fügte er boshaft hinzu. »Im Litfasz noch einen treffen, phantastisch.«
    »Aber eins muß ich echt mal sagen«, fuhr sein Bruder unbeeindruckt fort, »das ist ein ganz schön eigenartiges Ding, was du hier fährst, echt mal. Bin ehrlich überrascht. Das hätte ich dir alles nicht zugetraut.«
    »Was meinst du damit?« sagte Frank.
    Sein Bruder lachte. »Naja, mal ehrlich, du mußt doch zugeben, daß das schon ziemlich bizarr ist, ich meine, du wohnst einerseits im Ostertor, aber dann bist du gleichzeitig beim Bund und läufst da auf offener Straße im Kampfanzug rum, das muß man sich mal vorstellen, und dann kommen so komische Zivilbullen und überhaupt … «
    »Arbeitsanzug«, sagte Frank bemüht ruhig. »Es heißt Arbeitsanzug. Und die Typen waren Feldjäger.«
    »Egal, ich meine, wie kann man in so Hippiekneipen wie diese hier gehen und sich die Zigaretten selbst drehen und in so einer Wohnung wohnen, ich meine, wenn man das überhaupt wohnen nennen kann, was ihr da macht … « — Franks Bruder machte eine Pause, während der er von Karl eine Zigarette nahm und sie sich ansteckte. Karl nutzte die Zeit, um kurz zu lachen. Der verdammte kleine Schleimer, dachte Frank. Er ließ Tabakkrümel in die Enden der jetzt verklebten Zigarette rieseln in dem Wunsch, sie dadurch noch etwas aufzupäppeln — »… und dann gleichzeitig beim Bund sein und da den Soldaten spielen, das ist doch ein totaler Widerspruch, wie kriegst du das bloß zusammen, das kommt mir reichlich komisch vor, Frankie, wirklich, find ich ziemlich komisch.«
    »Okay«, sagte Frank. »Bist du fertig?«
    »Ja nun … «
    »Ja wie nun, bist du fertig oder nicht, Freddie?« setzte Frank nach. »So heißt du ja nun wohl, nicht wahr? Freddie, nicht?«
    »Äh…«
    »Okay, jetzt paß mal auf, Freddie«, sagte Frank. Er zwirbelte das Papier am einen Zigarettenende ein wenig zusammen, so daß kein Tabak mehr herausfallen konnte, steckte sich die Zigarette mit diesem Ende in den Mund und zündete sie an der Kerze an, die auf dem Tisch in der Weinflasche steckte.
    »Da stirbt jedes Mal …«, begann Karl.
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Frank, »aber das ist auch so ein Scheiß, den jetzt kein Schwein gebrauchen kann. Also hör mal zu, Freddie: Meinetwegen kannst du jetzt echt mal aufstehen und deinen Kumpel hier schnappen, und dann geht ihr einfach mal woanders hin, wo es nicht so hippiemäßig ist, und da könnt ihr euch dann meinetwegen einen Finger ins Arschloch stecken oder was weiß ich, was ihr sonst immer so macht, wenn ihr in Berlin so richtig toll in richtig tollen Läden herumhängt oder was weiß ich denn.«
    »Moment mal …«, sagte sein Bruder.
    »Moment mal hier«, sagte Frank und hob eine Hand, »ich bin gleich fertig. Was ich nämlich sagen will, ist, daß ich mich eigentlich gefreut hatte, dich wiederzusehen, Freddie, aber wenn du glaubst, daß du hierherkommen kannst und den großen Macker machen oder den großen Bruder spielen oder was, dann ist das schon schlimm genug, wenn du aber außerdem noch glaubst, daß du dich hier über mich lustig machen kannst oder darüber, wie ich wohne oder was ich beruflich mache und was ich für Freunde habe oder so, dann kann ich nur sagen: Leck mich, Freddie. Leck mich am Arsch. Und von dir …« — Frank zeigte mit dem Finger auf Karl, der Anstalten machte, etwas zu sagen, Frank spürte das ganz genau, und das wollte er schon mal gar nicht zulassen, wenn der nur ein Wort sagt, dann hau ich ihm eins rein, dachte er, »von dir rede ich gar

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