Neue Zeit und Welt
sich daran fest, während es in der Nabe des Rades hinuntergezogen wurde.
Josh war ganz und gar nicht überzeugt davon, das Richtige zu tun. Er verließ zwar die Insel, aber auch seine geliebte Kshro. Und wohin ging es? Zu einem Ort der Fabel am Meeresgrund? Zu einem Land, das er nicht kannte, das bevölkert war von feindseligen Wesen? Oder von gar keinen Wesen? Aber dann hätte Kshro ihn dort nicht hingeschickt.
Er suchte nach ihr, konnte sie aber nicht sehen. Sie waren bereits zu tief, das Wasser war zu schwarz. Langsam sank das kleine Boot noch tiefer, durch das zusätzliche Gewicht der Anker vorne ein wenig nach oben gekippt. Josh bekam es mit der Angst zu tun.
Er spürte, wie der Schwerpunkt sich mehrmals verlagerte, wenn Kshro das gläserne Fahrzeug hinten oder seitlich anschob. Einmal stürzte er und musste sich an einem der festgeschraubten Sessel festhalten, um nicht hin- und hergeworfen zu werden. Er bekam Platzangst. Obwohl er die Augen weit aufgerissen hatte, konnte er nichts erkennen. Außerdem wurde die Luft dünn. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie schon so schwammen, aber die zunehmende Stickigkeit in der Enge verriet ihm, dass ein Ersticken nicht ausgeschlossen war. Er wusste, dass er es nicht überstehen konnte, wenn sie zur Oberfläche zurück mussten.
Die Schwärze wurde noch dichter. Josh spürte, wie ihm schwindlig wurde. Sollte das sein Ende sein? Warum war er nicht bei den Selkies geblieben? Das Leben wäre so einfach und frei gewesen. Nein, nicht frei. Er wollt Kshro noch einmal sehen. Er drückte die Nase an das Glas und starrte hinaus in die Wassernacht. Nichts. Er klopfte schwach. Sein Blick verschwamm. Es schien auf einmal heller zu werden. Träumte er? Vielleicht nur ein weiterer Anfall. Sein Atem wurde kürzer.
Im Wasser vor ihm tauchte eine Gestalt auf. Kshro. Sie näherte sich, presste die Nase an das Glas, starrte hinein. Josh führte den Mund an die Wand, und sie küssten sich, getrennt durch die Glasbarriere – Lippen, Hände, Wangen beinahe in Berührung. Er sah ihr Kinn zittern; sie weinte, das wusste er, ihre Tränen waren eins mit dem Ozean. Seine Augen verdrehten sich, und die Schwärze umfing ihn.
Josh hatte wenig Erinnerung an die folgenden Tage – es mochten auch Stunden oder Wochen sein –, außer in der Art, wie man sich an Fieberträume erinnert: Verzerrte Bilder, lastende Empfindungen, klare, vorbeihuschende Augenblicke.
Seine Traumlandschaft war bevölkert von bizarren Wahrnehmungen und Erscheinungen: ein bärtiger, alter Mann küsste ihn auf die Lippen und blies Luft in seinen Körper, bis er über dem Boden schwebte; eine Frau aus Glas streichelte seine Beine und jagte elektrische, blaue Stöße durch ihn hindurch, peinigend, sinnlich; erdrückende, erstickende Dunkelheit; eine Armee von Skeletten und tanzenden Gebeinen umzingelte ihn, jagte ihn, rempelte und begrub ihn; Rieseninsekten stachen Gift in ihn hinein und saugten sein Blut; ein Gegenwärtiges, einsamer als jedes Leere, legte die hohle Hand auf seine Stirn; er versuchte sich zu befreien, konnte nicht aufhören, sich zu winden, wurde klein, da waren Feuer, es war kalt, er weinte, jemand berührte ihn; eine gewaltige Stille.
Als er endlich erwachte, lag er auf dem weichsten Bett, das er je unter sich gespürt hatte. Seine Augen öffneten sich langsam, und er schaute sich um; ein Raum wie viele andere, ein paar einfache Stühle, ein Tisch; künstliche Beleuchtung von einer Art, wie Josh sie noch nie gesehen hatte.
Er stand auf und ging zum Tisch; seine Beine waren schwach wie die eines neugeborenen Kätzchens … seine Beine!
Er zog in betroffener Erregung das Gewand hoch, das er an sich entdeckte, und starrte seine Beine an. Sie waren nicht mehr gebrochen. Sie trugen ihn ohne Schmerz, ohne einzuknicken. Wie lange musste er demnach geschlafen haben? Und wo befand er sich jetzt?
Auf dem Tisch lag ein Blatt Papier, auf dem Papier sah er Schriftzüge. Josh ließ sich auf dem Stuhl nieder und begann zu lesen.
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ich weiß nicht, wer du sein magst oder ob du überhaupt lesen kannst, aber ich kann beschwören, dass dies die einzige Mitteilung ist, die du je von mir erhalten wirst.
Du bist in die Stadt Atlantis gekommen. Wir sind in einer Stadt in einer Polymerumhüllung, hergestellt von unseren Vorfahren und hier in fünftausend Klafter Tiefe verankert – vor über zweihundert Jahren, nach der Sonne gerechnet, die wir nicht mehr kennen. Unsere Maschinen werden betrieben von
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