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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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er, da muß man dann durch.
    »Wenn du selber noch nicht einmal erklären kannst, was du meinst, wenn du Provinz sagst«, sagte er, »sondern nur was davon labern kannst, daß man sich das Gegenteil davon angucken müßte, um die Sache begreifen zu können, und wenn das eine nichtprovinzielle Haltung sein soll, dann muß ich sagen, daß ich dafür auch andere Wörter kenne, dann brauche ich den Begriff des Nichtprovinziellen nicht zu benutzen, dann sage ich einfach nur: Enthirnt!«
    Frank beugte sich vor und nahm bei der Gelegenheit seine Bierflasche in die Hand.
    »Verstehst du?« trat er noch einmal nach. »Enthirnt. Hirn kaputt. Nicht viel da. Klappe groß aufreißen, von Provinz labern und dann nicht mal sagen können, was das heißen soll. Wer bist du überhaupt?«
    »Ich? Wer ich bin?« Franks Gegner war nicht sehr beeindruckt. Er fläzte in dem Sessel herum und drehte auf seinem Bauchansatz Däumchen. »Nenn mich Karl!« sagte er und lachte.
    »Ich weiß, daß du Karl heißt. Aber was machst du hier in der Provinz, außer ein bißchen aufs Blech zu hauen?« »Na, na«, sagte Franks Bruder. »Nun laß ihn mal, Frankie, Karl ist in Ordnung.«
    »Ich habe ja nicht gefragt, ob er in Ordnung ist«, sagte Frank gereizt. »Warum sollte mich interessieren, ob er in Ordnung ist? Ich will wissen, was er hier überhaupt macht, wo es doch hier so provinziell zugeht!«
    »Naja«, sagte Franks Bruder, »Karl ist halt mitgekommen, und er hilft mir auch ein bißchen.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Frankie, jetzt sei nicht so ein Arsch.«
    »Ist der dein Knecht, oder was? Dein Praktikant oder was?«
    »Moment mal«, sagte Karl amüsiert, »man spricht nicht über Anwesende in der dritten Person, habe ich gehört. Hat heute erst einer zu mir gesagt.«
    »Wir wohnen zusammen«, sagte Franks Bruder. »Und er wollte das hier halt alles auch mal sehen. Außerdem treffen wir hier Galeristen, da wollte er dabei sein, ist doch wichtig.«
    »Machst du auch so Kunstkram, oder was?« sagte Martin Klapp. »Sieht ganz so aus, als würden alle nur noch Kunst machen, oder was? Will keiner mehr was Vernünftiges arbeiten oder wie?«
    Frank überlegte, ob er Martin Klapp darauf hinweisen sollte, daß das Studieren von Deutsch und Sport auch nicht gerade Helden der Arbeit hervorbrachte, aber er ließ es lieber. Man muß die Koalitionen schmieden, wie sie gerade kommen, dachte er.
    »Erzähl du doch mal lieber«, ging Franks Bruder darauf nicht ein, »was du so machst, Frankie.«
    »Wieso, was soll ich da erzählen, du weißt doch, was ich mache.«
    »Naja, wie ist das denn so beim Bund und so …?«
    »Ich versteh bloß nicht«, sagte Martin Klapp, »wieso man einerseits da so Kunstkram macht und das dann andererseits im Krankenhaus verkloppt.«
    »Wie soll das schon sein beim Bund«, sagte Frank. »Scheiße ist das.« Und nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Aber jetzt, wo ich in der Vahr bin, ist das nicht mehr so schlimm, ich geh einfach nach Hause, wie nach der Arbeit, ist jetzt mehr so wie zur Arbeit gehen, vorher war’s schlimmer, als ich da noch wohnen mußte.«
    »Die wissen doch gar nicht, wie das ist, zur Arbeit gehen«, rief Martin Klapp dazwischen. Langsam nervt er mit seiner Proletkultnummer, dachte Frank, nicht alles, was sie in den K-Gruppen lernen, ist wirklich nützlich.
    »Das ist irgendwie komisch, Frankie«, sagte sein Bruder.
    »Was soll daran komisch sein?«
    »Weiß nicht …« Sein Bruder gab sich einen Ruck. »Nichts. Hat jemand vielleicht was zu kiffen?« fragte er in die Runde. »Das ist doch irgendwie ein guter Laden, um zu kiffen, oder?«
    »Ich geh mal aufs Klo«, sagte Martin Klapp und stand auf.
    »Ich hab nichts zu kiffen«, sagte Karl.
    »Ich auch nicht«, sagte Frank. Der ganze Abend stand unter einem schlechten Stern. Er hatte sich so oft gewünscht, seinen Bruder einmal wiederzusehen, aber die Sache hier war verkorkst. Vielleicht hätte ich Martin Klapp doch nicht mitbringen sollen, dachte er, vielleicht war das der Fehler, andererseits hätte dann Manni aber auch diesen Vollidioten da nicht mitbringen dürfen, wenn schon, denn schon, dachte er, und das machte ihn alles ein bißchen traurig, irgendwas ist kaputt hier, dachte er, da muß man mal in Ruhe drüber nachdenken, obwohl, dachte er, vielleicht auch lieber nicht, wer weiß, was dabei rauskommen würde …
    »Ich geh auch mal aufs Klo«, sagte Karl und stand auf.
    »Ja, ja, geht ihr nur alle schön aufs Klo«, sagte Franks Bruder.
    Dann

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