Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
der Hand wie einen Totschläger.
»Ihr müßt mir dann gleich mal zeigen, wie das geht«, sagte er zu Martin Klapp und Ralf Müller. »Ist nur für ein paar Wochen, Jungs. Ich glaub sowieso nicht, daß ich es in dieser Schweinebude lange aushalte!«
»Tja«, sagte Frank, »ich muß dann mal. Viel Spaß euch allen.«
»Werden wir haben«, sagte Harry munter. »Nicht wahr, Jungs?«
Die Jungs nickten.
»Okay!« Frank verließ das Zimmer, und als er zur Wohnungstür ging, kamen ihm alle hinterher, wie um ihn gemeinsam zu verabschieden.
»Macht’s gut! Viel Spaß noch«, sagte er, als er schon in der offenen Tür stand und sich noch einmal umdrehte.
»Hau rein, Frankie«, rief Harry von hinten und hob eine Hand zum Gruß wie ein Indianer im Fernsehen.
Martin und Ralf standen in der Tür und sagten gar nichts. So, wie sie dreinschauten, taten sie ihm fast schon wieder leid. Aber nur fast. Er hob das Bier, das er mit der Zigarette zusammen in derselben Hand hielt, trank den letzten Schluck und reichte Martin Klapp die Flasche.
»Hier, Martin«, sagte er, »da ist noch Pfand drauf.« Dann ging er.
43. LUNGENENTZÜNDUNG
»Männer, wenn ich das hier sehe, so viele von euch im Sportzeug, dann kann ich daraus nur zwei mögliche Schlüsse ziehen …«
Der Major lächelte grimmig und schaute dabei Frank an, der in der ersten Reihe stand und fror. Das Sportzeug war für das kalte und stürmische Wetter dieses Tages nicht geeignet, es war zu dünn, und obendrein hatte Frank in der Nacht nur wenig geschlafen, weil er so viel hatte husten müssen von den Zigaretten.
»Entweder trainiert ihr alle für Olympia, oder ihr seid ganz schnell krank geworden und wollt euch gleich in den San-Bereich abmelden.«
Der Major lachte einige kurze, bittere Hahas, und die riesige Gruppe von Dienstgraden, vor allem Feldwebel jeden Rangs und Alters, die hinter ihm stand, lachte mit.
»Niemand würde sich mehr als ich freuen, Männer, wenn ihr sportlichen Ehrgeiz entwickelt hättet. Aber wenn ihr für Olympia trainieren wollt, dann müßt ihr das vorher mit mir absprechen. Dann helfe ich euch, Männer. Dann lasse ich euch in eine Sportkompanie versetzen, da kenne ich nichts, da bin ich Kumpel, Männer!«
Wieder lachte er kurz und freudlos, während hinter ihm die Feldwebel sich schon gegenseitig in die Rippen stießen.
»Aber irgendwie habe ich das Gefühl, daß hier doch einige eher ganz schnell mal eben krank geworden sind. Und ich werde den Verdacht nicht los, daß das was mit der heute stattfindenden Veranstaltung im Weserstadion zu tun hat, bei der mitzuhelfen einige von uns die Ehre haben werden.«
Frank mußte husten. Ihm ging es wirklich sehr mies, und das beruhigte ihn. Es wird alles gut, dachte er, Koch weiß alles, der gute, alte Koch, dachte er, während sich ihm vor Augen alles drehte, er konnte kaum stehen, nicht nur vor
Müdigkeit, sondern auch, weil ihm todübel war. Er hatte am Morgen zur Sicherheit noch ein paar Zigaretten geraucht und sogar daran gedacht, ein Buch einzustecken, das kleinste, das er in seinem Wertfach gefunden hatte, die Historien des Herodot im Dünndruck, sie steckten in seiner rechten Beintasche statt des Gewehrreinigungszeugs, dadurch würde er was zu lesen haben, falls sie ihn im San-Bereich gleich dabehielten, denn davon ging er aus, daß sie das tun würden, schließlich geht es um eine Lungenentzündung, dachte er, da dürften die eigentlich nicht lange fackeln.
»Ja, und da husten ja auch schon die ersten«, ließ sich unterdessen der Major höhnisch vernehmen, »es ist ja auch ein schlimmes Wetter, Männer, wiewohl die kräftigeren unter euch dieses Wetter vielleicht auch als herrliches Wetter bezeichnen würden, denn wie sagt der Dichter: Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen, das sagt er, nicht aber Wir lieben den San-Bereich und die schäbige Simulation.«
Jetzt lachte der Major lange, lustvoll und laut, während die Feldwebel eher zweifelnd dreinschauten, wie als ob sie sich nicht sicher waren, welcher Dichter gemeint war, vielleicht aber auch, wie Frank vermutete, weil ihnen der Major langsam etwas unheimlich wurde.
»Aber da will ich euch gar nichts unterstellen, Männer. Ich will nicht unterstellen, daß ihr keine Lust habt, bei der Ausrichtung eines öffentlichen Feierlichen Gelöbnisses zu helfen. Ich will nicht glauben, daß ihr kneift, weil es sich dabei um eine in der politischen Öffentlichkeit dieses Landes durchaus umstrittene Angelegenheit handelt, oder daß ihr
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