Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
sagten. Wir gingen zur Kirche und wieder zum Haus zurück. Dann habe ich diesen Mann gesehen. Diesen Doktor!« Sie erschauerte. »Ich bin vor Lizzie und diesem Mann weggelaufen.«
»Sie sprechen von Dr. Lefebre?«
»Ja. Ich mag es nicht, dass er hier ist. Sie sagen alle, es wäre nicht wegen mir, aber ich weiß, dass er wegen mir hier ist. Es ist wie bei allem anderen. Sie zeigen es mit jeder Geste, auf jede erdenkbare Weise, nur nicht mit Worten.«
Sie stockte, und ich wartete. Leise fuhr sie schließlich fort: »Ich flüchtete in den Garten. Ich wollte nach unten, zum Strand. Ich öffnete das Tor und ging hindurch, doch dann entdeckte ich in der Ferne Andrew Beresford mit seinem Hund. Kennen Sie Mr. Beresford schon?«
»Ja, Mrs. Craven. Ich habe Mr. Beresford kennen gelernt.«
»Dann wissen Sie ja auch, was für ein guter Mann er ist. Ich wollte nicht, dass er mich in meinem Zustand sieht. Mr. Beresford war immer freundlich zu mir. Er bestärkt mich in dem Glauben, dass eines Tages alles wieder gut sein wird. Jetzt wissen Sie, warum ich ihm nicht begegnen wollte, als ich in solch heller Aufregung und Panik war. Ich wandte mich um und rannte zurück in den Garten und setzte mich für eine Minute oder so auf eine Bank, bis ich wieder zu Atem gekommen war und mich ein wenig beruhigt hatte. Dann dachte ich, dass Lizzie mir hinterherkommen würde, und ich wollte auch nicht, dass sie mich so sieht. Ich konnte nicht ins Haus zurück, weil ich niemandem begegnen wollte. Man sollte wirklich meinen, dass es an einem so abgeschiedenen Ort wie diesem hier einfach wäre, allein zu sein, nicht wahr? Aber ich finde, dass es äußerst schwierig ist, weil sie mir auf Schritt und Tritt folgen, ganz gleich, wohin ich auch gehe. Lizzie wurde hergeschickt,um auf mich aufzupassen. Sie sagt, dass es nicht so ist, und ich denke, sie glaubt es wirklich nicht. Aber das ist der wirkliche Grund, warum mein Onkel Charles sie eingestellt hat.«
Sie klang bitter. Ich überlegte, dass sie vermutlich Recht hatte. Was Lizzie auch immer denken mochte, aus welchem Grund man ihr diese Stellung angeboten hatte – in Wirklichkeit war es geschehen, um zu verhindern, dass Lucy Craven allein durch die Gegend lief. Warum fürchteten sie sich so sehr davor, Lucy unbeaufsichtigt zu lassen? Glaubten sie etwa, sie könnte sich selbst ein Leid antun? Oder anderen?
»Und deswegen sind Sie von der Sitzbank im Garten aufgestanden«, lenkte ich die Unterhaltung zu dem Punkt zurück, an dem wir stehen geblieben waren.
»Ja. Und ich bin ziellos durch den Garten gewandert. Ich war noch immer aufgebracht. Dann dachte ich, wenn ich zum Ende des Gartens gehe, wo die Büsche stehen, sieht man mich nicht. Ich ging also los … Ich war fast da …«
Sie stockte und verstummte und starrte auf ihre Hände. Ich bemerkte, dass sie zitterten.
»Soll ich Miss Martin rufen?«, fragte ich. »Wäre es Ihnen lieber, wenn sie dabei ist?«
»Nein, nein, es geht schon. Es ist nur die Erinnerung … Ich war fast da, als ich ein Geräusch hörte.«
Ein Schauer ergriff mich. »Was für ein Geräusch?«, wollte ich wissen.
»Es klang wie … wie Blätterrascheln, nehme ich an, und wie das Knacken von Ästen. Als würde sich jemand mit Gewalt einen Weg durch das Geäst bahnen. Es sind hauptsächlich Rhododendren, und die Büsche sind ziemlich groß geworden, höher, als ich groß bin, und sehr dicht, aber ich nehme an, man kann sich hindurchzwängen, wenn man es darauf anlegt. Ich rief laut, ob jemand dort wäre, und dann hörte ich ein weiteres Geräusch, anders, eine Art Krächzen. Ich sah, dass jemand in den Büschen war, eine Gestalt, die gerade sichtbar wurde und auf mich zukam. Ich wollte mich abwenden und weglaufen,aber meine Knie waren plötzlich ganz weich geworden und ich konnte nicht … ich blieb einfach stehen und wartete.
Es war Brennan … er kam aus den Büschen auf mich zu, aber er bewegte sich ganz eigenartig. Er torkelte, als könnte er die Füße nicht heben. Seine Augen waren weit aufgerissen und starr. Er presste die Hände an seinen Hals. Alles war rot … rotes Blut, das zwischen seinen Fingern hervorsprudelte und an seinen Handrücken hinunterrann. Dann nahm er eine Hand weg, und ich sah das Blut aus einer Wunde in seinem Hals spritzen. Es war ein grauenvoller Anblick, und ich stand da wie gelähmt und konnte mich immer noch nicht bewegen. Er streckte die Hand aus und packte mich am Arm … ich riss mich los und ich … ich stieß ihn von
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