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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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die ich in meinem Laden anbot, von ihr bekommen. Im Gegenzug hatte ich ihr den Kopfschmuck von Las-Vegas-Showgirls geschickt sowie Tellerröcke und Cowboy-Chaps aus Texas.
    Wilson zerschnitt mit einem Teppichmesser das Klebeband, mit dem die Kartons verschlossen waren, während Stacy und ich eine Plastikplane auf dem massiven Eichentisch ausbreiteten, den ich zur Sichtung neuer Ware benutzte.
    In der ersten Kiste war ein Teeservice aus den Zwanzigerjahren, das in Fetzen einer alten Wolldecke eingewickelt war. Diese Deckenfetzen waren, wie sich herausstellte, auch die Quelle des penetranten modrig-schimmeligen Geruchs. Außerdem befanden sich in der Kiste zwei stark angelaufene Kerzenständer, eine herzförmige Schachtel voller ganz zart bestickter Taschentücher und ein emaillierter Globus aus der Zeit, als die Hälfte davon noch unter der Herrschaft von Großbritannien stand. Ich bat Wilson, das Teeservice auszupacken und dann sofort die Deckenreste zu entsorgen, was er nur zu gern tat.
    Die zweite Kiste enthielt zwei zerbrochene Vasen – die vielleicht noch ganz gewesen waren, als Emma sie gekauft hatte –,
ein Tischtuch aus Spitze, acht heile, aber völlig verstaubte Dessertteller von Royal Doulton, eine Brille in einem Lederetui, einen Blasebalg für den Kamin, der sich nicht öffnen ließ, von dem Wilson aber sagte, er könne ihn reparieren, und mehrere Fotografien von Männern und Frauen in Kleidung aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Außerdem gab es noch einen Satz Salzfässchen mit winzigen dazugehörigen silbernen Löffelchen.
    Als wir gerade die letzte Kiste öffneten, bimmelte die Ladentür, und Stacy ging nach vorn, um den Kunden zu bedienen. Die dritte Kiste war kleiner, aber auch schwerer als die beiden anderen. Oben auf dem Verpackungsmaterial lag ein gefalteter Zettel von Emma:
    Jane,
    ich werde versuchen, dich anzurufen, bevor die Kisten bei dir ankommen. Ich konnte die Sachen leider nicht mehr durchgehen und sortieren. Ich habe alles auf einem Trödelmarkt in Cardiff gekauft, der allerdings nicht besonders schön war, weil es die ganze Zeit in Strömen gegossen hat. Ich weiß zwar nicht, in welchem Zustand die Bücher in dieser Kiste sind, aber ich finde, sie sehen ziemlich alt aus. Es sieht aber auch ganz so aus, als ob sie nicht besonders gut behandelt wurden. Manche Menschen sind solche Deppen. Entschuldige bitte das Durcheinander. Du darfst mir im Gegenzug ebenfalls drei unsortierte und schmuddelige Kisten mit Kleidung schicken.
    Herzlich,
    Emma
    Unter ihrem Brief befand sich ein Durcheinander von Büchern, die alle alt und muffig rochen. Das erste, das ich aus der Kiste nahm, war ein Exemplar von „David Copperfield“ aus dem Jahr 1902, bei dem die Titelei fehlte. Die nächsten vier Bücher waren in besserem Zustand und rochen auch ein bisschen weniger streng. Eines war ein Gedichtband von John Keats von 1907, das zweite ein dünnes Exemplar von Rudyard Kiplings „Just So Stories“, das dritte waren Chaucers „Canterbury Tales“, und das älteste Buch, das noch in der Kiste lag, stammte aus dem Jahr 1756. Ganz unten auf dem Boden des Kartons lag eine in Sackleinen eingewickelte, grünlich-schwarz angelaufene Metallkassette von der Größe eines Toasters. Sie hatte Brandspuren, und die Scharniere waren geschmolzen. Die Kassette war verschlossen, aber als ich sie vorsichtig schüttelte, konnte ich hören, dass sich etwas darin befand. Ich griff in die Schublade meines Arbeitstisches, wo ich einen Schlüsselring mit winzigen Dietrichen aufbewahre, mit denen Thea und Wilson schon so manches alte Schloss aufbekommen hatten.
    Ich mühte mich eine ganze Weile damit ab, fummelte und stocherte, und als das Schloss schließlich aufging, fielen die verrosteten Scharniere klappernd auf den Tisch. Die Kassette schien einen fast hörbaren Seufzer auszustoßen, als wahrscheinlich zum ersten Mal seit Urzeiten frische Luft in sie hineinströmte. Wilson war wieder zu mir zurückgekommen, und auch er hörte den Seufzer. Es war, als ob die Kassette flüsterte: „Endlich …“ Ich hob den Deckel an und spähte vorsichtig hinein. Der Inhalt war mit Strohfasern bedeckt, die sofort zu Staub zerfielen, als ich sie berührte.
    Es befanden sich ein Rosenkranz aus Onyx, ein kleiner Handspiegel, der vom Alter angelaufen war, und ein Buch darin, das in so schlechtem Zustand war, dass der Buchrücken an mehreren Stellen nur noch an einzelnen Fäden hing. Alles war in ein grob gewebtes Stück Stoff eingeschlagen.

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