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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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etwa, was fast noch schlimmer wäre, nur aus Bequemlichkeit eure Kameraden dort im Stich lassen wollt, nein, das will ich nicht, nein!«
    Jetzt war er laut geworden, der Major, das letzte Nein hatte er schon geradezu herausgebrüllt.
    »Nein, das will ich nicht glauben, ich will viel lieber glauben, daß ihr wirklich alle ernstlich krank seid, Männer, und deshalb mache ich mir Sorgen um euch, denn wer mitten in der Woche, an einem Donnerstagmorgen, so krank ist, der bedarf der Schonung und der Pflege, der wird, dafür habe ich gesorgt, Kameraden, bis mindestens Montag früh im San-Bereich bleiben und dort kuriert werden, und damit er sich in Zukunft außerhalb der Kaserne nicht zu sehr aufreibt, vielleicht beim Putzen in der heimischen Wohnung oder beim Stemmen zentnerschwerer Weiber oder dergleichen, werde ich weiterhin dafür sorgen, daß er für lange Zeit wieder schön in der Kaserne schläft, wo es warm ist und geheizt und sich niemand erkälten muß, wo die Betten hart und gesund sind und die Schlafenszeiten menschlich, Kameraden, ihr wißt, was ich meine, ich liebe euch alle, ich mache mir Sorgen um euch, ich habe mit dem Arzt geredet, der euch heute untersucht, ihr werdet euch wundern, Kameraden, ihr werdet euch wundern, wozu wir fähig sind. Und nun geht, Kameraden, geht auf eure Stationen und tut euren Dienst, oder geht in den San-Bereich, wenn ihr Lust auf ein Abenteuer habt, und die Kameraden, die heute zum Weserstadion abkommandiert sind, treffen sich alle um elf Uhr hier vor der Kompanie, bis dahin ist Zeit genug, gesund zu werden, und dann geht es mit dem KOM 21 ab an den Deich, dann geht es hinunter zum Fluß, Kameraden, dann geht es dorthin, wo, wie der Dichter sagt, die Action ist, und Hauptfeldwebel Hildebrand freut sich schon drauf, denn der wird die ganze Aktion leiten. Ich dagegen werde im Publikum sitzen, Kameraden, und ich freue mich auch schon drauf, auf diese Weise haben alle etwas, auf das sie sich freuen können. Gibt es noch Fragen, Männer?«
    Es gab keine Fragen, und der Major ließ sie alle wegtreten.
    Frank kannte den San-Bereich, er war schon einmal, kurz nach seiner Ankunft in dieser Kaserne, dort gewesen wegen einer leichten Nebenhodenentzündung, und hatte den Arzt als ziemlich nett in Erinnerung. Als er dort ankam, war nicht viel los, nur zwei Soldaten aus dem Inst.-Bataillon warteten schon vor der Tür des Arztes, Frank kannte sie von der Beleuchtungsaktion, bei der sie ihn mit seinem Auto reingeritten hatten, und sie hatten außerdem manchmal bei ihm getankt. Aus Franks Kompanie war keiner der im Trainingsanzug gekleideten Kameraden mehr mitgekommen, die Worte des Majors hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Es ist gar nicht so schlecht, wenn man nichts mehr zu verlieren hat, dachte Frank, als er sich hinter den beiden Inst.-Leuten anstellte, ich bin jetzt der einzige in der Kompanie, dem alles scheißegal sein kann, gerade so, wie Mike unter der Brücke gesagt hat, dachte er, das war damals zwar Quatsch gewesen, dachte er, aber jetzt stimmt es. Eine Viertelstunde später war er dran. Hier wird keine Zeit verschwendet, dachte er, als der zweite Inst.-Mann mit einer Packung Tabletten in der Hand die Praxis verließ und durch die von ihm offengelassene Tür heiser und leise nach dem nächsten gerufen wurde.
    Er trat in die Praxis ein und sah dort nicht den freundlichen jungen Arzt von damals, sondern einen alten Mann im weißen Kittel, zu alt eigentlich, dachte Frank, um noch bei der Bundeswehr zu sein. Er war mindestens siebzig und kam ihm merkwürdig bekannt vor. Bevor er noch groß darüber nachgrübeln konnte, woher, bekam er einen Hustenanfall, in den der Arzt recht mitleidslos hineinrief: »Nun machen Sie schon die Tür hinter sich zu, bevor Sie noch die ganze Kaserne verseuchen.«
    Frank schloß die Tür.
    »Setzen Sie sich.«
    Noch immer hustend, setzte Frank sich hin.
    »Das Geräusch kenne ich«, sagte der alte Arzt. Frank sah sich um, aber er konnte keinen Gehilfen sehen.
    »Was suchen Sie?« fragte der Arzt.
    »Haben Sie keinen Hiwi?«
    »Nein. Ist krank. Ich bin hier nur zur Vertretung, bis der neue Stabsarzt kommt.«
    »Sie sind nicht beim Bund, oder?« fragte Frank.
    »Nein. Ich bin nur eine alte Aushilfe. Ich wohne hier in der Gegend und hatte hier auch mal eine Praxis, da nehmen die mich manchmal.«
    »Wo denn?«
    »Was?«
    »Wo hatten Sie die Praxis hier in der Gegend?«
    »In der Adolf-Reichwein-Straße«, sagte der Arzt.
    »Wo ist die denn nochmal?« sagte

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