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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
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Tirade von Samstagabend ersparen. „Lass uns hintenrum gehen und nachsehen, was los ist. Versuch im Schatten zu bleiben.“ Er zog sie an die Seite. „Pass auf, dass er dich nicht sieht.“
    Alina und Leonard öffneten das hintere Tor so vorsichtig wie möglich und schlichen sich in den Hinterhof, wo sie sich hinter einer Eiche versteckten. Von diesem Beobachtungspunkt konnten sie ziemlich gut erkennen, wie Garrett und Natalia neben den Büschen standen. Natalia schien noch panischer zu sein als beim Abendessen. Garrett stand mit dem Rücken zu Leonard und Alina und hielt eine kleine Plastiktüte in seiner rechten Hand.
    „Verdammt, Natalia“, schrie Garrett. „Ich kann nicht glauben, dass du uns wirklich so verraten würdest.“ Er warf mit der Tüte nach dem verängstigten Mädchen und traf sie direkt im Gesicht.
    Natalia schrie und sank zu Boden. „Lass mich in Ruhe.“ Sie warf die Tüte wie einen dreckigen Lappen zur Seite.
    „Meine Schwester. Meine eigene Schwester. Macht einen auf Einzelkämpferin. Hast du gedacht, du könntest das für immer verheimlichen?“
    „Verschwinde.“
    „Es ist deine Pflicht, Natalia. Zeigst du so etwa deine Dankbarkeit gegenüber der Brigade?“
    Natalia machte sich nun nicht mehr klein und starrte ihren Bruder völlig fassungslos an. „Meine Dankbarkeit? Für was?“ Sie stand langsam auf und ballte dabei die Fäuste.
    „Wir erschaffen hier eine völlig neue Welt“, sagte er voller Leidenschaft. „Wir sind die Verwalter der Neuen Richtung. Das ist eine Ehre. Du…“ Er wurde leiser und biss die Zähne zusammen, während er sagte: „Du bist eine Verräterin.“
    Natalia sprach mit ruhiger Stimme und versuchte zu verbergen, dass sie deutlich eingeschüchtert war. „Ich hab mich nicht dafür gemeldet, eine völlig neue Welt zu schaffen, Garrett. Ich hab mich für gar nichts gemeldet. Du bist besessen von der Brigade, nicht ich. Ich wollte damit nie etwas zu tun haben.“
    Er spuckte neben ihr auf den Boden. „Warum muss ausgerechnet mir das passieren? Meine eigene Schwester ist eine Einzelkämpferin. Und die Person, die du deine Mutter nennst, ist eine Gegenrevolutionärin, da bin ich mir sicher. Ich habe die Wächter schon einige Male benachrichtigt—“
    „Du hast Mom gemeldet?“
    „Es ist meine Pflicht, verdächtiges Verhalten zu melden“, sagte er eingeschnappt. „Nur haben mich diese Vollidioten nicht ernst genommen. Sie denken, ich bin einfach nur ein Teenager auf Rachefeldzug.“
    Der Informant ist ein Familienangehöriger des Subjekts, in Bezug auf die Aussagen besteht daher Interessenkonflikt.
    „Ich bin so glücklich, dass ich in die KASEDU Wohnsiedlung 513 ziehe. Was für eine Erleichterung, euch alle endlich los zu sein.“
    Natalia verschränkte die Arme. „Dann geh doch endlich.“
    Garrett lachte in sich hinein – es war ein tiefes, unheimliches Lachen. Er ging einige Schritte auf Natalia zu und umschloss mit einer schnellen, drohenden Bewegung ihre Wange. Sie riss die Augen weit auf und ihr Selbstvertrauen wich dem bekannten Ausdruck von Panik.
    „Nicht so schnell. Ich habe dich schon verpflichtet.“
    „Du kannst mich nicht verpflichten.“
    Er schlug ihr ins Gesicht. „Ich kann machen, was immer ich will. Du bist eine L–5. Eine bestätigte L–5. Er ist ein L–4. Ist dir überhaupt klar, wie selten du bist?“, sagte er sanft, während er sie beinahe inzestuös anfasste. Die Feindseligkeit in seiner Stimme war fast vollständig verschwunden, Natalia schreckte jedoch trotzdem zurück und ging einen Schritt nach hinten.
    Er redete weiter auf sie ein. „Die Brigade wird nicht zulassen, dass du dich dieser Verpflichtung entziehst.“
    „Dann kümmer dich um deine eigene Verpflichtung. Du bist auch ein L–5.“
    „Ich hab deine Freundin schon flachgelegt. Sie melden sich bei mir, sobald ich wieder behilflich sein kann.“
    Natalia verzog das Gesicht und sah auf den Boden. „Lass mich einfach in Ruhe und verschwinde.“
    „Du willst doch nicht etwa in der Unterrichtsklasse von den Inzuchtlern landen, oder?“
    „Das wäre mir lieber.“
    „So wie’s aussieht, bist du in Politik durchgefallen.“
    „Genau genommen hab ich in dem Fach nur Einsen“, erwiderte sie selbstgefällig.
    „Und wetteifern tust du auch noch. Du widerst mich wirklich an.“
    „Ich könnte dasselbe sagen.“
    „Sei um 16:00 Uhr am Freitag da. Du weißt, wo.“
    „Du kannst mich nicht dazu zwingen.“ Ihre Stimme ließ Zweifel erkennen.
    Garrett verlor

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