Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
Vom Netzwerk:
Beauvoir verdrossen an. »Alles, was recht ist, das ist der schwachsinnigste Plan, den ich seit langem gehört habe.«

    »Ja, Beauvoir«, warf Bobby ein, »warum kriechen wir nicht einfach den Abzugsschacht hoch, schleichen uns übers Dach und gehn aufs Nachbargebäude rüber? Mit der Leine, mit der du rübergekommen bist.«
    »Das Dach wimmelt von Kasuals wie’n Haufen Scheiße von Fliegen«, sagte Beauvoir. »Vielleicht war der eine oder andere von denen sogar schlau genug, den Deckel zu finden, durch den ich rein bin. Ich hab unterwegs ein paar Babysplitterminen zurückgelassen.« Er grinste freudlos. »Abgesehen davon ist das Nachbargebäude höher. Ich musste drüben aufs Dach steigen und die Monomol-Leine auf das Haus hier runterschießen. Und an einer Monomolekularfaser kann man sich nicht hochhangeln – da fallen einem die Finger ab.«
    »Wie haste denn gedacht, dass du hier wieder rauskommen würdest, verdammt nochmal?«, fragte Bobby.
    »Lass gut sein, Bobby«, sagte Jackie ruhig. »Beauvoir hat getan, was er tun musste. Jetzt ist er hier bei uns, und wir sind bewaffnet.«
    »Bobby«, sagte Beauvoir, »wiederhol doch den Plan noch mal, damit wir ihn auch wirklich alle kapieren …«
    Bobby hatte zwar das unangenehme Gefühl, dass Beauvoir nur wissen wollte, ob er den Plan auch wirklich kapiert hatte, doch er lehnte sich an den Tresen und begann: »Wir bewaffnen uns alle bis an die Zähne und warten, okay? Jammer und ich, wir gehn mit dem Deck raus und sehn uns in der Matrix um. Vielleicht finden wir einen Hinweis, was hier läuft …«
    »Ich glaube, das schaff ich auch alleine«, sagte Jammer.
    »Scheiße!« Bobby stieß sich vom Tresen ab. »Beauvoir hat’s gesagt! Ich will mit, ich will auch rein! Wie soll ich denn sonst je was lernen ?«
    »Schon gut, Bobby«, sagte Jackie. »Weiter.«
    »Okay«, sagte Bobby beleidigt. »Also, früher oder später werden die Typen, die die Gothicks und Kasuals als Bewacher
angeheuert haben, uns holen kommen. Wenn sie das tun, schnappen wir sie uns. Mindestens einen von denen kriegen wir lebend. Gleichzeitig brechen wir aus, und weil die Gothicks und so nicht mit so viel Feuerkraft rechnen, kommen wir zur Straße durch, und dann geht’s ab in die Projects.«
    »Ich glaube, das ist es im Wesentlichen«, meinte Jammer und ging langsam zu der verschlossenen Tür mit den zugezogenen Vorhängen hinüber. »So kann man’s ungefähr zusammenfassen.« Er drückte den Daumen auf eine codierte Türöffnerplatte und zog die Tür halb auf. »He, du da!«, brüllte er. »Nicht du! Der mit dem Hut! Komm mal her. Ich will mit dir …«
    Der bleistiftdünne rote Strahl ging durch Tür, Vorhang und zwei von Jammers Fingern und wischte über den Tresen hinweg. Eine Flasche explodierte, und der Inhalt stieg in einer Wolke aus Wasserdampf und verdunsteten Estern nach oben. Jammer ließ die Tür zufallen, starrte auf seine verstümmelte Hand und setzte sich unsanft auf den Teppich. Der Club füllte sich mit dem weihnachtlichen Duft von heißem Gin. Beauvoir nahm eine silberne Sodaflasche vom Tresen und besprühte den schwelenden Vorhang mit Selterwasser, bis die CO 2 -Patrone leer war und der Strahl nachließ. »Du hast Glück, Bobby«, sagte er und warf die Flasche über die Schulter, »denn Bruder Jammer hackt auf keinem Deck mehr rum …«
    Jackie kniete sich hin, besah sich Jammers Hand und schnalzte ungläubig mit der Zunge. Bobby erhaschte einen kurzen Blick auf kauterisiertes Fleisch und schaute rasch wieder weg.

26
    Wig
    »Weißt du«, sagte Rez, die kopfüber vor Marly hing, »es geht mich zwar rein gar nichts an, aber wartet da vielleicht jemand auf dich, wenn wir ankommen? Also, ich bring dich hin, klarer Fall, und wenn du nicht reinkommst, bring ich dich wieder zum JAL-Terminal zurück. Aber wenn dich niemand reinlässt, will ich auch nicht ewig da rumhängen. Das Ding ist Schrott, und in den Wracks hier draußen hausen manchmal ziemlich komische Gestalten.« Rez – oder Therèse, wie Marly dem laminierten Flugschein über dem Steuerpult der Sweet Jane entnahm – hatte für die Dauer des Fluges ihre Arbeitsweste aus Segeltuch ausgezogen.
    Benebelt von den in allen Regenbogenfarben leuchtenden Derms, die Rez ihr als Mittel gegen die Brechanfälle des Space-Adaptationssyndroms aufs Handgelenk geklebt hatte, starrte Marly auf die tätowierte Rose. Sie war in einem jahrhundertealten japanischen Stil gearbeitet, und Marly entschied benommen, dass sie ihr gefiel. Sie fand auch

Weitere Kostenlose Bücher