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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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gedacht. Die haben wir alle irgendwann verarztet. So und nun gehen Sie mal schön zum Major rein, dafür habe ich Sie ja schließlich rufen lassen.«
    »Ah, Sie müssen Lehmann sein«, sagte der Major, als Frank sein Büro betrat. »Das sind Sie doch, oder?«
    »Ja«, sagte Frank. »Lehmann zwei!«
    »Ich glaube aber«, sagte der Major, »daß Lehmann eins zum letzten Quartalsende weg ist. Dann können wir das mit der Zwei ja weglassen.«
    »Ist mir recht«, sagte Frank.
    »So, ich habe mir das mal durch den Kopf gehen lassen, das mit Ihrer Heimschlaferlaubnis und so weiter. Und da sind ein paar Ungereimtheiten, Herr Schütze!«
    »Ja …«, sagte Frank.
    »Seien Sie still. Ich habe ja gerade erst angefangen zu reden. Also: Wenn ich es richtig sehe, haben wir Ihnen gerade erst vor zwei Wochen die Heimschlaferlaubnis für vier Wochen entzogen, wegen wiederholten Zuspätkommens zum Dienst, richtig?«
    »Ja, wobei aber … «
    »Gut«, unterbrach ihn der Major. »Immer nur ja und nein, das reicht vorerst, Lehmann. Ich komme gerade erst in Fahrt.« Der Hauptmann schaute in die Akte, die er vor sich auf dem Tisch liegen hatte. »Trotzdem sind Sie hier am 29. Oktober im Ostertorviertel im Grünzeug angetroffen worden.« Der Major blickte auf. »Wissen Sie eigentlich, Lehmann, was die Heimschlaferlaubnis bedeutet?«
    »Ja.«
    »Was dürfen Sie damit?«
    »Ich darf damit … «
    »Die Heimschlaferlaubnis erlaubt Ihnen, zum Dienstbeginn zu kommen statt schon zum Wecken hier sein zu müssen. Außerdem dürfen Sie damit den Weg von der Kaserne bis zu sich nach Hause und von sich zu Hause in die Kaserne auf dem kürzesten Wege im Arbeitsanzug zurücklegen, stimmt’s?
    »Ist das jetzt eine rhetorische … «
    »Und wo wohnen Sie? Nach meiner Akte wohnen Sie in der Adam-Stegerwald-Straße, das ist hier gleich um die Ecke. Was machen Sie dann im Grünzeug im Ostertor, Lehmann?«
    »Naja, eigentlich …«
    »Und dazu noch ohne Grünzeugkarte? Die wir Ihnen extra entzogen haben, damit Sie das nicht dürfen? Meinen Sie, wir tun das zum Spaß?« Der Major klappte die Akte zu und sah ihn erwartungsvoll an. »Oder was?«
    »Ja nun, ich würde dann … «
    Der Major hob die Akte und schlug damit so laut auf seinen Schreibtisch, daß Frank zusammenzuckte.
    »Einen Scheiß tun wir«, brüllte der Major und sprang auf. »Einen Scheiß tun wir! Was glauben Sie eigentlich, wo Sie hier sind?«
    »Ich … «
    »Reden Sie nicht, ich will nichts hören von Ihnen, Sie sind das Letzte, Lehmann!« Das Gesicht des Majors war hochrot von der Brüllerei, aber jetzt hielt er inne, so als wunderte er sich über sich selbst, er stand etwas unbeholfen hinter seinem Schreibtisch, nestelte an seiner Krawatte und setzte sich schließlich wieder hin.
    »Kein Wort will ich von Ihnen hören«, sagte er schwer atmend, »kein Wort, das ist ja wohl das Allerletzte! Bin ich hier der Hampelmann, oder was«, wurde er wieder lauter, »bin ich der Trottel vom Dienst oder was«, begann er wieder zu schreien, »glaubt ihr eigentlich alle, daß ich hier der Hampelmann bin, oder was«, brüllte er und sprang wieder auf.
    »Nein, nein«, rief Frank, der befürchtete, der Mann würde verrückt werden. »Nein, nein, nun beruhigen Sie sich doch, das glaubt wirklich niemand.«
    »Dann ist ja gut«, sagte der Major und setzte sich wieder hin. »Ich dachte schon … «
    »Nein, nein«, sagte Frank, »auf keinen Fall.«
    »Dann ist ja gut«, sagte der Hauptmann.
    »Ja, ja …«
    Der Hauptmann seufzte. Dann griff er in die Brusttasche seiner Jacke, entnahm ihr ein Taschentuch und wischte sich damit den Schweiß von der Stirn.
    »Ihr bringt mich alle noch ins Grab«, murmelte er.
    »Tut mir leid«, sagte Frank, »ich wollte Sie nicht ärgern.«
    »Ärgern, pah!« sagte der Major. »Wenn es nur das wäre … Das fällt doch alles auf mich zurück!«
    »Ja, tut mir leid«, sagte Frank.
    »Schon gut«, sagte der Major, »schon gut.« Er klappte die Akte wieder auf. »Jedenfalls habe ich einen Disziplinarbeschluß gegen Sie, Lehmann. Vier Wochenenden Ausgangssperre, beginnend mit dem kommenden Wochenende.«
    »Vier Wochenenden!« sagte Frank. »Was soll das denn?«
    »Nun machen Sie kein Theater, Sie sind selbst schuld.«
    »Was soll ich denn vier Wochenenden in der Kaserne?«
    »Darüber nachdenken, wie es so weit kommen konnte, Lehmann.«
    »Darüber nachdenken, wie es so weit kommen konnte?« wiederholte Frank ehrlich erschüttert. Vier Wochenenden, irgendwie kam ihm das bekannt

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