Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
in seinem Zimmer sein muß. Und Helga hätte den Fernseher genausogut ins Geschäft bringen können. Dann wäre er vielleicht auch schon wieder fertig. Die hat jetzt überhaupt keinen Fernseher, die wartet da seit Tagen drauf, daß du den wieder hinkriegst.«
»Darum geht’s doch jetzt gar nicht«, sagte sein Vater.
Franks Mutter begann wieder ein bißchen zu weinen. »Das eigene Kind aus dem Haus zu treiben! Mit einem Fernseher!«
Frank legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie tat ihm leid. Und sein Vater irgendwie auch. Ich hätte es selbst machen sollen, dachte er. Es ist nicht fair, daß sie so einen Quatsch machen müssen, um mich loszuwerden. »Laß doch«, sagte er zu seiner Mutter, um die Sache versöhnlicher zu gestalten, »er hat schon recht. Darum geht’s eigentlich gar nicht. Ich hätte schon lange mal ausziehen sollen.«
»Wieso das denn?« fragte seine Mutter aggressiv und wischte sich wieder die Augen aus. »Ist dir das hier nicht mehr gut genug, oder was?«
»Darum geht’s doch gar nicht«, sagte Frank.
»Wegen einem Fernseher!«, schnaubte seine Mutter empört. »Ihr spinnt doch, ihr beide.«
»Hör doch mal mit dem Fernseher auf«, sagte Franks Vater.
»Wieso soll ich mit dem Fernseher aufhören? Wessen Idee war das denn? Meine? Wer hat denn gesagt, daß er endlich mal Platz haben will, um sowas wie Fernseher zu reparieren?«
»Das hast du gesagt?« fragte Frank belustigt. »Du willst sowas wie Fernseher reparieren? Jetzt dauernd, oder was?«
Sein Vater schaute etwas peinlich berührt. »So habe ich das gar nicht gesagt.«
»Das hast du wohl gesagt. Und daß dir das Spaß macht.«
»Unsinn.«
Frank lachte. »Fernseher reparieren? Als Hobby?«
»Sei du still«, sagte seine Mutter. »Was soll daran schlecht sein?«
»Da kann man eine gewischt bekommen«, sagte Frank gutgelaunt.
»Was meinst du damit?« fragte seine Mutter.
»Stromschlag. Von den Kondensatoren oder Transformatoren oder so. Ich kenn einen, der einen kennt, der daran sogar mal gestorben ist.«
»Blödsinn«, sagte sein Vater.
»Da mußt du aber aufpassen«, sagte seine Mutter. »Mir ist das ja auch nicht ganz geheuer.«
»Das ist doch Quatsch«, wiegelte sein Vater ab. »Das sind doch Schauermärchen. Man muß den nur richtig entladen.«
»Nur daß es keine Toten gibt…« sagte Frank.
»Wo willst du denn überhaupt hinziehen?« wechselte seine Mutter schnell das Thema. Sie hat sich schon damit abge-funden, dachte Frank, das ging ja schnell.
»Ich werde schon was finden«, sagte er.
»Ja, aber nicht, daß du da soviel zahlen mußt.«
»Ich hab ja noch was gespart, das muß doch auch mal weg. Und dann bekomme ich ja noch sechs Mark fünfzig am Tag von der Bundeswehr«, sagte er und lachte.
»O Gott, wieviel ist das denn im Monat?«
»Das langt schon«, sagte Frank.
»Jetzt ist das Rührei ganz kalt«, sagte seine Mutter. »Soll ich das noch einmal aufwärmen?«
»Nein, laß mal, das schmeckt auch kalt ganz gut«, sagte sein Vater.
Frank sah zum Fenster hinaus. Unten auf dem Parkplatz beschnupperten sich zwei Autos. Er sah ihnen eine Weile dabei zu und überlegte, wie er auf die Schnelle etwas zum Wohnen finden sollte. Erstmal Martin Klapp fragen, dachte er, der wird schon was wissen. Dann begann auch er sein Rührei zu essen.
»Wie war’s denn nun überhaupt so bei der Bundeswehr?« fragte sein Vater nach einer Weile mit vollem Mund.
»Geht so«, sagte Frank.
»Dann ist ja gut«, sagte sein Vater.
8. DER DURCHBRUCH
Frank vermutete, daß Martin Klapp zu dieser Zeit in seiner neuen Wohnung renovieren würde, er wußte aber nicht genau, wo die war, nur daß sie am Ostertorsteinweg lag, also fuhr er zu Martin Klapps alter Wohnung, einem kleinen Haus in der Straße Auf dem Peterswerder, um sich bei seinen bisherigen Mitbewohnern nach der neuen Adresse zu erkundigen. Martin Klapps bisherige Mitbewohner waren zwei Lehrer, Mann und Frau, Ex-Genossen von ihm, Frank kannte sie ein wenig seit einer Demonstration für den Befreiungskampf des Volkes von Simbabwe, zu der mitzukommen er sich von Martin Klapp einmal hatte breitschlagen lassen. Martin Klapp war damals noch organisiert gewesen. Einige Zeit später war er bei den Lehrern eingezogen und wiederum einige Zeit später aus dem KBW ausgetreten, was dann wohl die Atmosphäre in der WG etwas abgekühlt hatte.
Die Frau öffnete ihm, als er klingelte. Sie war hochschwanger, und Frank erinnerte sich in diesem Moment daran, daß das der eigentliche Grund war,
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