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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Scheißdurchgangszimmer, da kann ich ja wohl wenigstens da wohnen lassen, wen ich will.«
    »Das würde ich auch mal sagen«, sagte Frank, der sich jetzt wünschte, er hätte erst einmal nur fünfzig Mark geboten.
    »Trotzdem, das ist verboten, einfach so die Wand durchhauen, das ist eine scheißbauliche Veränderung, wenn das rauskommt … «
    »Ralf!« unterbrach ihn Martin Klapp in einem überraschend herrischen Tonfall. »Bis vor kurzem wolltest du noch die Revolution machen und Barrikaden bauen und die Bourgeoisie an der Laterne aufhängen, und jetzt kommst du einem mit deinem Scheißliegenschaftsamt! Was ist das überhaupt, das Liegenschaftsamt?«
    Ralf Müller schaute etwas verdutzt. »Naja, das ist das Amt, dem so Wohnungen gehören, die … «
    »Das ist doch auch nur ein Teil von dem Staatsapparat, den du bis vor kurzem noch zerschlagen wolltest«, unterbrach ihn Martin Klapp, »hast du da überhaupt mal darüber nachgedacht, was das heißt?«
    »Was soll der Quatsch?« brauste Ralf Müller auf. »Ist etwa Revolution? Macht man die Revolution jetzt mit Türdurchbrüchen, oder was?«
    »Ralf, echt mal«, sagte Achim, »das mit dem Liegenschaftsamt ist jetzt wirklich opportunistischer Pipifax. Wenn Frank beim Bund ist und nichts zu wohnen hat am Wochenende, dann muß er hier einziehen.«
    »Und wenn das ‘ne tragende Wand ist?« »Das ist keine tragende Wand«, sagte Martin Klapp und schaute wieder durch das Loch. »Guck mal, wie dünn die ist. Das ist Trümmerstein oder so. Wenn das ‘ne tragende Wand ist, dann gute Nacht.«
    »Trotzdem. Da hängt mein Onkel mit drin. Außerdem geht das alle an, wenn hier noch einer mehr wohnen soll. Das muß man doch erstmal im Kollektiv diskutieren.«
    Es wäre besser, sich nicht einzumischen, dachte Frank, aber er konnte sich nicht zurückhalten, er mußte etwas sagen. Schon deshalb, weil sie in seinem Beisein in der dritten Person von ihm sprachen. Und er hatte oft genug die Kommunistische Volkszeitung von Martin Klapp gekauft und sogar, um ihn nicht zu beschämen, oft genug darin gelesen, um bei diesem K-Gruppen-Quatsch, wie er es heimlich nannte, ein bißchen mitzuhalten.
    »Vielleicht solltet ihr das wirklich erst mal unter euch ausmachen«, sagte er, »vielleicht solltet ihr das wirklich erstmal in Ruhe diskutieren. Aber dabei solltet ihr dann auch mal klären, was hier eigentlich Hauptwiderspruch und Nebenwiderspruch ist.«
    »Das stimmt«, sagte Martin Klapp.
    »Das ist genau der Punkt«, sagte Achim.
    »Was soll das heißen?« fragte Ralf Müller giftig. »Was redet der denn da? Was weiß der denn vom Hauptwiderspruch? Der war ja nie organisiert.«
    »Na und? Du bist doch auch nicht mehr organisiert«, sagte Frank. »Und wieso eigentlich nicht, wenn du soviel besser über Hauptwiderspruch und Nebenwiderspruch Bescheid weißt?!«
    »Darum geht’s doch gar nicht«, sagte Ralf Müller.
    »Wenn du nicht ausgetreten wärst, Ralf, dann hätten wir dich sowieso bald rausgeschmissen«, sagte Achim und lachte.
    »Wieso das denn?«
    »Was weiß ich? Rechtsopportunismus vielleicht?« Er lachte wieder, und Martin Klapp lachte mit.
    »Ihr seid Arschlöcher.«
    »Ich scheiß aufs Liegenschaftsamt«, sagte Martin Klapp. »Außerdem gibt es Sachen, die müssen nicht diskutiert werden. Wenn ein Genosse beim Bund ist und am Wochenende nichts zu wohnen hat, dann gibt’s da gar nichts zu diskutieren.«
    »Er ist doch überhaupt kein Genosse.«
    »Stimmt. Aber wir auch nicht mehr.«
    Jetzt lachte Frank. Er liebte Martin Klapp. Er ist zwar gierig, dachte er, aber er ist auch gut, und Geld hin oder her, er ist ein Freund.
    Alle guckten zu Achim. Achim nickte. »Ich bin dafür«, sagte er.
    »Ich auch«, sagte Martin Klapp.
    »Alles klar, das ist dann die Mehrheit«, sagte Achim. »Was ich bloß nicht verstehe, ist, was das mit dem Mauerdurchbruch werden soll.«
    »Paß auf«, sagte Martin Klapp. »Hier kommt noch eine Tür rein, und dann kann man da schräg oder um die Ecke einen geschlossenen Durchgang bauen, und dann sind das zwei getrennte Zimmer, alles klar?«
    »Aha«, sagte Achim.
    »Genau«, sagte Martin Klapp und schlug wieder auf die Mauer ein.
    »Warte«, sagte Achim, »ohne Plan sollte man das nicht machen.« Er holte einen Bleistift aus der Hosentasche und begann, die Umrisse einer Tür auf die Wand zu zeichnen.
    »Die ist zu groß«, sagte Martin Klapp. »So groß muß die nicht sein.«
    Sie malten eine kleinere Version hin. »Und los geht’s«, sagte Martin Klapp und

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