NeuGier
sehr guten Freundin«, entgegnete er und sah sich die ausgestellten Schmuckstücke an. »Aber ich sehe diese spezielle Kollektion hier nicht.«
Kate hatte eine Ahnung. »Ist es für Jill?«
Max hob den Kopf und sandte ihr mit dem Nicken einen merkwürdigen Blick zu, der sie bedauern ließ, nicht hinter dem Tresen geblieben zu sein.
»Dann bist du auf der Suche nach 2Love .« Um mehr Distanz zu gewinnen, trat sie einen Schritt zurück und ließ ihre Stimme sachlicher klingen. »Das ist die einzige Kollektion, die sie noch nicht besitzt. Niemand besitzt sie bisher.«
»To love ...« Max sprach es seltsam aus. Aus seinem Mund klang es irgendwie falsch. »Das klingt gut.« Ihr Bemühen um Abstand bemerkte er sehr wohl, doch er ignorierte es und betrachtete sie umso mehr wie eine Beute, die zu machen er soeben beschlossen hatte. »Zeig’s mir!«
Selbst diese Aufforderung war zweideutig. Kate interpretierte sie, wie es ihr recht war und wechselte in die Werkstatt, um die Kollektion aus dem Safe zu holen. Zurück im Verkaufsraum öffnete sie die Schatulle, in der die Ohrstecker, die Kette und der Ring lagen.
Max griff nach der Kette. »Die ist schön«, sagte er. »Die würde Jill toll stehen.« Sein Blick wanderte zu Kate, dann zurück zum Schmuck und wieder zu ihr. Zu ihrem Dekolleté, genau genommen. »Aber dir steht sie ohne Zweifel auch.«
Ehe Kate sich versah, hatte er den Verschluss geöffnet, trat hinter sie und legte sie ihr um.
Zuerst spürte sie Empörung in sich aufwallen. Sie wollte ihm sagen, dass ihr die Kette selbstverständlich stand, doch sie schwieg und spielte für einen Moment mit dem Gedanken, alles zu vergessen und sich gehen zu lassen.
Der Verschluss der Kette rastete ein. Max’ Hände glitten über ihre Schultern, über die Arme und legten sich um ihre Taille.
»Was hältst du davon, den Laden abzuschließen?«, flüsterte er in ihr Ohr und sah sich um. »Wir könnten uns irgendwohin zurückziehen.«
In die Werkstatt, fiel es Kate ein, oder ins Büro. In ihre Wohnung auf keinen Fall. Dorthin würde sie ihn nicht mitnehmen.
Dass sie nicht antwortete, schien Max’ Kompromissbereitschaft zu erhöhen. »Aber wenn du den Nervenkitzel magst …« Er blicke zum Verkaufstresen. »Ich habe gewiss nichts dagegen, es hier zu tun.«
Das Bild von ihr und Max und wie sie es auf ihrem Tresen direkt vor dem Schaufenster trieben, trat vor Kates geistiges Auge. Von Sekunde zu Sekunde wurde die Vorstellung grotesker. Erotisch war sie von Beginn an nicht gewesen.
Wäre es nicht Max, sondern der Richtige … sie würde nicht zögern, und es wäre ihr dann außerdem völlig schnuppe, wer zufällig am Schaufenster vorbeilief und sich nachher das Maul zerriss.
»Also, was sagst du?«, drang Max’ Stimme in ihr Bewusstsein.
Kate blinzelte, ertastete die Kette und schloss den Anhänger in ihre Faust. Sie wollte Max nicht, doch sie wollte nicht barsch zu ihm sein, also befreite sie sich behutsam aus seiner Umarmung.
In seinen Augen las sie Skepsis. Er verstand nicht, warum sie ihn zurückwies. Sie selbst dachte schon gar nicht mehr an das, was hätte geschehen können. Sie dachte an etwas ganz anderes.
Den Anhänger noch immer umklammernd, verwünschte sie sich, weil sie 2Love wie jedes andere Stück zum Verkauf anbot. Als sie es in den Onlineshop gestellt hatte, hatte sie nicht darüber nachgedacht, sondern es wie selbstverständlich veranlasst. Die Vorstellung, dass jemand anderes 2Love besaß und trug, damit angab oder ein Stück der Kollektion verlor, gruselte sie geradezu.
2Love , das waren sie und Jackson, und nur sie selbst wollte es tragen.
»Tut mir leid«, murmelte sie und griff in ihren Nacken, um den Verschluss der Kette zu lösen. Sie nahm die Kette ab und legte sie zu den anderen Teilen auf den dunkelblauen Samt. »Ich kann dir die Kette nicht verkaufen.«
Jetzt war Max bloß noch irritiert. »Wieso nicht? Jill sagte … «
»Ich spreche mit Jill. Sie wird es verstehen.« Kate ging zur Tür und hielt sie ihm auf. »Entschuldige mich bitte. Ich muss noch etwas erledigen.«
***
Kate löschte 2Love aus dem Onlineshop und cancelte die Bestellungen. Den Interviewtermin sagte sie nicht ab, denn der war nicht ausdrücklich aufgrund dieser einen Kollektion zustande gekommen. Als alles erledigt war, ging sie in die Wohnung. Im Badezimmer zog sie sich aus und stellte die Dusche an, trat unter den Wasserstrahl und hielt das Gesicht darunter.
Ganz von allein flogen ihre Gedanken zum Wochenende
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