Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Storyville.«
»Eine Zeitlang«, schnaubte Martin Klapp und biß wieder in sein Gyros. »Das ist doch ewig her. Der Laden ist doch total von vorgestern.«
»Ja, das hat mein Bruder auch gesagt. Wobei man sich fragt, was der davon weiß. Und wieso ist das Storyville eigentlich von vorgestern?«
»Weiß nicht … Wolli. Wolli hat das neulich gesagt.«
»Wolli? Was hast du denn jetzt damit zu tun, was Wolli sagt? Ich denke, ihr beide seid voll im Krieg.« »Auch wieder wahr.«
»Ich meine«, sagte Frank, »wieso soll das Storyville früher okay gewesen sein, jetzt aber nicht mehr? Das ist doch unlogisch. Das hat sich ja überhaupt nicht verändert.«
»Ja, eben«, sagte Martin Klapp. »Darum ja. Das ist ja das Problem. Wir haben uns geändert, das Storyville aber nicht. Oder wir sollten uns jedenfalls auch irgendwie ab und zu mal verändert haben oder weiterentwickelt und so. Wir sind ja noch jung.«
»Wer sagt das?«
»Was? Daß wir noch jung sind?«
»Nein, das andere.«
»Alle.«
»Ja, aber das ist dann ja auch schon wieder ein bißchen verdächtig«, gab Frank zu bedenken. »Ich meine, wenn das alle sagen …«
»Nein«, sagte Martin Klapp. »Das ist einfach so.«
»Na gut«, sagte Frank. Er wollte mit Martin Klapp keinen Streit anfangen, er wollte, daß Martin Klapp mit ihm ins Storyville kam, wo er mit seinem Bruder und dessen komischem Kumpel Karl verabredet war, alleine wollte er da nicht hin, er wollte unbedingt, daß Martin Klapp mitkam. »Dann ist das eben so. Aber heute abend müssen wir erst mal ins Storyville.«
Martin Klapp seufzte und wischte sich mit einer Papierserviette die Hände ab. »Okay«, sagte er, »dann verändern wir uns eben ein andermal.«
»Mann«, sagte Karl, der Kumpel von Franks Bruder, und schaute sich um, »ist das ein Laden!«
Sie saßen in ihrer üblichen Ecke, das Storyville war noch ziemlich leer, sie hatten die freie Auswahl gehabt, und da Frank und Martin Klapp zuerst dagewesen waren, hatten sie die Ecke genommen, in der sie immer gesessen hatten, »damals«, hatte Martin Klapp gesagt, »als wir hier immer noch hergegangen sind.« Sie hatten sich auf das Sofa gesetzt, und Franks Bruder und sein Kumpel Karl hatten sich, als sie kamen, in die beiden Sessel gesetzt, und so saßen sie sich jetzt gegenüber und schauten sich über die Kerzenflamme hinweg an, Frank und Martin Klapp auf der einen und Franks Bruder und Karl auf der anderen Seite.
»Das ist wirklich irre«, sagte Franks Bruder, »der Laden sieht ja noch genauso aus wie immer.«
»Was heißt denn jetzt in diesem Fall wie immer?« fragte Martin Klapp.
»Und in sowas geht ihr rein?« sagte Karl.
»Du auch«, sagte Frank, »du ja wohl offensichtlich auch!«
»Ich bin fremd hier«, sagte Karl und hob die Hände und drehte sie hin und her, wie um zu zeigen, daß sie sauber wären, »ich habe damit nichts zu tun, ich staune bloß.«
»Worüber?« sagte Frank. »Was soll denn hier so staunenswert sein.«
»Nichts«, sagte Karl und lachte. »Ich hätte bloß nicht gedacht, daß es solche Läden noch gibt, Mann, das riecht hier sogar nach Räucherstäbchen.«
»Und du machst jetzt so Kunstkram, oder was?« sagte Martin Klapp zu Franks Bruder.
»Schon lange«, sagte Franks Bruder.
»Und was soll das für Zeug sein?«
»Objekte«, sagte Manfred. »Ich mach jetzt eigentlich nur noch Objekte.«
»Was soll denn das sein, Objekte?«
»Objekte. Soll ich dir jetzt erklären, was Objekte sind, oder was?«
»Nee, lieber nicht. Und aus was sind die?«
»Stahl. Schrott. Eigentlich fast nur aus Stahl. Hol ich mir alles vom Schrottplatz und schweiß das zusammen.«
»Und wer kauft sowas? Ist das sowas wie Kunst am Bau, oder was?« Martin Klapp lachte meckernd.
»Mann«, sagte Karl, »ich hätte gar nicht gedacht, daß heute einer noch so ‘ne Fragen stellt. Das kann auch nur in der Provinz vorkommen.«
»Was soll denn das heißen, Provinz?« fragte Frank. »Kannst du das mal erklären? Das würde ich ganz gerne mal wissen, was du damit meinst.«
»Was soll ich damit meinen? Sowas hier, ich meine, Bremen und so. Du müßtest mal nach Berlin kommen, dann wüßtest du, was ich meine.«
»Oh nein, ich müßte mal nach Berlin kommen!«, äffte Frank ihn nach. Das war alles eine ziemliche Zickerei, was hier lief, fand er, eigentlich ist das unwürdig, dachte er, aber was soll man machen, wenn man einmal mit der Zickerei angefangen hat, dann muß man es auch zu Ende bringen, es ist wie die Scheißbundeswehr, dachte
Weitere Kostenlose Bücher