Neun Tage Koenigin
meinen Töchtern kichernd ausgetauschte Geheimnisse, Gelächter und Gerangel zwischen meinen Söhnen und eine Freundschaft und Nähe zu meinem Mann, über die meine Freundinnen nur staunen würden. Und unser Haus würde dasjenige sein, in dem sich die Teenager träfen.
Aber dann hatten wir die Teenagerzeit unseres einzigen Kindes in einem Stadthaus in Manhattan verbracht, hatten
an regnerischen Abenden alte James-Bond-Filme angeschaut und mehr auswärts als zu Hause gegessen.
Während der Zeit in Connecticut, in der ich mir trotz vieler vergeblicher Bemühungen immer noch so sehr ein weiteres Kind gewünscht hatte, hatten wir in einem schicken Haus im Ranchstil in einem Vorort von Stanford gewohnt, wie es in unserer Nachbarschaft viele gab. Meistens war Connor gerade auf dem Weg ins Bett gewesen, wenn Brad endlich von der Arbeit kam. Brad und ich hatten dann gegen acht oder halb neun zusammen zu Abend gegessen, manchmal auch vor dem Fernseher, wo Brad dann nicht selten mit der Gabel in der Hand einfach eingeschlafen war.
Freie Wochenenden waren ausgefüllt gewesen mit Kanufahrten oder Angeln, wobei mir weder das eine noch das andere Spaß machte. Ich war immer glücklich gewesen, wenn es Connor und Brad am Wochenende schon im Morgengrauen ans Wasser gezogen hatte und ich mit Freundinnen in Antiquitätenläden stöbern konnte.
Damals schien es so, als täten Brad und ich beide genau das, was wir gern tun wollten. Jetzt, aus der Perspektive des Beifahrersitzes im Auto meines Vaters betrachtet, sah ich das doch etwas anders.
Während wir uns dem Zuhause meiner Kindheit näherten, wurde mir fast überdeutlich bewusst, dass mein Leben ganz anders verlaufen war, als ich es mir damals als Kind vorgestellt hatte, als diese Straßen noch meine Straßen gewesen waren, als noch nichts entschieden war, als ich noch jung war und mir die Welt groß und einladend vorgekommen war.
Jetzt konnte ich schon das Haus meiner Eltern sehen, während Leslie vom vergangenen Abend erzählte, und meine nostalgischen Gedanken endeten abrupt. Meine Mutter war gerade dabei, auf der Veranda die Hängepflanzen zu gießen. Sie drehte sich zu uns um, als wäre sie überrascht, dass wir schon da waren, dabei hatte ich genau gesehen, wie sie sich von der Gartenschaukel auf der Veranda erhoben hatte, als wir in unsere Straße eingebogen waren – ein kurzes Aufblitzen eines blauen Hausanzuges und ihres silbergrauen Haares –,
und wie sie die Gießkanne zu ihren Füßen zur Hand genommen hatte.
Dreizehn
Meine Eltern wohnen seit meinem dritten Lebensjahr in diesem Haus. Sie hatten es gekauft, bevor sie wussten, dass meine Mutter mit Leslie schwanger war. Mein Vater hatte damals als Haustechniker in der Klinik vor Ort gearbeitet und die Abendschule besucht, um einen Abschluss als Ingenieur zu machen.
Die Fußböden in dem Haus waren aus Hartholz und die Zimmer geräumig und quadratisch. Sie hatten genau die richtige Größe und Form, dass meine Mutter jeden neuen Wohntrend schon sofort ausprobieren konnte, wenn er sich gerade erst abzeichnete.
Das Haus war in den Fünfzigerjahren erbaut worden und hatte – wie alle Häuser in der Straße meiner Eltern – den architektonischen Charme der von Hoffnung und Zuversicht geprägten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Im Inneren des Hauses hatte meine Mutter trotz seiner wunderlichen Eigenarten immer ihrem Talent für Innengestaltung gefrönt. Von englischem Landhausstil über das karge skandinavische Design, vom Orientalisch-Mystischen bis zum gerade modernen Maurischen – alle diese Stilrichtungen beinhalteten als Grundelement immer die drei weißen Sofas mit den quadratischen Polstern und Kissen.
An diesem Tag waren die Wände in einer Mischung aus Apricot und einem Hauch Bernsteingelb gestrichen. Violette, malvenfarbene und schokobraune Kissen waren auf dem Sofatrio verteilt. Leuchter aus Messing und Spiegel mit Messingrahmen hingen an den Wänden, und ebenholzfarben gebeizte Beistelltische und kleine Bücherregale bildeten einen schönen Kontrast zu den strahlend weißen Sofas und den Bordüren an den Fenstern. Honig- und Fichtenduft lag in der Luft. Vor den Fenstern flatterten hauchdünne Gardinen im Wind.
Als ich den Wohnbereich betrat und an der marokkanischen Wohnlandschaft vorbeiging, von der das Wohnzimmer beherrscht wurde, sah ich, dass meine Mutter das Esszimmer mit breiten korallenfarbenen Stoffbahnen dekoriert hatte. An den Rückenlehnen der Stühle und an den Tischbeinen hatte sie mit
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