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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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Gesicht inzwischen so rot geworden war wie Janes Kleid, aber ich ließ es einfach geschehen. Was hätte ich denn auch sonst tun sollen? Ich war nicht in der Lage, ihn anzusehen.
    Er legte seine Hand auf die Fensterbank, so nah an meine, dass sich unsere Fingerspitzen beinah berührten.
    „Vielleicht sollte ich dann ebenfalls anfangen zu zählen. Ich bin auch irgendwie unruhig.“
    „Ihr macht Euch über mich lustig“, murmelte ich.
    „Nein, wirklich nicht. Habt Ihr schon einmal versucht, auf Griechisch zu zählen?“
    „Lady Jane hat mich Griechisch noch nicht gelehrt“, entgegnete ich.
    „Ach so, dann war sie es also, die Euch das Zählen auf Latein gelehrt hat? Vielleicht solltet Ihr jemand anderem erlauben, Euch das Zählen auf Griechisch zu lehren.“
    Mein Herzklopfen wurde jetzt wieder heftiger. „Aber wozu denn?“
    „Um absolut gar nichts auf Griechisch zu zählen.“
    Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.
    „Miss Day, darf ich Euch nach meiner Rückkehr nach Oxford schreiben? Und würdet Ihr mir vielleicht sogar die Ehre erweisen, mir zurückzuschreiben? Ihr seid doch noch nicht versprochen oder verlobt, oder? Gehört Euer Herz bereits jemandem?“
    „Nein“, antwortete ich und errötete erneut.
    „Ich würde gerne alles über Euch erfahren, Miss Day.“
    „Ich glaube nicht, dass es da viel zu erzählen gibt, Mr Staverton“, sagte ich und entfernte meine Hand vom Fenster und aus der verwirrenden Nähe seiner Finger. „Ich bin die Tochter eines Herrenschneiders und nähe Kleider für die Tochter des Herzogs von Suffolk.“
    „Und Ihr singt Wiegenlieder“, sagte Mr Staverton.
    „ Ein Wiegenlied“, berichtigte ich ihn.
    „Ihr interessiert Euch für die Menschen, die Gott Euch über den Weg schickt“, fuhr er fort. „Ihr seid höflich zu Fremden und gnädig gegenüber Menschen, die keine Gnade verdient haben. Ihr seid neugierig in Bezug auf die tieferen Dinge, die mit Gott zu tun haben, und Ihr hört zu, wenn andere es nicht tun. Ihr verbreitet keinen Klatsch und redet nicht schlecht über Menschen, die falsche Entscheidungen getroffen haben. Ihr seid geduldig, intelligent und freundlich.“
    „Wer …? Was …?“, aber ich konnte keinen vollständigen Satz formulieren, weil ich so überrascht war.
    „Lady Jane spricht in den höchsten Tönen von Euch“, erklärte Nicholas. „Das habe ich Euch doch bereits gestern Abend gesagt, als ich Euch leider bei Eurem sehr schönen Wiegenlied unterbrochen habe.“
    In diesem Augenblick erinnerte ich mich daran, dass Jane Nicholas ja aufgefordert hatte, seine Feder mitzubringen und ein Stück Pergament, damit ich ihm den Text des Liedes diktieren konnte.
    „Ihr habt die Feder und das Pergament vergessen“, sagte ich deshalb.
    Er schaute auf seine leeren Hände hinunter. „Tatsächlich.“
    „Aber Ihr seid doch zurück ins Schulzimmer gegangen, um beides zu holen.“
    „Ja, das bin ich.“
    „Und?“
    Er lachte. „Und ich hatte Feder und Pergament auch bereits in der Hand, um sie mit ins Musikzimmer zu nehmen, aber dann habe ich mir überlegt, dass es vielleicht klüger wäre, die Sachen zu vergessen, weil dann noch ein weiteres Treffen mit Euch nötig wäre, bevor ich Bradgate wieder verlasse.“
    Nicholas wollte gerade noch etwas hinzufügen, als Jane mit strahlender Miene in den Raum gerauscht kam.
    „Mylady!“, rief ich und fürchtete schon, sie könnte alles gehört haben, auch wenn ich wusste, dass das eigentlich unmöglich war. „Ihr seid ja schon so bald wieder zurück!“
    „Lucy! Es stimmt. Es ist wahr!“
    Sie kam zu mir, ergriff meine Hände und zog mich zur Tür. „Mama sagt, du musst dich sofort um meine Garderobe kümmern. Er kommt schon morgen. Guten Tag, Mr Staverton.“
    „Mylady“, sagte Nicholas und machte – nicht ohne Erheiterung – eine tiefe Verbeugung.
    „Morgen schon?“, fragte ich nach.
    „Ja, ja!“ Sie ließ meine Hände wieder los. „Komm, wir müssen meine Kleider vorbereiten!“
    Jane flog förmlich aus dem Zimmer, und die Schleppe, die ich zuvor getragen hatte, wehte hinter ihr her wie eine Woge auf stürmischer See.
    Ich wandte mich Nicholas zu und machte einen Knicks. „Auf ein andermal, Mr Staverton.“
    Er kam einen Schritt auf mich zu. „Werde ich Euch morgen noch sehen, bevor ich abreise?“
    Ich nickte.
    Er deutete mit dem Kopf in Richtung Tür. Janes Schritte verhallten auf dem Gang. „Was ist wahr?“
    Ich hätte es ihm gern gesagt. Ich

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