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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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sich einen kurzen Moment lang den Weg von ihm zu mir.
    „Jetzt, wo der Herzog von Somerset und seine Familie hier sind, hielt Mr Aylmer es für ratsamer, dass ich mich schon am Mittag auf den Weg mache, um Lady Janes Eltern nicht zu stören. Ich habe gehört, dass dies heute ein sehr wichtiger Tag für die junge Lady Jane ist.“
    „Ja. Ja, das ist es in der Tat.“
    Er schwieg einen Moment. Dann: „Möchtet Ihr mich noch bis zur Kutsche begleiten, Miss Day?“
    „Aber gern.“
    In unbehaglichem Schweigen gingen wir weiter die Treppe hinunter. „Und wie geht es Lady Jane heute Morgen?“, erkundigte er sich schließlich.
    „Es geht ihr gut“, antwortete ich. „Sie ist nervös.“
    „Natürlich. Mr Aylmer hat mir erzählt, dass sie mit dem jungen Edward Seymour verlobt werden soll.“
    Ich nickte.
    „Sind sie schon miteinander bekannt?“
    „Ja. Janes Vormund war Edwards Onkel.
    „Ach ja, der unglückselige Lord Admiral.“
    Ohne es zu wollen, versteifte ich mich ein wenig. „Lady Jane hat ihren Vormund sehr gern gehabt. Aber es gab auch vieles, das sie nicht über ihn wusste.“
    „Ich wollte keinesfalls respektlos sein“, entgegnete Nicholas daraufhin schnell. „Was ihm widerfahren ist, war wirklich bedauernswert.“
    „Das stimmt. Aber ich fürchte, vieles davon hat er sich auch selbst zuzuschreiben gehabt.“
    „Ich … ich mache mir Gedanken um den älteren Edward Seymour. Er besitzt nicht die gleiche Arroganz wie Thomas Seymour, und er ist ausgesprochen beliebt bei den Menschen, aber er scheint im gleichen Dilemma zu stecken wie sein Bruder. Er hat die Gunst und das Wohlwollen des Kronrates Seiner Majestät des Königs verloren.“
    „Aber er ist doch schon vor zwei Monaten wieder aus der Haft im Tower entlassen worden“, hielt ich dem entgegen.
    „Das stimmt zwar, aber er ist nicht wieder als Protektor des jungen Königs eingesetzt worden, und dadurch ist seine Position geschwächt, glaube ich. John Dudley mag ihn nicht besonders.“
    „John Dudley?“
    „Er ist zurzeit ein sehr mächtiger Mann, Miss Day. Der König hört auf ihn.“
    Wir waren inzwischen am Fuß der Treppe angelangt und gingen weiter zum Haupteingang von Bradgate Hall.
    „Und was will John Dudley?“, fragte ich. „Wenn doch der König bereits auf ihn hört, was will er denn dann noch mehr?“
    „Den König für seine eigenen Interessen nutzen, nehme ich an. Er will unbedingt, dass Seine Majestät eine Protestantin heiratet, damit Rom sich nie wieder in die Angelegenheiten der Krone einmischt. John Dudley möchte, dass König Eduard heiratet und schnellstens protestantische Erben hervorbringt, da Prinzessin Maria theoretisch die Nächste in der Thronfolge ist. Wenn Maria auf den Thron käme, würde die katholische Kirche wieder an Einfluss gewinnen, und das will John Dudley auf gar keinen Fall.“
    „Der König wird im Oktober erst vierzehn und wird schon jetzt gedrängt, einen Erben hervorzubringen?“
    „Alles zu gegebener Zeit, da bin ich sicher. Aber dennoch … So heißt es zumindest in Oxford. Seine Majestät war schon immer anfällig für Krankheiten. Das ist beunruhigend für die Protestanten, für diejenigen, die sich gegen Rom stellen. Dudley ist besorgt, dass der Thron wieder katholisch werden könnte.“
    „Wäre das denn so furchtbar, Mr Staverton? Es ist doch derselbe Gott, der von beiden angebetet wird.“
    „Ja, aber es ist ja nicht der Teil, bei dem es um Gott geht, über den sich die Menschen hier uneins sind. Es ist der Teil, bei dem es um die Menschen geht. Und um Macht. Und um die Ausübung von Macht.“
    Wir traten hinaus in den herrlichen Sommermittag. In den Bäumen sangen die Vögel, und die Pferde vor der wartenden Kutsche scharrten ungeduldig mit den Hufen. Eine warme Brise zupfte an meinen Haaren. Ein Page öffnete die Kutschentür für Nicholas und wartete dann.
    „Jetzt habe ich Euch immer noch nicht die Worte des Wiegenliedes diktiert“, sagte ich.
    Nicholas streckte seine Hand aus, und einen Moment später reichte ich ihm meine. Dabei drückte er mir ein Stück Pergament in die Hand.
    „Das ist meine Adresse in Oxford. Vielleicht könnt Ihr mir den Text ja senden, Miss Day?“
    Als ich das Stückchen Pergament entgegennahm, berührten sich unsere Fingerspitzen, und ein Schauer ging mir durch den ganzen Körper. Nicholas nahm meine Hand, verbeugte sich und gab mir einen Handkuss.
    „Ich werde jeden Tag darauf warten, von Euch zu hören, Miss Day.“
    Dann wandte er sich ab, stieg

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