Neugier und Übermut (German Edition)
»Friedel« – und Barbara Ungeheuer, die in Roxbury, einem reizenden Örtchen in Connecticut, dessen Nachbarn waren, kennengelernt hatte. Wir haben manchmal mit Arthur Miller Tennis gespielt, Doppel. Ich wurde immer ausgeschimpft, weil ich den Ball schlecht traf oder falsch stand. Aber wir spielten immerhin auf dem Tennisplatz von Dustin Hoffman. Der zeigte sich zwar nie, aber wir durften den Platz benutzen, denn Arthur Miller inszenierte gerade sein Stück »Tod eines Handlungsreisenden« am Broadway mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle als Willy Loman und mit einem aufstrebenden, jungen Schauspieler namens John Malkovich als Biff.
Beim Abendessen samt Kunstversteigerung stellte Arthur Miller mir William Styron vor, den Autor des Buchs »Sophie’s Choice«. Es war mit Meryl Streep in der Hauptrolle verfilmt worden, die dafür den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt.
Styron hatte über ein menschliches Drama geschrieben, das mich heute noch schaudern lässt. Als sie mit ihren beiden Kindern in Auschwitz ankommt, wird Sophie von einem KZ-Aufseher vor die Wahl gestellt, welches Kind sie mitnehmen will, das andere muss sofort in die Gaskammer. Der Gedanke an dieses Buch ließ mich auch gegenüber dem Autor verstummen. Ich stotterte irgendwelche dummen Worte.
Die Versteigerung fand in privatem Rahmen statt. Die Schauspielerin Jill Claiburg gab die Gebote bekannt – und die Bilder erzielten meist Höchstpreise. Denn die Gäste waren nicht nur wohlhabend, nicht nur vermögend, sondern immens reich. Insgesamt brachten die 24 Kunstwerke eine dreiviertel Million Dollar zusammen. Eine dreiviertel Million für den Kampf gegen die Atomaufrüstung. Ich fragte Arthur Miller, weswegen er sich an der Versteigerung beteilige, ob er glaube, als Schriftsteller eine besondere Verantwortung zu haben.
»Nein«, sagte Arthur Miller, »wäre ich jemand anderes, dann wäre ich auch hier, falls ich Zeit hätte. Grundsätzlich habe ich nämlich etwas dagegen, mehr als einmal getötet zu werden. Es gibt heute genügend Waffen, um jeden mindestens zehnmal zu töten, wenn nicht gar hundertmal. Diese Zahlen sind zu kompliziert für mich. Einmal getötet zu werden, reicht mir. Ich bin an den restlichen Malen nicht interessiert.«
»Weshalb engagieren sich hier gerade Künstler so sehr?«
»Künstler machen sich ständig Sorgen um die ganze Welt. Weil sie glauben, ein Gewissen zu haben. Und Leiden bewegt sie. Lassen Sie mich damit lieber gar nicht erst anfangen! Dazu habe ich schon genug gesagt.«
Zu den Künstlern, die Arthur Miller gemeint haben mag, gehört die Schauspielerin Meryl Streep. Anfang der achtziger Jahre machte auch sie sich Sorgen wegen der Atompolitik der USA. Sie gehört zu den Schauspielerinnen, die nicht nur die Texte anderer vor der Kamera aufsagen, sondern die auch denken können. Und je berühmter Meryl Streep wurde, desto mehr wurde ihr bewusst, dass sie ihre Bekanntheit nutzen könnte, um politisch etwas zu bewegen. Damals hatte die 35-jährige Streep schon zwei Oscars gewonnen. Von Kindesbeinen an hatte sie große Erfolge mit ihrer Schauspielerei erzielt, wenn auch nicht in der Öffentlichkeit, so doch vor dem Publikum ihrer Schule in New Jersey. Nach dem Schulabschluss besuchte sie die Elite- Universitäten Vassar, berühmt seit dem Roman »The Group – Die Clique« von Mary McCarthy, und Yale und studierte Schauspielerei. In Yale spielte sie fünfzehn Rollen pro Schuljahr und wenige Jahre, nachdem sie diese Universität verlassen hatte, wurde sie mit dem Ehrendoktor für ihre hervorragende schauspielerische Leistung in Theater und Film ausgezeichnet.
Ihre Karriere begann sie nicht beim Film, sondern in Theatern von New York, wo sie schon nach ihrer ersten Rolle als großes komödiantisches Talent entdeckt und mit Angeboten überschüttet wurde. Auf den Bühnenbrettern spielte sie daraufhin erst einmal lustige Rollen.
Nun, mit 35, war sie einer der ganz großen Filmstars. Aber das Hollywood-Gewese war ihr zuwider. Mit ihrem Mann, einem Bildhauer, gehörte sie zur New Yorker Intelligenzia und stellte die Atompolitik der US-Regierung infrage.
Man kann seine Popularität doch auch für die causa nutzen, sagte Streep. Also setzte sie sich dafür ein, einen Film, der die Wahrheit über den Tod von Karen Silkwood zum Thema hat, zu drehen. Karen Silkwood war eine Arbeiterin in einer Plutoniumfabrik. Weil sie vermutete, Mitarbeiter seien fahrlässig verseucht worden, sammelte sie belastendes Material, um es
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