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Neuland

Neuland

Titel: Neuland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskhol Nevo
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hervor, aber er hielt sie nur kraftlos.
    Sag mal, fragte sie ihn – das interessierte sie wirklich, und sie wusste, nur wenn die Frage authentisch war, fiel es nicht auf, dass sie das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken versuchte –, warum wird ausgerechnet dieses Instrument, die Klarinette, so sehr mit uns, mit unserem Volk identifiziert?
    Ach, das ist wegen der Wanderschaft, antwortete Pessja, mit einem Klavier kannst du schlecht umherziehen, oder mit einem Cello. Eine Klarinette oder Geige lässt sich leicht von einem Ort zum nächsten mitnehmen.
    Sie nickte.
    Und er schwieg. Er schaute sich eilig um, die Augen zusammengekniffen, wie sie es von ihm kannte: Es war der Blick von Leuten, die sicher sein wollen, dass niemand außer ihrem Gesprächspartner hört, was sie nun sagen werden. Im Schlafsaal hielten sich immer Leute auf. Jeden Tag forderte die Seekrankheit neue Opfer. Doch glücklicherweise lag in diesem Moment niemand auf den Betten in ihrer Nähe –
    Wie wird es dort sein, in diesem neuen Land, zu dem wir aufgebrochen sind?, fragte Pessja und stieß viel Luft aus, als würde er in die Klarinette blasen. Es heißt doch immer, dort werden sich alle Hoffnungen erfüllen, und das Umherziehen wird ein Ende haben. Wer sagt mir aber, dass man dort nicht von mir verlangen wird, meine Klarinette als Spaten zu benutzen? Und überhaupt, was werden sie dort mit mir machen? – Fima ist ein kräftiger Kerl, Itzik ist ein Starrkopf. Abraham hat starke Ellbogen, sie alle passen in das neue Land, aber was soll ein Pessja wie ich dort machen?
    Das, was du auch hier machst, beruhigte Lili ihn. Hast du nichtgemerkt, wie wichtig dein Spielen für die Kameraden ist? Wie sehr sie dich wieder hören wollen?
    Ein leichtes Beben, kaum sichtbar, lief über Pessjas Gesicht. Lili kannte es von Natan und nannte es im Gespräch mit sich selbst »das Beben des Künstlers nach einem Kompliment«. Ein kurzer innerer Moment, in dem der Künstlerstolz sich aufrichtet.
    Und du, sehnst du dich auch danach? Er warf ihr einen hoffnungsvollen Blick zu.
    Ja, ich auch, sagte sie und fügte vorsichtig hinzu, um keine falschen Erwartungen zu wecken, ich meine, wie wir alle hier.
    In der Bordzeitung veröffentlichten sie die Nachricht: »Morgen festliches Klezmerkonzert an Deck«.
    Im Namen der Orchesterleitung danke ich Ihnen aus ganzem Herzen für Ihren Einsatz, sagte ihr Fima am Abend mit funkelnden Augen zwischen den Leinen an Deck, und plötzlich, noch bevor Lili reagieren konnte, beugte er sich zu ihr vor und küsste ihr lange und innig die Hand. Wir reservieren Ihnen morgen einen Ehrenplatz in der ersten Reihe, sagte er, und wieder, nachdem sie überzeugt gewesen war, dass er sich mit ihrer Weigerung abgefunden hatte, blitzte in seinen Augen Sündhaftigkeit auf.

Dori
    Und sie zogen aus … und sie lagerten sich … und sie zogen aus … und sie lagerten sich . Und sie duschten sich mit kaltem Wasser. Und sie duschten sich mit warmem Wasser. Und sie hörten in Alfredos Radio Salsa. Und Dori hasste den Salsa. Und er gewöhnte sich daran. Und er bewegte seine Hüften auf dem Sitz, im Takt. Und Inbar lachte über ihn. Und auch sie bewegte ihre Hüften.
    Manchmal, wenn sie nachts auf der panamerikanischen Autobahn fuhren und Alfredo Gas gab, meinte Dori, sie säßen in einem Flugzeug und gleich würden sie abheben.
    Und manchmal, wenn sie auf Nebenstraßen fuhren, wenn der Regen gegen die Scheiben klatschte und zu beiden Seiten der Straße Wasserfälle niedergingen und die Räder nur noch mit Mühe Halt fanden, meinte er, sie wären auf hoher See. So ungewiss wie auf einem Einwandererschiff.
    Ab und zu hielten sie an, kauften agua mineral , sin gas und hamburgesa con tomate. Inbar bestand darauf, die Bestellungen aufzugeben, um ihr neu erworbenes Touristenspanisch vorzuführen, und er genierte sich ein bisschen, dass er noch nicht einmal gracias und por favor auseinanderhalten konnte, so sehr hatte er sich bisher auf Alfredo verlassen.
    Alle paar Stunden fuhren sie an einem Schild mit dem Namen eines Ortes vorbei, den Inbar schon besucht hatte, und sie erzählte ihm davon. Er hörte ihr gerne zu. Bei ihr war alles eine Geschichte, mit Anfang, Mitte und mindestens einem Ende. Und mit vielen kleinen, bunten Einzelheiten, begleitet von gefühlvollen Gesten. Als sie ihm erzählte, wie sie den Weg zu der Inka-Festung hinaufgestiegen war und nach einer Stelle suchte, von der aus man den Fluss sehen konnte, machten ihre Finger

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