Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
ihr das einfach, ohne einen zu fragen, hernehmt, um darin Fernseher zu reparieren, ich meine, da könnt ihr doch genausogut >Hau ab< an die Wand schreiben, das ist doch quasi eine … eine nonverbale Freudsche Fehlleistung ist das doch quasi.« Das ist gut, dachte Frank, nonverbale Freudsche Fehlleistung ist stark, und er fragte sich, ob er sich das wirklich selber ausgedacht oder irgendwann einmal bei Martin Klapp gehört hatte, es klang eigentlich mehr wie Martin Klapp.
»Jetzt komm mal auf den Teppich, Frank«, sagte sein Vater. »Das ist zunächst mal ein Fernseher, den ich für Helga repariere, und das ist schließlich auch deine Tante, da kann man ja wohl mal ein kleines Opfer bringen.«
»Niemand will dich hier raushaben«, sagte seine Mutter. »Ich meine, du wohnst ja praktisch sowieso nicht mehr hier, du bist ja sowieso nie da.«
»Aha«, rief Frank, »da haben wir’s ja. Da sagst du es selbst. Da sagst du selbst, daß ich hier eurer Meinung nach praktisch nicht mehr wohne. Da kann man natürlich auch in meinem Zimmer einfach so rumräumen, das ist ja klar. Da fragt man auch gar nicht mehr. Das ist für euch ja gar nicht mehr mein Zimmer. Das heißt doch, daß ihr einen Zustand offiziell machen wollt, von dessen Existenz ihr sowieso schon überzeugt seid!«
»Jetzt hör doch mal auf mit diesem verschraubten Kram«, sagte sein Vater. »Das ist ein Fernseher, und den repariere ich jetzt. Schluß!«
Frank schaute seinem Vater in die Augen. Er meinte, dort eine gewisse Härte wahrzunehmen, die er so von ihm schon lange nicht mehr kannte, sie war wie ein verstaubtes Andenken aus längst vergangenen Tagen, aus einer Zeit, als das Wort seines Vaters noch Gesetz gewesen war, bevor Manni irgendwann — und wann war das noch einmal genau gewesen? - damit Schluß gemacht hatte.
»Also, um das noch einmal klarzukriegen«, sagte Frank und ließ den Blick nicht von seinem Vater ab, »du meinst, das ist okay so, und das soll auch so bleiben?«
»Der Fernseher muß repariert werden«, bestätigte seelenruhig sein Vater.
»In meinem Zimmer?«
»In deinem Zimmer!«
Sie sahen sich weiter in die Augen. Er meint das so, dachte Frank. Er meint das wirklich so. Er will mein Zimmer. Das war’s dann wohl, dachte Frank und war darüber seltsam er leichtert.
»Das macht ihm doch auch Spaß«, sagte seine Mutter unterdessen, und es klang ein bißchen verzweifelt, »das mußt du doch auch mal verstehen!«
»In meinem Zimmer? Auch wenn mir das nicht paßt?« sagte Frank zur Sicherheit noch einmal zu seinem Vater.
»Auch wenn dir das nicht paßt«, bekräftigte sein Vater. »Du wohnst umsonst hier, du bist die ganze Woche nicht da, und wenn du dafür nicht auch bereit bist, mal nachzugeben, dann tut’s mir leid.«
»Mir auch«, sagte Frank.
»Ja«, sagte sein Vater.
»Dann suche ich mir wohl mal besser ein anderes Zimmer irgendwo«, sagte Frank und sah seinen Vater weiter an. Das hätte ich schon lange machen sollen, dachte er, das war höchste Zeit, aber er war traurig, daß es so hatte kommen müssen. Man hätte das früher machen sollen, ohne Streit, dachte er, es ist wie mit der Verweigerung, ich hab’s verpennt, und dann ergreifen die anderen die Initiative.
»Dann ziehe ich eben aus«, sagte er. »Wollte ich sowieso schon machen.«
»Wie du willst«, sagte sein Vater und schaute, wie um zu zeigen, daß alles gesagt sei, aus dem Fenster.
»Hört doch auf damit«, rief seine Mutter und begann zu weinen. »Doch nicht wegen einem Fernseher, wegen sowas zieht man doch nicht aus. Das macht ihm doch Spaß, sowas zu reparieren.«
»Hör doch mal mit diesem Spaßquatsch auf, Martha, darum geht’s doch jetzt gar nicht.«
»Wieso nicht? Du hast doch gesagt, daß du das jetzt öfter machen willst.« Franks Mutter wischte sich die Augen aus. »Ist doch nichts Schlimmes dabei. Ist doch gut, wenn man an sowas Spaß hat. Da brauchst du auch nicht gleich auszuziehen«, wandte sie sich an Frank, »du bist doch sowieso jetzt immer die ganze Woche nicht da, da brauchst du doch nicht extra irgendwo ein Zimmer zu bezahlen, das kostet doch auch.«
»Nein, laß mal«, sagte Frank mit einer plötzlichen Lust zur Grausamkeit, »ich hab ja was gespart. Das muß ja auch mal weg, das Geld.«
»Er kann ruhig ausziehen«, sagte sein Vater. »Er ist zwanzig Jahre alt, er hat was gelernt, da braucht er nicht mehr unbedingt bei seinen Eltern zu wohnen.«
»Hör doch auf damit, Ernst! Ich habe dir gleich gesagt, daß das nicht unbedingt
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