Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
fragte Achim interessiert. »Ich glaube, jetzt erinnere ich mich wieder.«
»Woher denn, der war doch gar nicht in deiner Klassenstufe?« sagte Frank.
»Nein, aber ich war mal bei einer Schulkonferenz dabei, wo es um Harald Klein ging, ich war damals im SV-Präsidium, der hatte einem das Nasenbein gebrochen, das muß so sieben, acht Jahre her sein.«
»Das war ich«, sagte Martin Klapp. »Du warst das? Echt? Das habe ich gar nicht gewußt.«
»Wir müssen den loswerden«, sagte Martin Klapp. »Der versaut einem den ganzen Abend. Der ist gefährlich.«
»Ja nun«, sagte Frank, »das ist nicht ganz so einfach.«
»Hör auf, der hat mal einen abgestochen«, sagte Martin Klapp.
»Ja gut, aber da ging es um Fußball«, sagte Frank. »Außerdem ist das ein Grund mehr, ihn nicht zu ärgern.«
»Der hat damals einen Verweis bekommen, ich habe sogar dafür gestimmt, das weiß ich noch genau«, sagte Achim.
»Na klasse«, sagte Martin Klapp. »Vielleicht hast du Glück und er hat’s vergessen. Wieso hast du denn für den Verweis gestimmt?«
»Ich war damals noch bei den Jusos«, sagte Achim, »als Juso machte man sowas.« Er kicherte. Er schien Frank reichlich angeschickert zu sein, und an dem Bier, das er vor sich stehen hatte, konnte das allein nicht liegen. Wie um ihm eine Erklärung zu geben, zog Achim einen kleinen Flachmann aus der Tasche seiner Jacke, schraubte ihn auf, nahm einen Schluck, schraubte ihn zu und steckte ihn wieder ein.
Harry kam wieder, Frank konnte das an Martin Klapps Gesichtsausdruck erkennen.
»Hier«, sagte Harry und hielt Frank von hinten über den Sessel hinweg ein Glas mit Rotwein vor das Gesicht. »Du kriegst noch was wieder.«
»Ist okay, Harry«, sagte Frank.
Harry warf ihm einige Münzen in den Schoß und ließ sich wieder in den Sessel fallen. Er hob seine Flasche. »Nix, ich will dir nichts schuldig sein«, sagte er. »Na dann prost!«
»Ich dir auch nicht, Harry, prost!« sagte Frank und nippte an seinem Rotwein. Harry setzte die Flasche an und trank sie in einem Zug halb leer.
»Ist doch scheiße hier«, sagte er laut und blickte sich um, »das ist doch scheiße. Seid ihr jetzt auch so Studenten, oder was?« wandte er sich an Martin Klapp und Achim.
»Ja, ja«, sagte Martin Klapp, der einen ziemlich unent-spannten Eindruck machte.
»Ach darum«, sagte Harry und trank die Flasche in einem weiteren Zug leer. »Wie läuft’s beim Bund?« fragte er Frank.
»Geht so«, sagte Frank vorsichtig. Er war sich nicht sicher, ob es besser war, Harry bei diesen Gesprächen in die Augen zu blicken oder lieber die auf Harrys Arme tätowierten Inschriften zu studieren, >Fear no evil< stand da, und >Silver-bird<, und dazu gab es allerhand Bilder düsteren Stils.
Harry hakte nicht weiter nach, und eine Zeitlang saßen sie friedlich schweigend herum. Das hat was von Weihnachten, dachte Frank, man hockt bei Kerzenschein zusammen und weiß nicht, was man miteinander anfangen soll, dachte er, fehlt nur noch, daß man Nüsse knackt.
»Sag mal«, sagte er schließlich, um die etwas peinliche Stille zu beenden, »stört das die Lizzards nicht, wenn du da die Silverbirds drauftätowiert hast?« ?
»Die Birds gibt’s nicht mehr«, sagte Harry lustlos.
»Wieso das denn nicht?«
»Wurden aufgelöst«, sagte Harry. »Sind jetzt die Lizzards.«
»Aha«, sagte Frank. »Interessant.«
»Lange Geschichte«, sagte Harry, betrachtete seine leere Bierflasche und stellte sie dann auf dem Couchtisch ab. »Mann, sieht das hier aus«, sagte er und blickte sich noch einmal um. »Gibt’s hier eigentlich nichts zu knabbern, keine Erdnüsse oder sowas? Und wie sieht das hier überhaupt aus?«
»Ja nun …«, sagte Frank entschuldigend.
»Ich hol noch mal Bier, das sind ja Pipiportionen.« Harry erhob sich und ging zum Tresen.
»Vielen Dank auch, Frankie«, sagte Martin Klapp. »Ein Abend mit Harry. Noch zwei Bier und irgendwer bekommt was auf die Omme. Wahrscheinlich wieder mal ich.«
»Ist doch scheißegal«, sagte Achim heiter. »Ist doch ganz okay, der Kerl.«
»Hör mit dem Proletkult auf, Achim, du kennst den nicht«, sagte Martin Klapp. »Du weißt nicht, wozu der fähig ist.« Er sprang unvermutet auf und winkte in den Raum hinein. Frank blickte sich um und sah das Mädchen aus der Uni, Sibille, auf sie zukommen. Jetzt ahnte er, warum sie unbedingt ins Storyville hatten gehen müssen. Er schaute zu Martin Klapp und glaubte, in dessen Gesicht eine gewisse Schafhaftigkeit wahrzunehmen.
»Hallo,
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