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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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sich weiter nach unten in den Graben senkte. Mit ausgebreiteten Armen kippte er um, sein Leib durchschlug die Hecke, sein rechter Oberschenkel knallte auf eine kleine, aber scharfkantige Gehwegeinfassung und mit dem Oberarm schürfte er über das Gehwegpflaster dahinter. Scheiße, dachte er kurz, ich bin ein Idiot, und dann konzentrierte er sich nur noch darauf, nicht zu schreien, denn es tat furchtbar weh. Bloß nicht schreien, es ist schon alles schlimm genug, bloß nicht schreien, dachte er und krümmte sich mit zusammengebissenen Zähnen stöhnend in der Hecke, deren Äste ihm derweil unter dem hochgerutschten T-Shirt den Bauch aufschrammten, bloß nicht schreien, dachte er und hielt sich den Oberschenkel, wo es am meisten schmerzte, bloß nicht schreien, hoffentlich hat das keiner gesehen, und hoffentlich ist das Bein nicht gebrochen, dachte er, aber andererseits, dachte er dann, um sich von dem dringenden Bedürfnis, nun doch endlich aus vollem Halse loszuschreien, abzulenken, ist der Oberschenkelknochen der stärkste Knochen im menschlichen Körper, und um ihn herum sind die stärksten Muskeln, der kann nicht gebrochen sein, dachte er, es ist nur eine Prellung, es ist nur eine Prellung, »Prellung, Prellung« murmelte er sogar leise zur Selbstvergewisserung, während er sich weiter stöhnend in der Hecke wälzte.
    »Frankie, bist du das?«
    Frank schaute nach oben und sah Harry. Harry hielt eine Dose Bier in der Hand und schaute auf ihn hinunter.
    »Harry«, preßte Frank hervor und versuchte aufzustehen. Ausgerechnet Harry, dachte er, ausgerechnet Harry.
    »Du bist das echt«, staunte Harry. »Ich hab dich springen gesehen.«
    »Ja«, sagte Frank und versuchte aufzustehen. Er wollte sich mit Harry nicht im Liegen unterhalten.
    »Mann, das sah vielleicht bescheuert aus.«
    »Schon klar, Harry.« Frank erhob sich auf die Knie, wobei die Muskeln seines rechten Beines da, wo sie geprellt waren, höllisch schmerzten.
    »Wieso bist du denn da langgelaufen? Ist einer hinter dir her?«
    »War nur so ne Idee.« Frank hockte auf allen vieren und verschnaufte kurz. Er war sich nicht sicher, ob es ihm wirklich gelingen würde, ganz aufzustehen, aber er mußte es versuchen, bevor Harry am Ende noch auf die Idee kam, ihm zu helfen. Von Harry sollte man sich nicht helfen lassen, dachte er, dann ist man ihm was schuldig, und das könnte auf Dauer bitter werden.
    »Mann, das sah vielleicht aus … «
    Frank stellte den linken Fuß auf die Erde und hockte nun da wie ein Sprinter vor dem Start. Er atmete tief ein, drückte das linke Bein durch, zog das rechte nach und stand schließlich, etwas schwankend wohl, aber immerhin, auf zwei Beinen.
    »Soll ich dir helfen?« fragte Harry.
    »Nee, danke Harry, geht schon«, sagte Frank.
    »Du hast da Blut am Arm.«
    Frank besah sich die Schürfwunde an seinem rechten Unterarm, verlor dabei ein bißchen das Gleichgewicht und fiel fast wieder um.
    »He, paß auf«, sagte Harry, streckte eine Hand aus und hielt ihn am T-Shirt fest. Mit der anderen Hand schwenkte er die Bierdose zu ihm herum. »Nimm erst mal einen Schluck!« Frank nahm einen Schluck von dem Bier, während Harry ihn weiter mit ausgestrecktem Arm festhielt. »Das war echt ‘ne Scheißidee«, sagte Harry.
    »Was?«
    »Das mit dem Dalanglaufen. Hast du doch gesagt, das war ‘ne Idee.«
    Man sollte ihn nicht unterschätzen, dachte Frank, der Harry ein solches Gedächtnis für das, was einer gesagt hat, nicht zugetraut hätte.
    »Ist schon gut, Harry«, sagte er. »Alles klar. Ich geh jetzt mal weiter. Vielen Dank für das Bier.«
    »Wo willst du denn jetzt hin?«
    »Nicht weit. Da ins Storyville.«
    »Ins Story? In den Hippieladen?«
    »Ich bin ja auch mehr so der Hippietyp, Harry«, sagte Frank, »außerdem warten da ein paar Kumpels auf mich.«
    »Echt? Wer denn?«
    »Martin und Achim.«
    »Welcher Martin?«
    »Klapp.«
    »Martin Klapp? Den kenne ich doch. Der war doch bei uns auf der Schule.«
    »Ja, und der kennt dich auch, Harry, da bin ich sicher.«
    »Dem hab ich mal was auf die Schnauze gehauen«, sagte Harry, und es klang wie eine Auszeichnung. »Das ist aber schon lange her.« »Ja. Das nimmt er dir sicher nicht mehr übel, Harry.«
    »Da muß du die Treppe runter. Ich bring dich mal«, sagte Harry. Er ließ das T-Shirt los und ergriff Franks Ellenbogen.
    »Nein, danke, das geht schon«, sagte Frank.
    »Macht mir nichts aus. Ich war schon lange nicht mehr im Story. Nur einmal, das ist ewig her.«
    »Was hast du denn

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