Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)
Weg fand. Es befand sich nur drei Blocks von der Schule entfernt und Leonard hatte auf halber Strecke zwischen dem Motel und dem BMSS 007934 geparkt. Er drehte sich schnell um und ging auf den Hauptausgang zu.
„Kann ich Ihnen helfen?“, rief eine strenge Frauenstimme, bevor Leonard an der Tür angelangt war. Irgendetwas an ihrer Stimme erinnerte Leonard an die Pausentante im ABV. Er biss die Zähne zusammen und drehte sich langsam um.
Bleib ganz cool . „Es tut mir leid“, sagte er mit einem falschen Lächeln. „Ich hatte nur nach meiner Tochter gesucht.“
Die Frau starrte ihn finster an. Während sie mit der Hand auf Linda deutete, die gerade dabei war, um die Ecke zu verschwinden, sagte die Schulangestellte: „Wie ich sehe, haben Sie sie gefunden.“
Warum nicht? Es ist eine gute Tarnung, dachte sich Leonard. „Ja. Ich werde Ihnen dann mal nicht weiter auf die Nerven gehen.“ Der Drang einfach loszustürmen und zum Camry Motel zu rennen, hätte seine wankende Selbstbeherrschung beinahe völlig über Bord geworfen.
Die Frau ging schnell mit hochmütigem und entschiedenem Schritt auf Leonard zu. „Genau deshalb erlauben wir es Eltern nicht, während der Unterrichtszeit vorbeizukommen, Mr. äh…“
Er wusste Lindas Nachnamen nicht. Außerdem wurde ihm klar, dass er womöglich noch seinen Ausweis vorzeigen müsste. In der Hoffnung, dass die Frau Linda nicht so genau gesehen hatte oder die Schüler vom Sehen her gar nicht kannte, antwortete er wahrheitsgemäß. „Tramer.“
„Mr. Tramer.“ Sie verschränkte die Arme. „Seien Sie so freundlich und kommen Sie in Zukunft hier nicht mehr vorbei. Sie können ihre Tochter am Straßenrand abholen.“ Ihr zuckersüßes Lächeln widerte Leonard an.
„Natürlich, gnädige Frau“, antwortete er mit einem ebenso einzigartigen wie schönen falschen Lächeln. „Haben Sie denn etwas zu verbergen?“ Die Worte waren ihm aus dem Mund entwischt, bevor er sie zurückhalten konnte. Wie zum Beispiel Sterilisationsmittel im Wasser und getrennter Unterricht?
Die Frau kniff ihre Augen zu kleinen Halbmondschlitzen zusammen. Sie sah Leonard mit Verachtung an. „Gehen Sie. Sofort. Mr. Tramer“, fauchte sie. „Bevor ich die Obrigkeit einschalten muss.“
Er zögerte eine Sekunde, da er in dem Moment liebend gerne seinen Ausweis gezückt hätte. Aber Natalia war im Camry Motel. Und es könnte schon zu spät sein.
„Mit Vergnügen“, sagte er und ging schnell in Richtung Ausgang. Als er die Treppe hinunterlief, läutete die Klingel und signalisierte das Ende der Mittagspause. Leonard ging doppelt so schnell weiter und rannte zum Camry Motel.
Kapitel Vierundzwanzig
Das zweistöckige Motel war alt, hatte dringend einen neuen Anstrich nötig und bestand aus drei Gebäuden, die zusammen ein U–förmiges Bauwerk darstellten. Ein Banner vom Amt für Wohnungswesen und Umsiedlung hing an einer Plakattafel neben dem Bürgersteig und verkündete, dass Zimmer an Personen vergeben wurden, die sich gerade beim Umzug von einer Wohnsiedlung zur nächsten befanden. Leonard betrat das Motelgrundstück und sah sich um. Das Empfangsbüro befand sich am anderen Ende von Gebäude drei, schräg gegenüber der Zimmer 101 und 103.
Leonard rannte quer über den Parkplatz und spähte durch das Fenster von Zimmer 101. Die Gardinen waren offen und ein älteres Paar saß am Kopfteil des Bettes und las. Er eilte zur nächsten Tür. 103. Die Gardinen waren zugezogen und der Fernseher blökte lautstark.
Leonard hämmerte wild gegen die Tür. „Aufmachen“, schrie er. „Natalia, bist du da drin?“
Keine Antwort.
Er schlug nun mit beiden Fäusten auf die Tür ein und schrie: „Verdammt noch mal, lass mich rein.“
„Dad?“, rief eine Stimme von drinnen zögernd.
Leonard trat wütend gegen die Tür, sodass sie schließlich nachgab und aufsprang.
Natalia saß am Fußende des Betts und neben ihr ein durchschnittlich stark gebauter Junge ungefähr ihres Alters. Sie schienen gerade Fernsehen geschaut zu haben, aber nun starrten beide ängstlich den Mann an, der in das Zimmer gestürmt kam. Der Junge stand auf.
Ohne die Situation richtig einzuschätzen, stürmte Leonard los und schlug dem Jungen direkt ins Gesicht, sodass dieser zurücktaumelte. Der Teenager fiel hart zu Boden und stieß dabei mit der Schulter gegen den Nachttisch.
„Dad, hör auf!“, schrie Natalia.
Der Junge, vermutlich Dishi, versuchte aufzustehen. Bevor er sich jedoch wieder vollständig aufrichten konnte,
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