Neues Glück für Gisela
Wünsche für Sie vom Himmel erflehen. Gestern hat sie die Betten frisch bezogen, und es war zum ersten Male, daß sie heile Bettücher ohne Flicken auf jedes Bett auflegen konnte. Und jeder Junge hat ein Frottierhandtuch ausgehändigt bekommen, zum allgemeinen Jubel. Sonntag werden wir mit ordentlichen Tischtüchern aufdecken statt des Wachstuches. Ja, ich weiß wirklich nicht, wie wir Ihnen danken können, so wie Sie es verdienen, Fräulein Ryssel.“
Gisela lächelte. Ihre Augen glänzten, die Röte kam und ging in ihren Wangen.
„Aber mein Lieber, Sie brauchen doch nicht zu danken. Ich bin bloß froh, daß die Sachen zu Nutzen kommen.“
„Tante Marthe wundert sich mächtig über die S, das können Sie mir glauben.“ Gisela fühlte sich erleichtert, daß er nicht fragte, wieso die Wäsche mit S gezeichnet ist. So brauchte sie nichts zu erklären. Er würde auch nie danach fragen, dazu war er zu taktvoll, fuhr es ihr blitzschnell durch den Sinn.
„Wenn ich nur fassen könnte, warum Sie so eine königliche Gabe geben…“, sagte Willi Stranden und blickte sie nachdenklich an.
„Verstehen Sie das nicht?“ brach es aus Gisela hervor. „Begreifen Sie nicht, wenn man plötzlich entdeckt, daß man zu etwas nütze ist, daß man etwas ausrichten kann, so ist das wunderbar für ein sonst so unnützes Wesen wie mich.“
Willi blickte erstaunt auf bei dem Ton ihrer Stimme. So ein bitterer, leidenschaftlicher Ton voller Hoffnungslosigkeit.
Gisela nahm sich zusammen, richtete sich auf und lächelte.
„Sie trinken doch eine Tasse Kaffee mit mir, nicht wahr?“
Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern ging in die Küche. Willi folgte ihr.
„Wie lustig, so eine Liliputküche zu sehen, wenn man an die Dimensionen bei uns gewöhnt ist“, sagte er. „Wie hübsch Sie es hier haben.“
„Nun ja, es ist leicht, es spick und spann zu haben, als alleinstehende Frau“, lächelte Gisela. „Wenn eine Familie mit Kindern hier wohnte, würde es anders aussehen, das können Sie sich denken.“ Sie setzte den Wasserkocher auf, folgte ihrem eigenen Gedankengang und redete weiter: „Aber die Frage ist, ob es nun gerade so wertvoll ist, es spick und spann um sich herum zu haben. Im Heim bei Ihnen, da ist Leben, alles ist gut gebraucht and abgenützt von unzähligen kleinen Händen und kleinen Beinen. Das ist viel mehr ein Heim als so eine unpersönliche Wohnung einer berufstätigen Frau.“
„Nein, nun hören Sie mal! Ich verstehe schon, was Sie meinen, und in gewisser Beziehung haben Sie recht, aber ,unpersönlich’ ist doch Ihr Heim gewiß nicht. Ich finde, es erzählt sehr viel von einem ganz persönlichen Geschmack. Und ich jedenfalls genieße die Ruhe und Ordnung hier. Wissen Sie, wenn man darauf angewiesen ist, seine ganze Zeit in so einem Riesenhaushalt wie dem unseren zuzubringen, da ist es sehr behaglich, ab und zu so ein kleines Privatheim zu sehen.“
„Doch, das verstehe ich.“ Gisela legte Kuchen auf eine Platte. Instinktiv nahm sie ihr einfaches tägliches Service. Sie ließ die echten Meißner Tassen und das silberne Sahnekännchen im Schrank stehen, wo sie waren. Sie war sich gar nicht bewußt, daß dies dem Takt und dem Feingefühl von Generationen entsprang und ihr im Blute lag.
Sie tranken Kaffee, und Willi Stranden nahm dankend eine Zigarette an.
„Das ist heute ein großer Tag für mich“, lachte er. „Sonst rauche ich nicht, der Buben wegen. Das gute Beispiel, wissen Sie?“ Er sagte es in einem leicht ironischen Ton.
„Das ist aber wirklich ein Opfer“, sagte Gisela und beugte sich vor, um ihre Zigarette anzünden zu lassen.
„Ach, nicht so groß, wie Sie glauben. Ich habe nie viel geraucht. Und Sie wissen ja, die größten meiner Jungen sind schon in dem Alter, wo sie gern zu rauchen anfangen, da ist es besser, wenn wir dieses Problem ausschalten. Und ich habe ja doch gewissermaßen… eh…“
„… einen starken Einfluß auf die Jungen“, half Gisela lächelnd weiter.
„Genau das“, gab Willi zu. „Soviel Einfluß, daß ich ihn richtig brauchen muß, verstehen Sie?“
„Ja klar, darauf können Sie sich verlassen!“ Sie nippten an ihrem Kaffee und rauchten schweigend.
„Wie geht es in der Schule?“ fragte Willi plötzlich. „Besser?“
„Besser? Wie meinen Sie das?“
„Fühlen Sie sich jetzt wohler dort?“
„Wie wollen Sie wissen, ob ich mich dort nicht immer wohl gefühlt habe?“
„Meine innere Stimme sagte es mir.“
„Heißt diese innere Stimme
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