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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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einer Insel bis zur anderen reichte. Eine Stunde lang wimmerten sie und schlugen mit den flachen Flossen leise das Wasser. Als das Klagen aufhörte, wurde Luashras Leiche auf die Bucht hinausgeschoben, wo das Rad sie packte und mehrmals herumschleuderte, bis der Mahlstrom sie endlich hinabzog und nicht mehr freigab.
     
    Kshro fand in einer der untergegangenen Galeonen nicht weit von der Ostseite der Insel einen alten, grünlich verfärbten Spitzhelm. Josh versuchte es damit im Freien, und er schien zu bewirken, dass die Strahlen aufgehalten wurden – auch wenn er ziemlich schwer war und immer wieder herunterzufallen drohte.
    Er begann wieder zu schwimmen und gab sich Mühe, wieder Kraft in die Beine zu bekommen, ohne den Verband abzustreifen. Für Kshro war er einziger Halt. Er wurde abwechselnd von Zuneigung zu ihr und der Sehnsucht überwältigt, nach Hause zurückzukehren. Ringsum ging das Leben weiter.
    In der Woche darauf bekam Yhrsh ihr Kind. Josh sah es in das warme Seichtwasser hinausgleiten und sich sofort zur Brust der Mutter schlängeln. Nur einen Viertelmeter lang. Ein Junge.
    Alle anderen drängten sich hinzu, und dem Kind wurde bald mehr Aufmerksamkeit zuteil, als es verkraften konnte. Josh lächelte bei dem Schauspiel, froh um das Auftauchen neuen Lebens, dann erfasste ihn plötzlich Bedrückung, und er schwamm davon.
    Das Ereignis hatte die Wirkung, dass der Krug für Josh überlief – er wurde wirklich heimwehkrank und sehnte sich verzweifelt danach, zu seinen Mitmenschen zurückzukehren. All die Freude, die Geburt, die Tragödien, seine eigene Qual – zu Hause, an Land, ging das Leben ohne ihn weiter.
    »Du bist ganz leer«, sagte Kshro. Sie war ihm nachgeschwommen.
    »Ich liebe dich, Kshro«, erwiderte er. »Aber nie mehr laufen, nie mehr ein eigenes Kind sehen, wie es läuft … das zu denken, ist qualvoll.«
    Sie blickte nach unten.
    »Vielleicht gibt es einen Weg … nur habe ich bis jetzt nichts gesagt, weil ich hoffte, du würdest bleiben wollen.«
    Die aufkeimende Hoffnung ließ sein Herz schnell schlagen.
    »Was? Wie meinst du das?«
    »Ich könnte dich nie lange gefangen halten, dafür liebe ich dich zu sehr. Aber Luashra hat gesagt, wir müssen dich in der See festhalten …«
    »Kshro, sag es mir!« flehte er.
    »Es ist ein Schiff, ein ganz besonderes Schiff. Komm, ich zeige es dir.«
    Sie schwammen zwischen schattenhaften Pflanzen und zerbröckelten Formen, die einst Schiffe gewesen waren, und gelangten zu einer kleinen Grotte. Dort schwamm eine Kugel aus Glas.
    Eigentlich ein längliches Gebilde; vier Meter lang und zweieinhalb Meter hoch. Es enthielt zwei Sessel und viele sonderbare Geräte, unmöglich zu begreifen.
    »Ein Schiff«, erwiderte Kshro auf Joshuas Frage. »Es kam mit seinen zwei Mann Besatzung vor über neunzig Jahren – als ich noch ein Kind war.«
    Josh starrte sie an. Konnte es sein, dass sie hundert Jahre alt war? Er sagte nichts, und sie fuhr fort: »Sie blieben eine Zeit bei uns, bevor sie starben. Sie hatten sich verirrt, dann wurden sie krank. Sie waren Menschen, lebten aber nicht auf dem Land. Sie lebten im Meer. Unter der Oberfläche.«
    »Unter der Oberfläche?« Josh konnte nicht verstehen, was sie meinte.
    »Ja. In Kugeln wie dieser, nur riesenhaft. Ich weiß, wo. Sie sagten es meiner Mutter, und sie erzählte es mir. Ich könnte dich hinbringen. Das würde nicht gegen Luashras Wort verstoßen, weil du immer noch in der See wärst. Außerdem besitzen sie Medizin und große Magie für die Heilung deiner Beine – und du schwimmst in der Tat schon besser, aber ich fürchte, bei uns würdest du nie ganz gesund werden oder jemals wieder auf dem Land gehen können. Da unten, in dem Land unter uns – dort würdest du zwar deine alten Freunde nicht wieder sehen, aber wenigstens könntest du mit anderen Menschen laufen und wieder glücklich sein.«
    Er glotzte sie an. Er wusste nicht, was er sagen, denken oder tun sollte. Sie sah es und half ihm.
    »Steig ein«, flüsterte sie und öffnete die luftdichte Luke an der Seite des durchsichtigen Bootes. Er gehorchte betäubt, hypnotisiert von der Kraft ihres Willens, der Macht in ihren Augen, der Berührung ihrer Hand. Mit muskulösen Armen half sie ihm über die Kante in das Fahrzeug und klappte die Tür zu.
    Sie zog das kleine Boot aus der Grotte, am Ufer entlang. Sie holte zwei Anker in der Nähe und band sie beide an den Propeller des Glasbootes. Als das Boot unterging, schob sie es hinaus in die Bucht und hielt

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