Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)
Zeitpunkt, darüber zu reden.“
„Jetzt gerade haben wir alle Zeit der Welt.“
„Sie haben mich etwas härter rangenommen. Die gute Nachricht ist, dass sie nichts über uns zu wissen schienen. Außerdem“, fügte er begeistert hinzu, „haben sie erwähnt, dass unsere Ortungssender nicht mehr funktionieren. Ein Typ hatte sogar die Theorie, dass wir in Wirklichkeit nie welche hatten.“
„Natürlich funktionieren die Sender nicht mehr. War das nicht der Sinn der ganzen MRT–Aktion?“
„Ich war nie wirklich überzeugt davon, dass es funktioniert hatte, bis ich sie darüber reden hörte.“
„Oh“, erwiderte Natalia und sah ihn misstrauisch an. „Du musst mich in all diese kleinen Geheimnisse einweihen, damit sie mich nicht mehr so unvorbereitet treffen.“
„Natürlich, natürlich, natürlich. Jetzt, wo wir unterwegs sind, werde ich ganz offen und ehrlich zu dir sein.“
„Das will ich hoffen.“
Plötzlich erinnerte sich Leonard an etwas. „Alles Gute zum Geburtstag“, rief er und umarmte seine Tochter.
„Oh Gott. Das hatte ich total vergessen.“
„Lass uns zur Feier des Tages ein Verpflegungspaket frühstücken und dann aufbrechen.“ Leonard entschied, dass sie an ihrem Geburtstag ein Verpflegungspaket für sich alleine verdient hatte. Abgesehen davon, wie weit würden sie schon kommen, wenn sie hungrig waren?
Natalia verzog das Gesicht, aber sie folgte ihm zurück zu den Bäumen. Während sie die EPas durchsah, um das am wenigsten eklig klingende Menü zu finden, rieb Leonard sich und seine Tochter an den freiliegenden Körperstellen mit Sonnencreme ein. Sie wand sich protestierend hin und her.
„Wir reden hier nicht von einer Stunde am Pool rumliegen“, sagte er. „Wir werden den ganzen Tag in der Sonne verbringen, in dreitausend, vielleicht dreieinhalbtausend Metern Höhe.“
„Schon gut, schon gut.“
Nachdem er sein Gesicht und seine Arme eingerieben hatte, las Leonard die Anweisungen auf dem Wasseraufbereitungspaket und füllte den Inhalt vorsichtig in die Flasche ohne Banderole.
Sie waren gerade dabei, ihre geringelte Pasta mit Hähnchenstückchen aufzuessen, als Leonard ein noch schwaches, aber bekanntes pochendes Geräusch hörte. Er stand hastig auf und neigte den Kopf zur Seite.
„Was ist los?“, fragte Natalia mit leicht ängstlicher Stimme.
„Hubschrauber.“
Natalia riss entsetzt die Augen auf.
Leonard neigte den Kopf zur anderen Seite. „Ich glaube, sie sind noch sehr weit weg.“
Das Geräusch kam und ging in Wogen.
Wie weit können sie wohl weg sein, wenn ich sie schon hören kann? , fragte sich Leonard. Höchstens ein paar Kilometer . Er betrachtete die kahle Bergwand im Südwesten und ihn verließ der Mut.
„Wir sollten warten, Nat. Hier im Schutz der Bäume.“
Sie nickte.
Sie bauten sich ein Zelt, indem sie die dunkelgrünen Schlafsäcke zwischen zwei Bäume spannten. Die Kapuzenpullis dienten an einer Seite als Eingang. Obwohl eng und stickig, bot ihnen das Zelt wunderbaren Schutz.
Innerhalb von weniger als zwanzig Minuten wurde das dröhnende Pulsieren der Hubschrauber immer lauter. Es war schwer auszumachen, wie viele Helikopter sie verfolgten. Mindestens zwei. Nach einer Weile schienen sich die Hubschrauber direkt über ihnen zu befinden, obwohl sie das widerhallende Pochen der Schallwellen täuschen konnte. Leonard lobte sich selbst für die Entscheidung zu bleiben, wo sie waren. Das laute Pochen blieb für eine gefühlte Ewigkeit in ihrer Nähe und schien zudem in wahllosen Abständen zu verschwinden und wieder aufzutauchen. Leonard betete, dass ihre improvisierte Tarnung die Piloten ausreichend täuschte.
Die Hitze in dem Zelt wurde unerträglich, während die Sonne langsam an ihren höchsten Punkt wanderte. Natalia sah so aus, als ob sie jeden Moment bewusstlos werden würde, aber sie weigerte sich, nach Wasser zu fragen. Leonard brachte sie dazu, den Rest Wasser aus der Originalflasche zu trinken. Er hatte vor, sie vor ihrem Aufbruch wieder aufzufüllen.
Das dröhnende Pulsieren ließ langsam nach, die Lautstärke variierte zwar immer noch, aber das Geräusch war eindeutig weiter weg und bewegte sich hoffentlich zurück Richtung Klinik. Leonard nahm die Kapuzenpullis von dem Eingang und erlaubte einer kleinen Brise in das Zelt zu kriechen, sie genügte jedoch nicht, um die verbrauchte Luft aufzufrischen, die sie den gesamten Vormittag über eingeatmet hatten.
Nachdem es schon seit etwa einer halben Stunde ruhig gewesen war, wagte
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