Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner

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Satin.“
    Jane lächelte. „Vielleicht sehen wir uns ja dann doch im August zu einer Anprobe?“
    Sie beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Bete für mich, Lucy“, hauchte sie.
    „Immer“, flüsterte ich zurück.

    Als ich wieder zu Nicholas zurückkam, machte er ein besorgtes Gesicht. Den ganzen Weg bis zur Kutsche, den wir wieder von Wachen geleitet wurden, sagte er nichts, und auch nicht, als wir eingestiegen waren. Erst als wir bereits eine ganze Weile unterwegs waren, beugte er sich zu mir vor und nahm meine Hände.
    „Du kannst dort nicht noch einmal hingehen, Lucy. Prinzessin Maria hebt Truppen aus und sammelt Verbündete und Unterstützer um sich. Ich habe in der Halle, in der ich gewartet habe, gehört, wie die Leute darüber redeten. Ich glaube nicht, dass den Adligen, die sich dort aufhielten, bewusst war, wie weit ihre Stimmen zu hören waren. Maria wurde in East Anglia und Devon zur Königin ernannt, und mehrere von Janes Beratern haben bei Nacht und Nebel versucht zu fliehen. Es heißt, dass Prinzessin Maria gegen London marschiert.“
    „Woher kommen denn ihre Unterstützer?“, wollte ich von ihm wissen. „Ich verstehe das alles nicht! Ich dachte immer, dass England entschieden und ohne jeden Zweifel protestantisch ist!“
    „Es scheint, dass die Menschen schwach sind. Sie folgen dem Bekenntnis, bei dem sie sich auf der Gewinnerseite glauben, weil es ihnen die meisten Vorteile verschafft“, erklärte mir Nicholas.
    „Ist … ist Jane auf der Gewinnerseite, Nicholas?“ Angst um sie und um uns alle packte mich.
    Nicholas antwortete mir nicht.
    Vier Tage später, am 19. Juli, bestieg Maria Tudor mit Tausenden und Abertausenden von Unterstützern und Anhängern den Thron. Janes Berater hatten ihre Königin einer nach dem anderen im Stich gelassen. In ganz London läuteten die Glocken, als Maria schließlich am 3. August London erreichte. Und überall, wo sie vorbeizog, riefen die Massen: „Gott schütze die Königin.“
    Meine liebe Jane hatte nur neun Tage lang regiert.

Dreißig
    Noch bevor Prinzessin Maria London erreichte, erfuhr ich, dass Lady Jane im Tower geblieben war, nachdem Dudleys Plan gescheitert war. Am neunten Tag von Janes Herrschaft, als Maria ganz offiziell Anspruch auf den Thron erhob, brachte man Jane aus ihren königlichen Gemächern im Tower in einen anderen Raum. Sie wurde unter Arrest gestellt, genau wie ihr Vater, ihr Mann Guildford Dudley, dessen Vater John Dudley und viele andere mehr. Der Tower, einst ihr Palast, war jetzt ihr Gefängnis. Sie wurde der Verbrechen gegen die Krone angeklagt.
    Nicholas war in Sorge um sie. Er sagte, dass Jane auf Befehl der neuen Königin im Tower gefangen gesetzt worden sei, wenn auch in einem schön eingerichteten Raum.
    „Aber sie will doch gar nicht Königin sein!“, sagte ich zu ihm. Es war ein brütend heißer Morgen Mitte August, und wir hatten gerade die Klassenzimmer für die bevorstehende Rückkehr der Schüler hergerichtet.
    „Sie hat es vielleicht nicht gewollt, aber sie hat sich auch nicht geweigert“, entgegnete Nicholas.
    „Aber der König hat sie doch zu seiner Nachfolgerin ernannt! Und der Kronrat hat zugestimmt!“
    „Aber nicht das Parlament, Liebste. Und ja, König Eduard hat sie zu seiner Nachfolgerin ernannt, aber der König ist tot, und ein toter König kann keine Befehle mehr erteilen. Sein Testament war erst zwei Wochen alt, als er starb, und das Parlament hat dieses Testament weder zu sehen bekommen noch bestätigt.“
    „Aber Maria mag Jane. Sie sind Basen! Du hättest das Kleid sehen sollen, das sie ihr vergangenes Jahr zu Weihnachten geschickt hat. Es war prachtvoll und wunderschön!“
    „Dann können wir nur hoffen und beten, dass Maria Milde walten lässt. Dass auch sie erkennt, was uns jetzt allen klar ist: dass Jane nur eine Marionette von John Dudley, dem Herzog von Northumberland, war und dass sie gezwungen wurde, einem Plan zuzustimmen, den sie gar nicht selbst ersonnen hat.“
    Das beruhigte mich zunächst. Natürlich würde die Königin erkennen, dass Jane von mächtigen Männern benutzt worden war und sich nichts zuschulden kommen lassen hatte, außer vielleicht ihrer Naivität. Dass sie im Tower blieb, war sicher reine Formsache.
    Am 18. August wurden dann jedoch John Dudley und fünf andere wegen Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt.
    Vier Tage später wurde John Dudley, der Herzog von Northumberland und Verursacher von Janes furchtbarer Lage, im Tower