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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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ich meine, um hier drin
rumzulaufen, also es ist’ne kleine Weltreise … Allerdings wird er wohl kaum irgendwo hingehen. Ich kann Ihnen aber nicht versprechen, dass er’nen Kasten für Sie macht. Arbeiten Sie wirklich für Virek? Diesen sagenhaft reichen alten Sack aus dem Fernsehen? Ist’n Kraut, was?«
    »Ich habe für ihn gearbeitet, ja«, sagte sie, »aber nur ein paar Tage. Und was seine Nationalität angeht, würde ich sagen, Herr Virek ist der einzige Bürger einer Nation, die aus Herrn Virek besteht.«
    »Verstehe«, sagte Jones munter. »Immer dasselbe mit diesen reichen alten Säcken, glaub ich, obwohl sie immer noch amüsanter sind als so’ne blöde Zaibatsu … Man wird nicht erleben, dass eine Zaibatsu ein hässliches Ende nimmt, was? Der alte Ashpool dagegen, der das alles hier aufgebaut hat – übrigens ein Landsmann von mir -, dem soll angeblich die eigene Tochter den Hals aufgeschlitzt haben, und jetzt ist sie genauso plemplem wie der alte Lud und hockt irgendwo im Familienschloss. Der Laden hier hat seinerzeit dazugehört, wissen Sie.«
    »Rez … meine Pilotin, meine ich, hat auch so was gesagt. Und eine Freundin von mir aus Paris hat neulich von den Tessier-Ashpools geredet. Ist der Clan in der Krise?«
    »In der Krise? O Gott! Total im Arsch trifft’s schon eher. Überlegen Sie mal: Sie und ich, wir kriechen gerade durch das ehemalige Datenzentrum ihres Imperiums. Ein Bauunternehmer aus Pakistan hat das Ding gekauft – der Rumpf ist intakt, und in den Schaltungen steckt’n hübscher Batzen Gold. Ist aber nicht so billig, das Gold rauszuholen, wie manche das vielleicht gern hätten … Seitdem hängt das Ding hier oben, und nur der alte Lud hat ihm Gesellschaft geleistet. Mutterseelenallein. Das heißt, bis ich gekommen bin. Irgendwann werden wohl die Crews aus Pakistan auftauchen und das Ding auseinandernehmen. Ist aber schon komisch, wie viel hier
offenbar noch funktioniert, zumindest zeitweise. Dabei hab ich gehört, dass T-A den Kern gelöscht hat, bevor sie hier die Schotten dichtgemacht haben. Deshalb bin ich überhaupt nur hergekommen.«
    »Aber Sie meinen, er ist noch intakt?«
    »O ja. Ungefähr genauso wie Lud, wenn man das als intakt bezeichnen kann. Was glauben Sie, wer der Kastenmacher ist?«
    »Was wissen Sie über Maas Biolabs?«
    »Mars was?«
    »Maas. Die stellen Biochips her.«
    »Ach die. Also, mehr weiß ich auch nicht über die.«
    »Redet Ludgate von ihnen?«
    »Vielleicht. Kann ich nicht sagen, denn so genau hör ich nicht zu. Lud redet viel, wenn der Tag lang ist.«

27
    Stationen des Atems
    Er brachte sie über Alleen herein, die von Bergen rostender Fahrzeugwracks, den Kränen der Schrottverwerter und den schwarzen Schloten der Schmelzhütten gesäumt waren, arbeitete sich auf Nebenstraßen vorsichtig in die westliche Flanke des Sprawls vor, jagte das Hover schließlich durch eine Ziegelschlucht, dass die gepanzerten Seiten Funken schlugen, und trieb es mit Wucht in eine Wand aus rußigem, komprimiertem Müll. Eine Unratlawine kam herunter und verschüttete das Fahrzeug zum großen Teil. Er ließ das Steuer los und betrachtete die Schaumstoffwürfel, die hin und her und vor und zurück schaukelten. Die Tankanzeige stand schon seit zwölf Blocks auf leer.
    »Was ist denn vorhin passiert?«, fragte sie. Im Schein der Armaturenbeleuchtung waren ihre Wangen grün.

    »Ich hab einen Hubschrauber abgeschossen. Weitgehend ein Zufallstreffer. Wir hatten Glück.«
    »Nein, ich meine danach. Ich war … ich hatte einen Traum.«
    »Was hast du geträumt?«
    »Von den großen Dingern, die sich bewegen …«
    »Du hattest so was wie einen Anfall.«
    »Bin ich krank? Glaubst du, ich bin krank? Warum wollte mich die Firma umbringen?«
    »Ich glaub nicht, dass du krank bist.«
    Sie schnallte sich los und kletterte über den Sitz nach hinten, wo sie geschlafen hatten. Dort kauerte sie sich zusammen. »Es war ein schlimmer Traum.« Sie begann zu zittern. Er schlüpfte aus dem Gurtwerk und ging zu ihr, drückte ihren Kopf an seine Brust und streichelte ihr über die Haare, glättete die verfilzten Strähnen auf dem zarten Schädel und strich sie ihr hinter die Ohren. Im grünen Schein wirkte ihr Gesicht wie ein Ding, das man aus Träumen heraufgeholt und dann achtlos weggeworfen hatte; glatt und dünn spannte sich die Haut über den Knochen. Der Reißverschluss des schwarzen Sweatshirts stand halb offen, und Turner ließ eine Fingerkuppe sachte über ihr fragiles Schlüsselbein

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