Neuland
hervorlugt. Mit französischer Frechheit. Vielleicht eine Spanierin?
Während er noch darüber nachdenkt, dreht sie sich um und lächelt ihn auf Ivrith an. Sehr angenehm, Inbar. Sehr angenehm, Dori – er reicht ihr die Hand (sofort macht er sich selbst herunter: Wieso gibst du plötzlich die Hand? Ist das ein geschäftliches Treffen?).
Ziemlich scheußlich, diese Stadt, sagt sie, wendet sich von ihm ab und zeigt in Richtung des Geländers.
Absolut, sagt er und schweigt misstrauisch. Was sagt man sonst noch? Worüber unterhalten sich, verdammt noch mal, Backpacker? Und überhaupt Menschen?
Also … Inbar …, fragt er schließlich, von wo … von wo hat es dich hierher verschlagen?
II
Tel Aviv, ein Monat zuvor
Inbar
Ejtan hatte darauf bestanden, sie zu fahren, denn »bei uns in der Familie gibt es das nicht, dass einer alleine zum Flughafen fährt«. Sie hatte schwach protestiert und schließlich eingewilligt.
Für dich, sagte er, nachdem er den Wagen in die Haltezone gelenkt hatte, und zog ein Geschenk aus dem Handschuhfach.
Was ist das? Sie betastete das längliche Objekt. Hast du mir einen Vibrator gekauft?!
Seh ich so aus? Er lachte mit seinen schönen Grübchen.
Dann ist ja gut, sagte sie und legte ihre Hand auf sein Knie, denn ich habe nicht vor, das Original zu wechseln. Mit der anderen Hand riss sie das Papier auf und fand einen schmucken Karton, in dem zwei Kugelschreiber lagen.
Für das Tagebuch, das du schreiben willst, erklärte er, wie es seine Gewohnheit war, das, was keiner Erklärung bedurfte.
Wie schön, sagte sie (und dachte: wie schön). Da krieg ich bestimmt Lust zu schreiben, fügte sie hinzu (und dachte: diese Kugelschreiber sind doch viel zu kostbar, die schrecken mich eher ab).
Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Kein Zweifel, niemand, den sie kannte, küsste so gut wie er, doch ihre Seele war bereits anderswohin gestartet oder ließ zumindest schon die Motoren zum Abflug laufen. So löste sie ihre Lippen nach zwei Herzschlägen von ihm und sagte: Lass es dir gut gehn. Bring das Haus durcheinander, wie es dir gefällt, und du kannst auch die nassen Handtücher überall liegen lassen.
Lass du es dir gut gehen, sagte er.
Ich geb mir Mühe, meinte sie, du weißt, meine Mutter und ich, wir sind kein gutes Duo.
Wer weiß, gab er zurück, vielleicht wird es ja überraschend gut.
Danach hob er ihre Tasche auf den Gepäckwagen und verabschiedete sich mit einer erdrückenden Umarmung, und sie marschierte durch die automatischen Türen und drehte sich kein einziges Mal um. Bei der Passkontrolle spürte sie wieder dieses schnelle Herzklopfen, so ging das schon fünf Jahre lang, seit sie den Honda von Professor Hoffmann mit einer Feile zerkratzt hatte und er sie anschrie, er wisse, dass sie es gewesen sei, er werde sie bei der Polizei anzeigen. Das solle er sich aber gut überlegen, hatte sie damals zurückgeschrien, und bis heute wusste sie nicht, ob er sie tatsächlich angezeigt hatte oder nicht, hoffentlich nicht, hoffentlich nicht, anscheinend nicht – sie ging weiter zum Duty-free-Shop, suchte einen einfachen Kuli, den sie ruhig verlieren konnte, fand auch einen, allerdings ausgerechnet in einer Apotheke, nicht weit von den bunten Packungen mit den Kondomen, kaufte sich dann einen Kakao aus zwei Dritteln Wasser und einem Drittel Milch und setzte sich an einen Tisch, auf dem noch ein Tablett mit den Krümeln eines Mandelcroissants stand, schlug ihr Tagebuch auf, zog den schlichten Kuli aus der Tasche und wollte etwas Kurzes über Stempel im Pass oder über einen Pass, in dem kein Platz mehr für Stempel ist, schreiben oder über die Croissant-Krümel deines Vorgängers, die wie geheimnisvolle mathematische Formeln von der vorigen Stunde noch an der Tafel des Klassenzimmers stehen, aber bevor ihr Kugelschreiber das Blatt berührte, piepte ihr Handy, und noch bevor sie die SMS öffnen konnte, wusste sie, es war Ejtan, und dort würde stehen, ich sehne mich schon , und sie fragte sich, wann sie wohl anfangen würde, sich nach ihm zu sehnen, wenn überhaupt, und was bei ihr nicht in Ordnung war, und antwortete ihm, ich mich auch , klappte das Handy zu und wollte weiterschreiben, doch da war ihre Muse schon auf und davon: Wieder machte sie das Handy auf und schickte ihrer Mutter eine SMS: Steige gleich ins Flugzeug . Sie versuchte sich vorzustellen, wie dieser Bruno aussah, bestimmt wie alle seine Vorgänger, eine Version von Shalom Hanoch, nur mit Brille. Aber vielleicht auch
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