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Neuland

Neuland

Titel: Neuland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskhol Nevo
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Bedürfnis des Jungen, seinen Papa um sich zu haben, hatte sich beruhigt. Sein Blick hatte einen gewissen Glanz bekommen. Dori verbrachte jetzt die ganzen Vormittage mit ihm und lieferte ihn erst um eins im Kindergarten ab, bis dahin machten sie »Papa-Ferien«, so nannte Neta es. Sie machten Erinnerungsspiele, erfanden gemeinsam Geschichten, fuhren auf den Markt und zum Biblischen Zoo. Endlich war er von der Kindernahrung entwöhnt; jetzt konnte man ihn auch ins Pinati mitnehmen und mit ihm Humus essen. Ihm zeigen, wie man mit dem Fladenbrot den Humus aus dem Teller wischte, für ihn Traubensaft mit Strohhalm bestellen, damit das Brot besser flutschte, und danach auf einer Bank in der Fußgängerzone sitzen, die Arme zu beiden Seiten auf der Lehne, und ihm Rätselaufgaben stellen. Was ist das Gegenteil von fern? Nah. Was das Gegenteil von schlecht? Gut. Was gehört nicht in diese Reihe: Stube, Bad, Schlafzimmer, Straße?
    All die Stunden, die sie miteinander verbrachten, hatte Neta keine Krisen. Aber andererseits kam er auch nicht mehr schmusen. Er zog eine Art Grenze zwischen ihnen, die zu ziehen Dori nie gelungen war und die er vielleicht auch nie hatte ziehen wollen.
    Vielleicht war es aber auch etwas ganz anderes, was diese Veränderung bei Neta herbeigeführt hatte, etwas, was sogar Doris scharfem Blick entging, der alles von der Seite verfolgte.
    *
    Nachdem er Neta in den Kindergarten gebracht hatte – ohne herzzerreißende Abschiedsszene, der Junge marschierte unbeschwert hinein und sagte, alles okay, Papa, du kannst gehn –, kam er nach Hause, und dort erwartete ihn Eska, Ronis Mutter, an der Tür und erinnerte ihn an die Liste der Erledigungen, die er noch zu machen hatte: Wäsche waschen und zusammenlegen. Einen großen Salat zum Abendessen vorbereiten. Dauernd den zweiten Radiokanal hören, um es nicht zu verpassen, falls auch Jerusalem beschossen wird.
    Ich glaub ja nicht, dass sie das machen. Hier gibt es zu viele Heilige Stätten.
    Man kann nie wissen, sagte Eska unbeirrbar.
    Danach fuhr sie ihn an, wie er die Wäsche zusammenlegte. So doch nicht!, und zeigte ihm, wie man es macht. Einen Ärmel, den zweiten Ärmel, einmal falten, zweimal falten, einen Ärmel, den zweiten Ärmel, einmal falten, zweimal falten, sang sie in ihrer Bassstimme, und er lächelte gequält.
    Erzähl, ich hab gehört, dass dein Vater durchgeknallt ist, sagte sie, während sie weiter die Wäsche zusammenlegte.
    Durchgeknallt? Ich weiß nicht. Kann sein, dass er sich einfach … verändert hat.
    Verändert? Sie spuckte das Wort geradezu aus. Leute in unserem Alter verändern sich nicht mehr. Schau dir Efraim an. Fünfzig Jahre lang schläft er mittags. Geht um halb zwei schlafen und steht um drei wieder auf. Du kannst den Wecker nach ihm stellen. Und auch in eurer Wohnung macht er das. Was sagst du dazu?
    Dori wusste nicht, was er dazu sagen sollte.
    Schade, sagte Eska, er war ein attraktiver Mann, dein Vater.
    Schade würde ich das nicht nennen, dachte sich Dori, das ist etwas komplizierter, das heißt, es ist naiv, was er da machen will, naiv und manchmal einfach befremdlich, aber wenigstens versucht er, irgendwas zu tun. Dori gab sich Mühe, Eska Neuland zu erklären und seinen Vater in Neuland, doch jedes Mal, wenn er in den letzten Wochen versucht hatte, den Leuten Neuland zu erklären, hatte er verständnislose, beinahe tadelnde Blicke geerntet. Es ist Krieg. Wir müssen diesen Krieg gewinnen. Was erzählst du uns jetzt solche Geschichten aus Südamerika?
    Auch Roni hatte er eigentlich noch nicht richtig von Neuland erzählt.
    In seiner ersten Nacht zurück im Land hatten sie miteinander geschlafen, und er hatte die ganze Zeit an Avivit gedacht, von allen Frauen auf der Welt ausgerechnet an Avivit, seine Gruppenleiterin bei der sozialistischen Jugend aus der zehnten Klasse. Er tut das nicht gern, mit einer Frau schlafen und an eine andere denken. Normalerweise ist sein Bildschirm beim Sex leer und frei von Gedanken, und auch diesmal hatte er versucht, die Bewegungen zu machen, doch diesmal wurde ihm plötzlich eine Szene gezeigt in der Kommune in der Hankin-Straße. Avivit hatte ihn dorthin bestellt, um das Programm fürs Sommerlager vorzubereiten, und als er ankam, war niemand sonst dort, und sie sagte, ich hab gesehen, was du an den Schuppen gespritzt hast, In der Liebe gibt es keine Gesetze, Avivit. Und er sagte, tut mir leid, ich putz das morgen weg, und sie: Du bist total verrückt, Dori, und war auf ihn zugegangen,

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