Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
Vom Netzwerk:
wir sie ja dann doch unter Kontrolle bekommen.“

    „Zum Glück waren die Proteste schon vorbei, als die CARS–Epidemie das Land überraschte.“
    „Hörst du mir überhaupt zu, Leonard?“ Alina rüttelte ihn an den Schultern. „Bitte, hör mir zu.“
    Leonard schnappte sich die Fernbedienung und wechselte den Sender. Eine weitere Sendung über Stehlen war zu sehen. Dieselben Männer moderierten das Ganze. Gut möglich, dass es ebenfalls Eric Stehlen, ein Mann mit einer Vision war, nur an einer anderen Stelle der Dokumentation. Leonard zappte durch mehrere Sender und auf jedem Kanal begegneten ihm die beiden nervtötenden Gastgeber.
    „Was ist denn das für ein Scheiß?“, flüsterte er hitzig. „Von der Regierung gesponsertes Fernsehen?“
    „Was glaubst du denn? Der Staat übernahm nach und nach alle Medien… und einige Nachrichtenkanäle überstanden diese Zeit mysteriöserweise nicht. Irgendetwas lief schief, als sie versuchten, ihre Fernsehgenehmigungen zu erneuern.“ Sie lachte spöttisch. „Es war so offensichtlich.“
    Schließlich fand Leonard endlich eine Natursendung. Die besänftigende Musik war weniger störend als der Stehlen Schwachsinn. Er entspannte sich schließlich etwas und konzentrierte sich auf seine Frau. „Tut mir leid. Bitte fang noch mal von vorne an.“
    Alina nahm tief Luft. Systematisch begann sie, ihre Geschichte darzulegen. „Ich habe heute einige pränatale CARS–Tests gemacht—“
    „Ich dachte, das machst du—“
    „Sie waren alle positiv“, redete sie weiter und ignorierte ihn.
    „Das tut mir so leid—“
    „Sei still, Leonard. Sei einfach still.“
    Leonard hob resignierend die Hände.
    Alina warf ihm einen letzten, zur Stille ermahnenden Blick zu und fuhr dann fort. „Da war diese junge Frau. Sie zitterte vor Angst, strahlte jedoch gleichzeitig voller Hoffnung.“
    Leonard wollte etwas einwerfen, aber er presste seine Lippen zusammen.
    „Wir ließen sie eine Stunde lang warten, bevor ich ihr die Testresultate mitteilte. Sie saß gehorsam auf dem Untersuchungstisch. Als ich ihr das Ergebnis sagte, brach sie in Tränen aus.“ Alina bewegte sich unbehaglich hin und her, als ob sie Schmerzen hätte. „Sie weinte aber nicht nur. Damit rechnet man. Sie fing an zu schreien… absolut hysterisch. ‚Das ist nicht wahr‘, rief sie. ‚Ihr lügt.‘“
    Leonard nahm Alinas Hand.
    „Ich berührte sie sanft und erklärte ihr, dass sie die Schwangerschaft sofort beenden müsse.“ Alina legte den Kopf in ihre Hand. „Die junge Frau schüttelte gewaltsam ihre Schultern und stieß mich von sich weg, als ich versuchte, sie aus dem Raum zu begleiten.“
    Leonard neigte seinen Kopf zur Seite und starrte seine Frau voll Mitgefühl an.
    „Sie schrie: ‚Das ist nicht wahr. Das ist alles Betrug.‘ Zwei Sicherheitsmänner kamen in den Raum. Sie packten sie an den Armen. Sie trat wütend um sich, wie ein wild gewordenes Tier. ‚Das ist Betrug. Eine Lüge!‘“
    Zu diesem Zeitpunkt schluchzte Alina bereits heftig. Ihre Worte zitterten zwischen dem beständigen Luftschnappen und dem vergeblichen Flüstern. „Sie… die Sicherheitsmänner schleiften sie aus dem Raum… sie trat um sich. Sie kämpfte gegen sie an und ihr Schreien hallte durch den Korridor.“ Alina atmete tief ein. „Ich lief in den Flur und verabreichte ihr eine Spritze mit einem Beruhigungsmittel. Es dauerte eine Minute und dann, Stille. Ihr Kopf fiel leblos nach vorne. Die Sicherheitsmänner legten sie vorsichtig auf eine Krankenbahre. Dann kamen zwei Krankenschwestern und schoben sie davon.“
    „Oh, Alina.“
    „Ich hab sie ruhiggestellt, Leonard. Mit meinen eigenen Händen habe ich die Frau ruhiggestellt.“
    „Du hast getan, was du tun musstest.“
    „Nein! Du verstehst nicht.“
    „Es war zu ihrer eigenen Sicherheit. Sie hätte sich selbst oder jemand anderen verletzen können.“
    „Nein, nein, nein.“
    „Alina, bitte—“
    „Sie hatte recht.“
    „Hä?“
    „Ich weiß nicht, wie sie davon wusste, aber sie hatte recht. Es ist alles eine Lüge.“
    Leonard runzelte die Stirn, ließ Alinas Hand los und lehnte sich von ihr weg. „Du hast ein falsches positives Ergebnis mitgeteilt?“
    „Es sind alles falsche positive Ergebnisse, Leonard.“
    „Ich verstehe nicht.“
    „Es ist Betrug.“
    „Was? Die Tests?“
    „Die ganze Geschichte.“
    „Das ergibt alles keinen Sinn“, entgegnete er verzweifelt.
    „So etwas wie CARS gibt es gar nicht!“
    „Was willst du damit sagen? Dass sie

Weitere Kostenlose Bücher