Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
Vom Netzwerk:
Gedanken, das Buch und den Rosenkranz zu verkaufen, verzog ich das Gesicht.
    „Was ist denn?“, fragte Stacy, die meine Miene bemerkt hatte.
    „Ich weiß nicht. Ich möchte es … einfach noch eine Weile behalten.“
    Stacy lächelte. „Irgendwie sind die Sachen wirklich cool. Wie kleine, jahrhundertealte Teile von Gott. Aus einer Zeit, als es uns noch gar nicht gab, aber Gott schon der war, der er immer gewesen ist.“
    Sie ging hinüber zu dem Teeservice, das Wilson ausgepackt hatte. Es war aus elfenbeinfarbenem Porzellan mit Goldrand und zartlila Asterndekor. „Dieses Geschirr ist cool.“ Die Gedanken über Gott wurden übergangslos abgelöst von einer Bemerkung über ein altes Porzellanservice.
    Meist gelang es mir zu vergessen, dass Stacy Missionarstochter war, aber dann wieder gab es Augenblicke, so wie diesen gerade eben, in denen ich fast ein Rascheln zu vernehmen glaubte, wenn sich ihr Glaube zeigte.
    Ich nahm den Rosenkranz und das Gebetbuch und legte beides behutsam wieder in die alte Kassette, in der ich sie bekommen hatte.
    Instinktiv stellte ich die Kassette dann neben meine Handtasche, um sie mit nach Hause zu nehmen; die kleinen Teile von Gott, die einen Widerhall fanden in meiner kleinen zerbrochenen Welt.

Fünf
    Nachdem Brad ausgezogen war, hatte ich ein paarmal von ihm gehört. Er hatte angerufen, nachdem er mit Connor gesprochen hatte, und dann noch einmal zwei Wochen später, um sich zu vergewissern, ob ich genügend Geld hätte, um alle anstehenden Rechnungen zu bezahlen. Einmal war er nach Manhattan gekommen, um das Kanu zu holen, das er irgendwo eingelagert hatte, und den Sandwichtoaster aus unserer Wohnung. Ich war an diesem Tag auf einer Auktion in Newark gewesen, aber er hatte einen Zettel auf dem Küchentresen hinterlassen, auf dem stand, dass er den Sandwichtoaster mitgenommen hätte, er hoffe, ich hätte nichts dagegen, und es täte ihm leid, dass wir uns verpasst hätten.
    Jede dieser kleinen Störungen – die beiden Anrufe und der Zettel – ließen mich zwischen Hoffen und Bangen schwanken, wenn ich abends ins Bett kroch. Brads Stimme und seine Handschrift, die mir so vertraut waren und jetzt in meinem Alltag so spürbar abwesend, kneteten meine Gedanken wie ein Masseur, der angespannte Muskeln bearbeitet. In jenen Nächten wollte sich der Schlaf einfach nicht einstellen.
    Das erste Mal hatte Brad direkt nach seinem Gespräch mit Connor angerufen, noch an demselben Tag, an dem er nach New Hampshire gezogen war. Er erzählte mir, dass er sich in einer Eisdiele in der Nähe von Connors College mit unserem Sohn getroffen hatte. Beim Eisessen hatte er Connor dann gesagt, er sähe sich gerade einen neuen Job in einem Krankenhaus in New Hampshire an, weil er eine Auszeit von Manhattan bräuchte.
    Ich war während der Zeit, in der er sich mit Connor treffen wollte, in der stillen Wohnung in Manhattan auf und ab gegangen und hatte an all die Gründe gedacht, die er für
seinen Umzug angeführt hatte. Wie viele davon er wohl auch Connor mitteilen würde?
    Dass Brad und ich Zeit bräuchten. Zeit für uns selbst.
    Zeit zum Nachdenken.
    Zeit zum Prüfen.
    Zeit zum Entscheiden.
    Brad hatte so heftig betont, dass es bei dieser Trennungszeit nicht darum gehe, einfach nur abzuwarten. Aber bei Zeit geht es nun mal eben sehr oft ums Warten.
    Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Connor mich gleich nach seinem Treffen mit Brad anrufen würde, denn wahrscheinlich hätte er ja Fragen an mich. Ob er wohl wütend war? Traurig? Durcheinander? Ob Connor von uns wohl enttäuscht war? Wie viel Zeit würde er brauchen, bis ich mit ihm würde reden können?
    An dem besagten Tag hatte Connor dann erst gegen zehn Uhr abends angerufen. Er hatte einen seltsam missbilligenden Tonfall gehabt. So wie ein Polizist, der einem liegen gebliebenen Autofahrer zu Hilfe kommt und durch seinen Tonfall signalisiert, dass es doch klar ist, dass man im Straßengraben landet, wenn man bei Glatteis eine Vollbremsung versucht.
    Ich sagte Connor, dass ich schon zurechtkäme und dass am Ende alles gut werden würde. Dass sein Vater sich diesen neuen Job in New Hampshire aus vielerlei Gründen anschauen müsse, von denen aber keiner ein Grund zur Sorge biete. Wir redeten nicht lange. Er hatte eindeutig keine Ahnung, wie er mit diesen neuen Informationen umgehen sollte. Irgendwie fühlte ich mich dadurch bestätigt: Auch Connor hatte es nicht kommen sehen.
    Ich hatte ein paar Minuten vor sechs Feierabend gemacht und den Laden

Weitere Kostenlose Bücher