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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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dem Gespräch zwischen Anna und den beiden Damen gefolgt war. »Wir interessieren uns viel zu wenig dafür, wie unsere Abgaben eingesetzt werden.« Er strich sich über die feine graue Haarsträhne, die von seiner Stirn bis über den Hinterkopf reichte und zwei tiefe Geheimratsecken voneinander trennte. »Dabei zeigt gerade dieses Stadtbild hier nur allzu deutlich, dass wir es unbedingt tun sollten.« Nacheinander nickte er Jolin, Leonhart und Anna zu. »Ich nehme an, dass es sich bei den Umständen, die Sie den beiden Damen gerade veranschaulicht haben, um reine Behördenwillkür handelt?«
    Leo zuckte die Achseln. »Im Moment sieht es eher so aus, als ob es sich um eine dieser vielen, vage formulierten Vorschriften handelt, die von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter unterschiedlich ausgelegt werden können.«
    »Also doch Behördenwillkür.« Der Mann ließ seinen Blick über die Auslagen auf dem Tisch schweifen. »Wo muss ich unterschreiben?«
    »Hier.« Jolin deutete auf die vorbereitete Liste und reichte ihm einen Kugelschreiber. »Der Wohnraum, der in unserer Stadt für sozial schwache Personen und Familien, beziehungsweise für Asylbewerber zur Verfügung steht, deckt den Bedarf lückenlos ab. Unsere Recherchen haben ergeben, dass zurzeit sogar sowohl einige Wohnungen als auch Container leer stehen. Es wäre also überhaupt kein Problem, die Familien, die das gerne möchten, weiter in den Containern wohnen zu lassen. Doch die sollen angeblich ausschließlich den Asylbewerbern zur Verfügung stehen.«
    »Das ist ja auch richtig so«, meldete sich die schwarzhaarige Frau zu Wort. »Ich sehe jedenfalls nicht ein, dass Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, weniger komfortabel wohnen sollen als jene, die vielleicht nur vorübergehend hier leben.«
    »Aber meine Gnädigste, ich bitte Sie!«, rief der Mann mit den Geheimratsecken. »Wenn ich die jungen Menschen hier richtig verstanden habe, möchten besagte Familien mit deutscher Staatsbürgerschaft ja freiwillig in den Containern wohnen bleiben.«
    Jolin reckte den Daumen hoch und zwinkerte Anna unauffällig zu. »Ganz genau«, beeilte sie sich, dem Mann beizupflichten. »Das Absurde an der Geschichte ist, dass diese Familien zunächst auf die Straße gesetzt beziehungsweise in ein Obdachlosenheim umgesiedelt würden, während die Asylbewerber weiter in den Containern bleiben könnten.«
    Die Dunkelblonde schnappte nach Luft. »Das ist nicht nur absurd, sondern auch himmelschreiend ungerecht!«, echauffierte sie sich. »Warum können diese Leute dann nicht wenigstens in eine der leerstehenden Wohnungen einziehen?«
    Anna hob die Schultern. »Natürlich hat man uns eine Erklärung dafür gegeben«, sagte sie. »Die Wohnungen sind nicht bezugsfertig, da sie zunächst renoviert werden müssen. Dabei sind sie zum Teil in einem wesentlich besseren Zustand als jene, die bereits bewohnt werden.«
    »Typisch«, sagte der Mann. Schwungvoll setzte er seine Unterschrift auf die Liste, drehte sich um und bot den beiden Damen den Kugelschreiber an. »Vielleicht möchten Sie nun doch Nummer zwei und drei sein?«
    Die Schwarzhaarige nahm den Stift zögernd entgegen und blickte ihre Bekannte unsicher an.
    »Gib dir einen Ruck. Ich werde ebenfalls unterschreiben«, sagte die Dunkelblonde. »Das sind doch vollkommen unhaltbare Zustände, die diese jungen Leute hier beschreiben. Das kann man nicht einfach hinnehmen. Gerade wir, die ein wenig bessergestellt sind, tragen doch Verantwortung. Wir dürfen nicht zulassen, dass engstirnige Beamte weitreichende Entscheidungen treffen.« Entschlossen griff sie nach dem Kugelschreiber, zog die Riemen ihrer Taschen stramm und beugte sich über die Liste. »Also, unter diesen Umständen bin ich wirklich sehr gerne die Nummer zwei.«
    »Wir haben Baumärkte und Malerbetriebe um Materialspenden gebeten und von einigen bereits Zusagen erhalten«, fuhr Anna unterdessen fort. »Und wir setzen uns dafür ein, dass die Bewohner die Wohnungen und Container selber renovieren. Das spart Kosten und würde ganz nebenbei den sozialen Zusammenhalt unter ihnen stärken. Denn leider ist es ganz und gar nicht so, dass alle dort gut miteinander auskommen. Im Gegenteil. Vielen Menschen in der Wohnsiedlung sind die Container ein Dorn im Auge.«
    »Die sind ja auch wirklich nicht besonders hübsch«, meinte die Schwarzhaarige, die nun ebenfalls an die Plakatwände herangetreten war und mit zurückgelegtem Oberkörper und auf die Hüfte gestemmter

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