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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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lag nichts mehr am Pokern, sie war bereit, alles auf eine Karte zu setzen.
    »Liebe zu wem?«, presste sie hervor. Es klang hilflos, fast bettelnd, aber das war ihr in diesem Moment völlig egal.
    »Schsch!«, flüsterte er und legte ihr sanft einen Finger auf die Lippen.
    Klarisse musste sich beherrschen, ihn nicht zu küssen. Sie ließ ihren Blick auf seinem wunderschönen Gesicht ruhen und stellte sich vor, dass er Rouben war, natürlich nicht Rouben selbst, denn der gehörte ja zu Jolin, sondern eher so etwas wie sein Schatten, eine Art dunkle Seite seiner Seele, die er an seinem achtzehnten Geburtstag abgestreift hatte wie eine alte Haut und die sich im Grunde ihres Herzens genauso nach Geborgenheit sehnte wie er selbst.
    Der Tod erwiderte ihren Blick noch eine Weile, dann berührten seine Lippen ihre Wange und hauchten seinen kalten Atem an ihrem Ohr entlang unter ihren Haaransatz.
    Eine Gänsehaut rauschte über ihren Körper, ihre Brustwarzen stellten sich auf, und nicht mal der Bruchteil einer Sekunde verging, und sie spürte seine Hände genau dort.
    Der Tod küsste sie gierig, er zerriss ihre Pants, grub ihr seine Fingernägel tief in die Haut und tauchte ihren Unterleib in eisige Kälte.
    »Liebe zu mir«, hauchte er ihr zum Abschied ins Ohr.
    Es war nicht einmal fünf nach halb acht, und Klarisse war wieder allein.

    Jolin hatte bis weit nach Mitternacht im offenen Fenster gesessen und in die Neumondnacht hinausgestarrt. Der mattschwarze Himmel faszinierte sie. Ohne Mond und ohne Sterne war er wie eine samtweiche Decke, die man nur wegziehen musste, um das Geheimnis dahinter zu entdecken.
    Wie schön wäre es, wenn sie jetzt Schulter an Schulter mit Rouben im Dachbodenzimmer sitzen und ihre Gedanken mit ihm teilen könnte. Mehr wollte Jolin ja gar nicht, sie würde nicht mal erwarten, dass er sie küsste, sie wollte einfach nur bei ihm und sich seiner gewiss sein.
    Weil es aber nicht so war, blickte sie allein in den Himmel und träumte sich in die Zweisamkeit mit Rouben hinein. Sie spürte seine Schulter, lauschte seinem Atem und sog seinen Duft in ihre Lungen.
    Jolin merkte nicht, wie hart das Sims gegen ihren Steiß drückte, und auch nicht, wie sehr sie fror. Sie stellte sich vor, wie sie ihren Körper einfach hier in der Stadt zurückließ und über das Land bis zu Roubens Haus schwebte. Alles war so friedlich. Alles war gut.
    Selig lächelnd lehnte Jolin sich zur Seite, dorthin, wo nichts weiter war als die kühle Nachtluft, das sanfte Licht der Laternen – und das Motorengeräusch eines vorbeifahrenden Autos. Jolin zuckte zusammen. Sie verlor den Kontakt zum Sims und dem Rahmen in ihrem Rücken. Bis ins Mark erschrocken, tastete sie nach irgendetwas, doch da war nichts mehr, an dem sie sich festhalten konnte. Sie registrierte noch, dass ihre linke Ferse an der Fensterbank hängen blieb, sie spürte auch den Ruck in ihrem Kreuz, als die Schwerkraft sie in die Tiefe riss, und den Schmerz an ihrer Hand, die viel zu lange über den rauen Putz scheuerte – und dann wurde es mit einem Schlag stockdunkel um sie herum.

    »Es tut mir so leid«, hörte sie Rouben flüstern.
    Jolin stöhnte leise. Ihr Körper fühlte sich eiskalt an, ihr Kopf brummte, und ihre Hand schmerzte entsetzlich. Außerdem war ihr übel. Und dann fiel es ihr wieder ein: Sie war aus dem Fenster ihres Zimmers gestürzt und auf den Pflastersteinen vor ihrer Haustür aufgeschlagen. Wahrscheinlich war sie jetzt tot. Aber das war ihr völlig egal, Hauptsache, ihre Eltern hatten nichts davon mitbekommen.
    »Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
    Jolin versuchte, die Augen zu öffnen, und wunderte sich darüber, wie leicht es ging. Sie sah eine helle Zimmerdecke über sich und darunter schemenhaft und verschwommen Roubens besorgtes Gesicht.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte er leise.
    »Ja«, sagte Jolin. Wenn er nur bei ihr war, zählte alles andere nicht mehr.
    »Du hättest tot sein können«, sagte Rouben. Die Schemenhaftigkeit seines Gesichts verlor sich allmählich, und plötzlich traten seine Züge ganz deutlich hervor. Jolins Herz machte einen Sprung. Sie war noch immer überwältigt von seiner Schönheit.
    »Bin ich das nicht?«, fragte sie zaghaft.
    »Nein!«
    »Oh, und ich dachte schon …«
    »Was?«
    »Na ja, dass wir uns jetzt nicht mehr trennen müssen, sondern für immer zusammen sein können.«
    »Jolin«, sagte Rouben nur. »Jolin.« Er streichelte ihr über die Haare, und sein Daumen berührte dabei flüchtig ihre

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