schlafen.«
»Bis dahin … Das überleb ich nicht«, murmelte Anna.
»Du musst.« Jolin zog die Bettdecke bis zur Nasenspitze hoch und sah die Freundin bittend an. »Was soll denn aus mir werden, wenn du jetzt auch noch stirbst? Ich hab doch nur noch dich.«
Anna schluckte.
»Du redest Schwachsinn«, sagte sie leise.
»Dann zieh dich aus und komm ins Bett«, sagte Jolin.
Die Mädchen sahen sich an.
»Also gut«, sagte Anna schließlich. Sie erhob sich von der Bettkante und zog sich mit einer langsamen, lasziven Geste den Pullover über den Kopf. »Ich glaube zwar nicht, dass ich Rouben ersetzen kann …« Sie stockte, knüllte den Pulli zusammen und ließ ihn dann zu Boden fallen. »Es tut mir leid, Jol«, sagte sie zerknirscht. »Aber ich glaub, ich dreh durch.«
»Ich auch, wenn du nicht gleich kommst«, flüsterte Jolin.
In fliegender Hast zog Anna Rock und Strumpfhose aus und schlüpfte zu ihr unter die Decke. Jolin schlang die Arme um sie, drückte sie an sich und heulte los.
Anna streichelte ihr über den Rücken und die Haare, küsste sie auf die Schulter und hielt sie schließlich einfach nur noch fest, bis sie sich irgendwann leergeweint hatte.
»Jetzt ist mir alles egal«, sagte sie kraftlos.
»Schsch«, machte Anna und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. »Ist ja gut.«
Nichts war gut, aber so nah beieinander und unter der warmen Decke konnte man zumindest versuchen, daran zu glauben. Anna streckte den Arm nach hinten aus und tastete nach dem Schalter der Nachttischlampe. Sie löschte das Licht und küsste Jolin auf die Nase. »Ich hab dich lieb«, sagte sie leise.
»Und ich dich«, flüsterte Jolin. »Ich bin so froh, dass du da bist … dass wir uns nicht verloren haben.«
Die Mädchen legten ihre Nasenspitzen aneinander und lächelten sich an. Alles Schreckliche schien also irgendwie auch sein Gutes zu haben, und das war immerhin ein kleiner Trost.
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[email protected] subject:mut?
wirst du kommen?
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subject:re: mut?
muss ich das jetzt schon wissen?
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na ja … normalerweise mag ich überraschungen, aber diesmal ist es mir ernst, und ich würde mir wünschen, dass du mir die chance gibst, es dir zu beweisen.
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du könntest mich töten …
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ja.
12
Joooliiin!
Jolin riss die Augen auf. Über ihr schoben sich bizarre Lichter durch die Dunkelheit. Sie hörte jemanden keuchen, und ein beißender Schweißgeruch bohrte sich in ihre Nase und setzte sich unter ihrer Schädeldecke fest. Ihr Herz raste. Sie wollte weglaufen, aber irgendetwas hielt sie fest, außerdem befand sie sich in einer völlig falschen Lage. Die Lichter verschwanden, und die Dunkelheit verdichtete sich, und mit einem Schlag wurde ihr klar, dass sie verloren war.
»Neeeiiin!«
Sie brüllte und brüllte und brüllte, dann endlich rannte sie, und plötzlich war ein vertrautes Gesicht über ihr, und sie spürte eine kühle Hand an ihrer Wange.
»Sei still, Jol. Um Himmels willen sei bloß still. Wenn deine Eltern dich hören …«
Es war Anna! Das Weiße in ihren dunklen Augen glänzte feucht in der Dunkelheit. Gott sei Dank! Es war tatsächlich Anna!
»Wie kommst du denn hierher? Was machst du hier? Wo sind die anderen?« Jolin versuchte sich aufzusetzen. Ihre Stimme überschlug sich fast.
»Schsch«, machte Anna und noch einmal: »Schsch. Es ist niemand hier außer uns«, wisperte sie. »Du hast bestimmt nur geträumt. Leg dich wieder hin und komm erst mal zu dir. Und ich reiß kurz das Fenster auf. Du stinkst nämlich wie eine ganze Hammelherde.«
Anna schlug die Decke zurück, und endlich erinnerte Jolin sich, dass sie beide zusammen in ihrem Bett gelegen hatten. Sie mussten eingeschlafen sein, und dann hatte Jolin Rouben gesehen, vielleicht war es auch Vincent gewesen – das wusste sie nicht mehr so genau.
»Nein«, sagte Jolin. »Nein!« Der Schreck jagte durch ihren Körper, und wieder fuhr sie aus dem Kissen hoch. »Du darfst das Fenster nicht aufmachen!«
»Was?« Anna blickte über die Schulter. Sie hatte ihre Hand bereits am Griff. »Aber ich halte das nicht aus. Das ist«, sie presste die Finger gegen ihre Nase, »tut mir ja leid, aber wirklich ganz entsetzlich. Ich weiß echt nicht, ob