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Neugier und Übermut (German Edition)

Neugier und Übermut (German Edition)

Titel: Neugier und Übermut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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weshalb der Enkel auch William Garlow heißen müsste – hätte er sich nicht eines Tages entschlossen, des Großvaters berühmten Namen anzunehmen. Dazu hatte ihn eine Gewehrfirma gedrängt, als Bill Cody konnte der Enkel gute Werbung für sie machen, schließlich gehört Bill Cody zur amerikanischen Wildwestgeschichte. Wenn man von Bill Codys Enkel Bill Cody spricht, sollte man stets auch den Großvater im Sinn haben. Denn Enkel Bill hatte sich nicht nur dessen Namen, sondern auch sein Äußeres zu eigen gemacht.
    Bill Cody und sein Bruder Fred waren bei ihrer Großmutter, Ehefrau von Buffalo Bill, aufgewachsen – Irma und ihr Mann waren früh einer Grippe zum Opfer gefallen. Als kleine Kinder hatten sie Großvater Buffalo Bill, auf dessen Ranch sie geboren worden waren, noch kennengelernt.
    Bill Cody II. saß nun mit seiner fünften Ehefrau, Barbara, im Silver Dollar Saloon, bestellte für uns beide noch einen Turkey, und seine fünfunddreißig Jahre jüngere Frau, die ihn offenbar voll im Griff hatte, sagte: »Das ist aber der letzte.« »Sie ist die Älteste, die ich je geheiratet habe«, merkte Bill an. »Sie war neunundzwanzig.« Die vier Verflossenen waren eher unter zwanzig. Barbara hat Bill Cody in einer Talk Show kennengelernt. Bill war in den USA ein berühmter Enkel, und im Land des unendlichen Fernsehens war, wer wie Buffalo Bill aussieht und auch noch von ihm abstammt, ein willkommener Gast. Über tausend Talk Shows hatte er schon hinter sich und klagte jetzt: »Mir reicht’s wirklich. Ich rede immer nur von meinem Großvater, nie geht es um mich.«
    Aber wie konnte ich seine Klage ernst nehmen, wenn neben ihm sein Bruder Fred Garlow saß, der weder Cody hieß, noch einen weißen Bart zwirbeln konnte oder gar immer nur von seinem Großvater redete?
    Bill Cody traf Barbara bei der Sendung, nahm sie gleich in bester Wildwestmanier mit auf die Reise zur nächsten Talk Show und machte ihr nach fünf Tagen den Heiratsantrag. Und jetzt betrieben beide eine Ranch für Urlauber, die mit »Buffalo« Bill in die Berge reiten wollten. Nebenbei züchteten sie Reitpferde.
    »Man kann mit Ihnen in die Rocky Mountains reiten?«, fragte ich elektrisiert.
    »Ja, meistens machen wir nur Tagesausflüge«, sagte Bill Cody, »aber es gibt auch längere Trips.« Und dann schwärmte er mir so von einem Ritt durch den Yellowstone Park vor, dass in mir ein Kern gelegt wurde, der lange brauchen würde, um zu keimen. Das willst du in deinem Leben auch einmal tun. Mit dem Pferd durch die Rocky Mountains reiten. Unbedingt!
    Die beiden Brüder schienen sich nicht gut zu verstehen. Nun gut, das soll vorkommen. Während Fred ein wenig missmutig schwieg, erzählte mir Bill seine Geschichte. Er hatte in Harvard Juristerei studiert, während Fred der Furche verhaftet geblieben war und dem Vieh.
    Bill, der Weiberheld, besann sich nach dem Studium auf die hehren Traditionen seines Großvaters und schrieb sich bei der Armee ein. Immerhin hatte es Buffalo Bill bis zum Oberst gebracht, manche nannten ihn sogar General, und zu seinen Heldentaten gehörte wohl auch der eine oder andere Indianerskalp. Insbesondere soll Buffalo Bill jenen Shoshonen-Häuptling Gelbe Hand im Zweikampf besiegt haben, der in der Schlacht am Little Bighorn General Custer getötet hatte.
    Wahrscheinlich hätte sich Bufallo Bill auch nach dem PanAm- Attentat aufgemacht nach Tripolis und den Skalp von Gaddafi geholt. Nun gut, Reagan hat Bomber geschickt.
    Buffalo Bill hätte sich auch nicht gescheut, wie später Ronald Reagan, am Brandenburger Tor den sowjetischen Häuptling Gorbatschow aufzufordern: »Tear down this wall.«
    Ohne Zweifel hätte Buffalo Bill auch als Antwort auf die sowjetischen SS-20-Raketen amerikanische Pershing-Atomraketen stationiert.

    Bill Cody der Enkel schrieb sich also bei der Armee ein und sollte sechs Jahre lang dienen: Da brach der Zweite Weltkrieg aus. William zog in die Schlacht, wenn auch nach Europa und nicht gegen die Indianer. Er brachte es bis zum Oberstleutnant, und seine kriegerischen Taten hob er jetzt laut lachend mit dem Hinweis hervor, dass ihn sogar General Eisenhower in seinen Memoiren erwähne, womit Williams größte militärische Entscheidung in die amerikanische Kriegsgeschichte eingegangen sei. Er, der sich damals noch William Garlow nannte, führte seine Truppe von 5000 amerikanischen Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft, die größte geschlossene Einheit, die die amerikanische Armee je in ihrer

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