Neue Zeit und Welt
für jeden, der diese Qualen zu ertragen hatte.
Ollie war weniger zartfühlend.
»Rose, du redest wie eine Wahnsinnige«, fuhr er sie an. Rose schloss fest die Augen. Damit die Maske nicht zerreißt, dachte Jasmine. »Rose«, sagte sie und streckte die Hand aus. Rose wich zurück.
»Ich heiße Windlicht«, fauchte sie und stürzte davon in die Dunkelheit.
Beauty schüttelte den Kopf.
»Sie sind nicht hier. Ich kann sie jedenfalls nicht finden.«
»Glaubst du, dass du schon überall nachgesehen hast?« fragte Aba.
»Er hatte eine Woche Zeit dazu«, knurrte D’Ursu. »Er hat überall zweimal nachgesehen. Und jetzt wollen sie uns nicht gehen lassen. Verdammte Stadt.«
»Sie lassen uns bald gehen.« Aba versuchte den Bären zu beruhigen. »Ich habe mit Sire Osi gesprochen …«
»Mehrmals«, sagte Beauty dumpf.
Aba war über die Reaktion des Zentauren verwundert.
»Was soll das heißen?« fragte er höflich.
Beauty begann sich zu verkrampfen.
»Die Art und Weise, wie du dich mit diesem Sire abgibst, obwohl du weißt, dass er einer der Hauptverantwortlichen für diese brutalen Experimente an Menschen ist, legt immerhin den Gedanken nahe …«
»Wer hat gesagt, er sei einer der Hauptverantwortlichen?«
»Das spricht man allgemein.«
»Wie könnte man dann besser auf die Hintergründe stoßen?« Aba wurde zornig.
»Vielleicht sollte man einmal in den Keller des Herrn blicken.«
»Ich spüre Keller schon unter mir.«
Sie funkelten sich an, dann sagte Aba beschwichtigend: »Beauty, such die Schuld daran, dass du nicht weiterkommst, nicht bei mir. Ich bin mitgegangen, um dir zu helfen, dass du deine Leute wieder findest und ich vielleicht einen Teil meiner Vergangenheit. Wir haben beide nichts gefunden. Du brauchst dich nicht zu ärgern, wenn ich Osis Gesellschaft interessant finde. Er ist ein komplizierter Sire, Licht und Dunkel zugleich, und ich lerne von ihm. Also lass es dabei bewenden. Machen wir beide unseren Frieden, sonst kann ich dir nicht weiter helfen.«
Beauty hörte schweigend zu und ließ den Kopf hängen.
»Ich entschuldige mich, Aba. Du hast ja recht. Ich bin einfach ganz durcheinander, weil wir hier eingesperrt sind und keinen Erfolg haben. In meinem Ungleichgewicht greife ich nach denen, die stabiler aussehen. Verzeih mir.«
»Nichts zu verzeihen. Wir suchen alle nach Klarheit.«
»Als ich jung war, schien noch alles klar zu sein«, sagte Beauty und lächelte schwach. »Seit ich älter bin, ist aus meiner Klarheit Verwirrung und Ungewissheit geworden.«
Aba lachte.
»Wenn du ganz alt bist, kommt es vielleicht soweit, dass jeder Atemzug zu kompliziert erscheint … und dann stirbst du in deiner vollen Reife.«
»Wenn das so ist, bin ich vorzeitig weise, weil mir schon das Essen Schwierigkeiten bereitet.« Er legte den Arm um Abas Schulter. »Aber nicht so weise, dass du meine Verzweiflung aus dem Sattel heben kannst, indem du Witze über meinen Tod machst.«
»Was bleibt einem anderes übrig?« sagte Aba. »Ich habe hier schon zuviel davon gesehen.«
»Ich leider auch.« Beauty seufzte. Er fürchtete, Joshua an die Zeit verloren zu haben, und Rose auch, die geliebte Rose. Er wusste, dass er für diesen Verlust – den seiner besten Freunde – nichts konnte, aber sein Leid war so umfassend, dass es an Schuldbewusstsein grenzte, das am tiefsten liegende Gefühl von allen. Er hoffte beinahe, man werde sie für immer als Gefangene in der Stadt festhalten, damit er seine Wache für die verlorenen Freunde nie aufzugeben brauchte. Was er in diesem Augenblick sonst hätte tun können, wusste er nicht.
»Ich habe wirklich zuviel gesehen«, bestätigte Aba. Es marterte ihn ebenfalls, dass er mit seinen Erkundungen nicht vorangekommen war. Niemand, mit dem er hier sprach, hatte je von Lon gehört; manche der Leute hatte er noch gar nicht gefragt. »Wenn ich nur die Königin selbst gesprochen hätte«, sagte er.
Beauty lächelte schief.
»Ich wünsche mir nur, ich hätte nie etwas von ihr gehört.«
Isis saß majestätisch auf dem Schoß der Königin und ließ sich streicheln, während sie an andere Dinge dachte.
Sie hatte seit einigen Tagen Beautys Witterung aufgenommen und erwartet, dass mit ihr zusammen Joshuas Geruch stark genug werden würde, um leicht verfolgt werden zu können. Aber Joshuas Duftspur war hier bei der Königin stärker als anderswo, also blieb sie hier.
Immerhin mochte der Zentaur wissen, wo Josh hingegangen war, dachte sie. Sie hatten sich einmal sehr nahe
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