Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
Vom Netzwerk:
schwarzen Kaffee aus. Einen Moment lang glaubte er zu spüren, wie das ganze Sprawl atmete, über sämtliche Stationen von Boston bis Atlanta hinweg, und der Atem war alt, krank und müde.

28
    Jaylene Slide
    »Mein Gott«, sagte Bobby zu Jackie, »kannste das nicht verbinden oder so?« Jammers Brandwunde erfüllte das Büro mit einem Geruch wie von übergarem Schweinebraten, bei dem sich Bobby der Magen umdrehte.
    »Eine Brandwunde verbindet man nicht«, erwiderte sie und half Jammer, sich in seinen Sessel zu setzen. Sie zog eine Schreibtischschublade nach der anderen auf. »Haste keine Schmerzmittel da? Derms? Irgendwas?«
    Jammer schüttelte den Kopf. Sein langes Gesicht war schlaff und blass. »Vielleicht. Hinterm Tresen ist’n Verbandskasten …«
    »Hol ihn her«, fauchte Jackie. »Mach schon!«
    »Was biste denn so besorgt um ihn?«, begann Bobby, gekränkt von ihrem Ton. »Immerhin wollte er die Gothicks hier reinlassen.«
    »Hol den Verbandskasten, du Arschloch! War’ne momentane Schwäche, mehr nicht. Er hatte Schiss. Hol mir den Kasten, oder du brauchst ihn gleich selber!«
    Bobby lief in den Club hinaus und sah, wie Beauvoir pinkfarbene Plastiksprengstoffwürstchen mit einem gelben Plastikkasten verdrahtete, der Ähnlichkeit mit der Fernsteuerung eines Spielzeuglasters hatte. Die Würstchen waren an den Türangeln und an beiden Seiten des Schlosses angebracht.
    »Wofür ist das denn?«, fragte Bobby, während er über den Tresen kletterte.

    »Könnte sein, dass jemand rein will«, sagte Beauvoir. »In dem Fall machen wir ihnen die Tür auf.«
    Bobby hielt kurz inne, um das Kunstwerk zu bewundern. »Warum klebste das Zeug nicht einfach ans Glas, so dass die ganze Tür rausfliegt?«
    »Wäre zu offensichtlich.« Beauvoir richtete sich mit dem gelben Zünder in der Hand auf. »Aber es freut mich, dass du mitdenkst. Wenn wir die ganze Tür raussprengen, fliegen die Trümmer auch hier rein. So ist es … sauberer.«
    Bobby bückte sich achselzuckend unter den Tresen. Da waren Drahtgittergestelle mit Krillwaffeln in Plastikbeuteln, einem Sortiment liegengebliebener Regenschirme, einem umfangreichen Wörterbuch, einem blauen Damenschuh, einer weißen Kunststoffbox, auf die mit Nagellack ein verlaufenes rotes Kreuz aufgepinselt war … Er griff sich die Box und kletterte wieder über den Tresen.
    »He, Jackie …«, begann er und stellte die Erste-Hilfe-Box neben Jammers Deck.
    »Lass mich in Ruhe.« Sie klappte den Deckel auf und durchwühlte den Inhalt. »Jammer, da sind mehr Poppers drin als sonst was.«
    Jammer lächelte matt.
    »Hier. Das wird’s tun.« Sie entrollte einen Bogen mit roten Derms, zog drei davon von der Unterlage ab und klebte sie auf den Rücken der verbrannten Hand. »Eigentlich brauchtest du’ne örtliche Betäubung.«
    »Ich hab nachgedacht«, sagte Jammer mit einem Blick auf Bobby. »Vielleicht kannste jetzt’n bisschen Zeit am Gerät machen …«
    »Wieso?«, fragte Bobby mit einem Blick zum Deck.
    »Steht zu vermuten«, sagte Jammer, »dass die Leute, die das Wichserpack da draußen zusammengetrommelt haben, auch die Telefone angezapft haben.«

    Bobby nickte. Beauvoir hatte das Gleiche gesagt, als er ihnen seinen Plan dargelegt hatte.
    »Als Beauvoir und ich beschlossen haben, dass wir beide – du und ich – mal in die Matrix gehen und uns ein bisschen umsehen könnten, hatte ich eigentlich was anderes im Sinn.« Jammer zeigte Bobby das komplette Panorama seiner kleinen weißen Zähne. »Weißt du, ich bin in die Sache reingeraten, weil ich Beauvoir und Lucas einen Gefallen schuldete. Aber es gibt auch Leute, die mir’nen Gefallen schulden, und zwar schon seit ewigen Zeiten. Gefallen, die ich nie einzufordern brauchte.«
    »Jammer«, sagte Jackie, »immer mit der Ruhe. Ganz cool bleiben, ja? Sonst kriegste noch’nen Schock.«
    »Hast du’n gutes Gedächtnis, Bobby? Ich zeig dir jetzt’ne Sequenz. Die übste auf meinem Deck ein, ohne Saft und ohne Troden. Okay?«
    Bobby nickte.
    »Also, geh das ein paarmal als Probelauf durch. Zugangscode. Damit kommst du zur Hintertür rein.«
    »Wessen Hintertür?« Bobby drehte das schwarze Deck zu sich herum und hielt die Finger über die Tasten.
    »Die der Yakuza«, sagte Jammer.
    Jackie starrte ihn an. »He, was hast du …«
    »Wie gesagt, ein alter Gefallen. Ihr kennt ja den Spruch: Die Yakuza vergessen nie. Das gilt in jeder Beziehung …«
    Ein Hauch von verbranntem Fleisch stieg Bobby in die Nase, und er verzog das

Weitere Kostenlose Bücher