Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Durchgang aus, marschierten im Gänsemarsch vom Flur durch die neue Tür an der Wolldecke vorbei und durch die alte Tür in Martin Klapps Zimmer und zurück.
»Ich weiß nicht«, sagte Achim, »so richtig abgeschottet ist das nicht.«
»Psychologisch schon«, sagte Martin Klapp, »man muß das psychologisch sehen. Das sind jetzt auf jeden Fall schon zwei Zimmer mit getrennten Eingängen, psychologisch gesehen.«
»Ja, irgendwie schon«, stimmte Frank ihm zu. Er war zwar auch nicht ganz überzeugt, weil die Wolldecke nicht sehr hoch reichte und natürlich auch oben nicht mit den Wänden abschloß, aber man darf nicht undankbar sein, dachte er und erwähnte deshalb an dieser Stelle auch nicht, daß ihn das irgendwie an die Erzählungen seiner Mutter über das Leben im Flüchtlingslager erinnerte. Dort waren es Wände aus Papier, dachte er, hier ist es immerhin eine Wolldecke, man darf nicht undankbar sein, dachte er.
»Das muß natürlich alles noch richtig gemacht werden, auch so mit Profilbrettern und Rahmen und oben abgeschlossen«, beteuerte Martin Klapp, »daß das oben nicht abgeschlossen ist, ist vielleicht der psychologisch schwache Punkt bei der Sache, aber psychologisch gesehen ist das trotzdem ein himmelweiter Unterschied. Das ist auf jeden Fall schon mal der qualitative Sprung.«
»Hm … der qualitative Sprung, was?« Achim schien nicht überzeugt.
»Ist das nicht der Punkt, an dem Quantität in Qualität umschlägt?« sagte Frank, wohl wissend, daß er damit die unsichtbare Grenze zwischen notwendiger Anpassung einerseits und opportunistischer Anschleimerei andererseits zu überschreiten drohte, aber er wollte seinem Freund, der sich, wie er fand, hier theoretisch ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt hatte, ein bißchen zu Hilfe kommen.
»Hm … gut, daß du nie eingetreten bist«, sagte Achim, »wir hätten dich gleich wieder rausschmeißen müssen.«
»Bist du denn wirklich beim KBW noch dabei?« sagte Frank ungläubig.
»Ja. Willst du die neue KVZ kaufen? Ich hab noch fünf
rumliegen oder so. Steht der letzte Scheiß drin.«
Achim lachte, und es war ein bitteres Lachen, wie Frank fand. Es war besser, die Sache nicht weiter zu vertiefen. So wie es aussah, würde er in Zukunft noch genug K-GruppenGeschichten hören müssen.
»Was machen wir denn jetzt, ohne Farbe und so?« wechselte er das Thema.
»Laß uns aufhören«, sagte Martin Klapp. »Einen trinken gehen. Mal sehen, was Ralf macht.«
Sie gingen zusammen in Ralf Müllers Zimmer. Ralf Müller war damit beschäftigt, die Bohrlöcher in den Wänden sorgfältig mit Moltofill zuzuspachteln. Genauso sorgfältig bemühte er sich, sie nicht zu beachten, als sie zu dritt herei ntrampel ten.
»Sehr schön, Ralf«, stichelte Martin Klapp. »Das wird ein sehr schönes Zimmer.«
»Ja«, sagte Ralf Müller patzig, »das wird schön.«
»Schön zuspachteln, Ralf. Brauchst du die Farbe heute noch?«
»Ja, brauche ich. Die ganze!«
»Das ist gut«, sagte Achim, »dann müssen wir sie heute nicht mehr benutzen.«
»Wir gehen einen trinken«, sagte Martin Klapp. »Kommst du mit?«
»Nee, keine Lust. Will hier noch was machen.«
»Ja, mach mal noch was. Wir ziehen morgen erstmal ein
und machen das dann. Dann hat man auch mehr Zeit am
Stück und so … «
»Mir egal.«
»Dann viel Spaß noch«, sagte Martin Klapp. »Wir gehen einen trinken.«
»Jaja …«
»Das wird sicher ein Superzimmer«, sagte Achim höhnisch. »Das wird ganz zauberhaft, Ralf!«
»Kann euch doch egal sein«, sagte Ralf Müller.
»Ist es auch«, sagte Martin Klapp und ging aus Ralf Müllers Zimmer hinaus. Frank und Achim folgten ihm.
»Der geht mir jetzt schon auf die Nerven«, sagte Martin Klapp, als sie im Treppenhaus standen. »Weiß gar nicht, was mit dem los ist.«
»Der hatte immer schon einen Hau weg«, sagte Achim.
Frank sagte lieber nichts dazu. Er blickte noch nicht genau durch, was hier lief. Es ist ein bißchen wie beim Bund, dachte er. Solange man nicht durchblickt, ist es besser, in Deckung zu bleiben.
9. STORYVILLE
Frank wäre gern ins Bremer Eck gegangen, dort konnte man Billard spielen und Fladenbrote mit was Scharfem drin essen, außerdem gingen sie immer ins Bremer Eck, wenn er mit Martin Klapp zusammen ausging, und Neuerungen hatte der Tag schon genug gebracht, und sogar Achim plädierte für das Bremer Eck, als sie auf dir Straße vor dem Cinema standen, aber Martin Klapp bestand darauf, ins Storyville zu gehen, »wir müssen ins Storyille, auf
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