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Neuland

Neuland

Titel: Neuland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskhol Nevo
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Er schläft nicht ein, singt sich Danny Robas vor, durch alle Leute hindurch treffen sich unsere Blicke. Nachts werden sie sich treffen, im Bett. Sein angenehmer Geruch. Er schläft ein, Gott sei Dank. Sie duscht, ohne sich zu entspannen, weil sie die ganze Zeit meint, etwas vergessen zu haben. Als sie aus dem Bad kommt, erinnert sie sich und ruft ihre Mutter an. Mittwoch geht von ihr aus in Ordnung. Du bist klasse, Mutter, sagt sie. Warum warst du nicht so, als ich klein war?, sagt sie nicht. Warum hattest du, als ich klein war, immer diesen Wunsch in deinem Blick, irgendwo anders zu sein?
    Ich hab so ein Gefühl, dass es bald Krieg gibt, verkündet ihre Mutter jetzt wie ein politischer Beobachter auf einem Podium. Das hast du doch immer, antwortet sie. Du wirst schon sehn, beharrt ihre Mutter. Diesmal hab ich Recht, du wirst sehen. Er macht wieder in die Hose, sagt sie. Wer, das muss sie nicht sagen. Kein Wunder, sagt ihre Mutter. Wann kommt Dorinka denn endlich zurück?
    Das ist noch nicht klar, jetzt ist er unterwegs nach Argentinien, der Odysseus. Sieht aus, als ob sein Vater es in seinem Wahnsinn bis dahin geschafft hat.
    Wer hätte das von Meni Peleg gedacht? Ein so gut aussehender Mann.
    Okay, Mutter, bis Mittwoch dann?
    Danach macht sie den Laptop auf. Nimmt ihn mit ins Bett, beantwortet E-Mails. Der Supervisor der Werbeagentur versucht zum soundsovielten Mal bei ihr sein Glück. Bei der letzten Sitzung konnte ich mich kaum konzentrieren , schreibt er ihr. Nervensäge. Sie hatte ihm schließlich schon in Barcelona deutlich gesagt: Nur einmal. Nicht öfter. Ein paar Monate nach dem Tod von Doris Mutter war das gewesen. Jeden Abend hatte sie ihr durchsichtigstes Nachthemd angezogen und Dori gebeten: Komm ins Bett. Und er hatte geantwortet: gleich, und hatte stattdessen die Sportnachrichten angeschaut, und danach auch noch die Wiederholung. Dann war sie nach Barcelona gefahren, eine kurze Dienstreise. Aber diese Europäer trinken die ganze Zeit Wein. Vor der Sitzung, während der Sitzung und danach. Und sie war kurz vor ihrer Periode. Da hat sie zu diesem Supervisor, der sie im Hotel zu ihrem Zimmer begleitet und sich mit dem Ellbogen an den Türrahmen genagelt hatte, gesagt: Nur einmal. Und er hatte gemeint: Klar, abgemacht. Männer nehmen alle Bedingungen an, in diesem Moment davor. Seitdem erkundigt er sich alle paar Wochen, wie es ihr geht. Tastet sich vor, ob sie vielleicht doch frei sei. Und sie antwortet ihm sehr lakonisch, aber ohne ihn zu verletzen. Denn sie empfindet ihm gegenüber nicht das Geringste, aber immerhin arbeiten sie zusammen. Bevor sie einschläft, schreibt sie auch Dori eine Mail:
    Hi, Dori,
    ich höre, dass du dich von Alfredo getrennt hast und unterwegs nach Argentinien bist.
    Ruf an, wenn du kannst. Neta sehnt sich nach dir. Du fehlst ihm.
    Danach löscht sie das »ihm« und schreibt »uns« .
    Kann sein, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Aber im Moment ist sie zu müde, um darüber nachzudenken. Die Lider fallen ihr zu. Vor Neta hat sie immer eine Weile gebraucht, um einzuschlafen. Jetzt kann sie’s jederzeit und überall. Vor Neta hat sie geträumt,jetzt hat sie keine Träume mehr. Das heißt, kann durchaus sein, dass sie von einem Wasserfall träumt, der wie ein Rock aus Wasser von einem Felsen hinunterwallt, und sie steht darunter, zwischen Felswand und Wasser, und schreit im Schutze des Wasserlärms alles heraus, was sie auf dem Dach bei der Arbeit nicht hat herausschreien können – aber morgens weiß sie nichts mehr davon.

IV
Neuland
Dori
    Eine große Stadt, dieses Buenos Aires. Sie brauchten eineinhalb Stunden, um aus ihr hinauszukommen. Eine Ampel nach der anderen, dann die Zahlstationen bei der Auffahrt auf die Mautstraßen. Und im Vorbeifahren eine Filiale von Ikea , der Parkplatz eines Gebrauchtwagenhändlers, Hotels mit Namen wie Kiss me und Paradise , denen man ansah, dass dort stundenweise bezahlt wurde.
    An einer Ampel sah er einen Pfeil zur Garibaldistraße und sagte zu Inbar –
    Hier haben wir Eichmann geschnappt.
    Wusst ich’s doch! Inbar lachte. Die ganze Geschichte mit deinem Vater ist doch nur die Coverstory dafür, dass du ein Mossad-Agent bist.
    Ja – Dori spielte das Spiel mit –, Isser hat angerufen und gesagt, wir müssten die Stunde X um ein halbes X vorverlegen. Ich hab ihm gesagt, Isser, der Wagen. Aber er wollte nichts hören. Bringt ihn mir, lebendig oder lebendig, hat er geschrien. Da hab ich die Knarre in den Strumpf gesteckt und bin los –

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