Neuland
beschäftigt.
Das allein beendet noch nicht meine Mitgliedschaft in der Partei, sagte sich Dori, und jetzt ihren Kopf von mir zu schieben, wäre ein sehr grober Akt.
Eine Haarsträhne von ihr landete auf seiner Brust, sie lockte sich am Ende. Er wollte sie zwischen die Finger nehmen und an die Nase führen, begnügte sich aber damit, sie aus der Ferne zu riechen. Fein, kaum spürbar war ihr Geruch, aber angenehm. Ganz anders als Ronis Geruch. Nicht besser, anders.
Ein Glück, dass sie nicht mein Typ ist, dachte er.
Und er dachte auch, dass er in der Geschichte, die er ihr erzählte, Neta ganz verschwiegen hatte. Dabei hatte er ihn mitgenommen, als er in das umstrittene Haus in Mevasseret fuhr. Er hatte nämlich bemerkt, dass auch die trübsten Erledigungen bedeutungsvoll werden konnten, wenn er sie zusammen mit Neta unternahm. Unterwegs hatten sie die CD mit Pessach -Liedern gehört, von der sich Neta nicht trennen konnte, obwohl das Pessachfest schon zwei Monate her war; Dori erklärte ihm, »Zion« bedeute in der Bibel »Jerusalem«, und der Ort Mevasseret Zion, »Künderin Zions«, heiße so, weil er vor Jerusalem liege und Jerusalem ankündige, und Neta wandte sofort ein, es sei doch genau umgekehrt, erst seien sie in Jerusalem gewesen und jetzt führen sie nach Mevasseret, und deshalb müsse man Jerusalem »Die Künderin von Mevasseret Zion« nennen, und Dori lachte und erklärte ihm, es hänge davon ab, aus welcher Richtung man komme, und dachte, wie kann es sein, dass all die Kinder, die nicht mit ihm zusammen sein wollen, und die Kindergärtnerinnen, die ihn als Belastungempfinden, dass sie alle nicht sehen, was für ein zauberhafter Junge er ist?, und am Ortseingang von Mevasseret Zion fuhr er geradeaus weiter in das neue Viertel und schaute wieder auf die Adresse auf dem Zettel. Roni hatte ihm angeboten, eine Karte mit der Route aus dem Internet auszudrucken, doch er hatte gesagt, das sei nicht nötig, und hatte nicht bedacht, wie sehr die Vorstadt inzwischen gewachsen und wie verwinkelt sie geworden war. Auf der Straße lief niemand herum, den man nach der Adresse hätte fragen können, genau wie seine Mutter gesagt hatte, ein typischer Vorort, und Neta verlor schon die Geduld und fragte: Pa-pa? Wie weit ist es noch? Pa-pa, wann sind wir da?, in diesem klagenden Ton, der Dori verrückt machte und in ihm eine Gewalttätigkeit aufweckte, immer sogleich gefolgt von der tiefen Scham, dass er des Gedankens fähig war, sein eigenes Kind zu schlagen. Dann bemerkte er zufällig ein Schild mit dem Straßennamen, den er suchte, und seufzte erleichtert, denn nach der Serie monotoner Fragen kam immer, wie bei einem gut orchestrierten Werk, Netas dramatisches Crescendo und musikalischer Höhepunkt, zu dem in wechselnder Abfolge heftige Tritte gegen die Lehne des Vordersitzes, Reißen an den eigenen Ohren und markerschütternde Schreie gehörten sowie das Trommeln mit den Fäusten gegen das Fenster, das Öffnen des Sicherheitsgurtes während der Fahrt, um hineinzubeißen, wobei er sich manchmal aus Versehen auf die Zunge biss, was nur noch schlimmeres Schmerzgeschrei mit sich brachte.
Und siehe, von diesem Ausbruch war er verschont geblieben. Hier war das Haus Nummer vierzehn, die rechte Haushälfte. Herzlich willkommen , sagte die Frau, die ihm mit umgebundener Küchenschürze die Tür öffnete. Sie sind Menis Sohn? Unglaublich, diese Ähnlichkeit. Und das ist der Enkel? Ich meine, Ihr Sohn. Der Junge, ja, das ist Neta, sagte Dori und versuchte, Netas Gesicht, das sich in seine Hose vergrub, herauszuziehen und zu der Frau zu drehen. Wie alt bist du denn?, Neta, fragte sie, und als Antwort klammerte sich Neta nur noch fester an seinen Papa. Viereinhalb, antwortete Dori an seiner Stelle. So ein Zufall, rief die Frau, wie mein Kleiner. Sie können doch zusammen spielen! A-mi-t-i, komm mal runter, rief sie durchs Haus. Auf Doris Lippen wartete schon die reservierte Ausrede »wir wollten nur schnell die Miete abholen und dann gleich weiter«, doch bevor er etwas sagen konnte, kam Amiti schon die schöne Treppe heruntergesprungen, nahm Neta an der Hand und zog ihn mit festem Griff in sein Zimmer.
Und, wie sieht das Haus aus, passen wir gut darauf auf?, fragte die Frau, und Dori stammelte, er sei noch nie hier gewesen. Was Sie nicht sagen!, rief sie, wieder mit dieser Begeisterung, so dass Dori sich überlegte, ob sie wohl gespielt oder echt war – kommen Sie, dann zeige ich es Ihnen.
Sie nahm ihn mit auf eine Tour
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