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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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bis er verschwunden war – anscheinend war er die stehende Rolltreppe hinuntergegangen -, zog dann die Tür zu und schloss wieder ab. Den Blick von der Bühne abgewandt, durchquerte er den Club und warf einen Blick in Jammers Büro. Angie weinte an Beauvoirs Schulter, und Bobby verspürte zu seiner Verblüffung einen Stich Eifersucht. Das Telefon hinter Beauvoir war eingeschaltet, Bobby sah, dass der Nachrichtenüberblick lief.
    »Bobby«, sagte Beauvoir, »Angela kommt mit in die Projects. Sie bleibt vorerst bei uns. Willst du mitkommen?«

    Auf dem Bildschirm des Telefons hinter Beauvoir erschien das Gesicht von Marsha Newmark, Marsha-Mama, seiner Mutter. »… lichen Schicksal des Tages: Wie die Polizei meldet, stellte eine Frau aus einem Vorort von New Jersey bei ihrer gestrigen Rückkehr zu ihrem Entsetzen fest, dass ihre Wohnung von einer Bombe getroffen …«
    »Ja«, sagte Bobby schnell, »klar, Mann.«

35
    Tally Isham
    »Sie ist gut«, sagte der Regisseur zwei Jahre später und tunkte braune Bauernbrotkruste in die Öllache auf dem Grund seiner Salatschüssel. »Sehr gut sogar. Begreift schnell. Das muss man ihr lassen, wie?«
    Der Star lachte und griff nach dem Glas mit dem eiskalten Retsina. »Du hasst sie, stimmt’s, Roberts? Für deinen Geschmack zu oft auf die Füße gefallen, hm? Hat noch keinen Fehler gemacht.«
    Sie lehnten an dem rauen Steinbalkon und sahen dem Abendschiff nach Athen nach, das gerade auslief. Zwei Dächer weiter unten Richtung Hafen lag das Mädchen nackt und mit ausgebreiteten Armen auf einem sonnenerwärmten Wasserbett, als wollte sie das letzte bisschen Sonne umfangen.
    Er steckte die ölige Kruste in den Mund und leckte sich die schmalen Lippen. »Aber nein«, sagte er. »Ich hasse sie nicht. Das darfst du nicht denken!«
    »Ihr Freund«, sagte Tally, als eine zweite, männliche Gestalt unten auf dem Flachdach erschien. Der Junge hatte dunkles Haar und trug legere, unauffällig-teure französische Sportkleidung. Er ging zum Wasserbett, setzte sich neben das Mädchen und streckte die Hand nach ihr aus. »Sie ist wunderschön, Roberts, nicht?«

    »Na ja«, sagte der Regisseur, »ich hab ihr früheres Ich gesehen. Alles plastische Chirurgie.« Er zuckte mit den Achseln. Sein Blick ruhte immer noch auf dem Jungen.
    »Falls du mein ›früheres Ich‹ gesehen hast«, sagte sie, »werden Köpfe rollen. Aber sie hat was. Gute Knochen …« Sie nippte an ihrem Weinglas. »Ist sie’s? Die neue Tally Isham?«
    Er zuckte erneut mit den Achseln. »Schau dir das kleine Arschloch an«, sagte er. »Weißt du, dass der jetzt fast so viel verdient wie ich? Und wofür eigentlich? Als Bodyguard …« Er verzog verdrossen den schmalen Mund.
    »Er macht sie happy.« Tally lächelte. »Wir haben sie als Paket engagiert. Ist eine Zusatzklausel in ihrem Vertrag. Das weißt du doch.«
    »Ich kann dieses Bürschchen nicht ausstehen. Er kommt direkt aus der Gosse, und das weiß er auch, aber es kümmert ihn einen Dreck. Abschaum ist der. Weißt du, was er in seinem Gepäck mit sich rumschleppt? Ein Cyberspace-Deck! Gestern an der türkischen Grenze haben sie uns drei Stunden aufgehalten, als sie das verdammte Ding entdeckt haben.« Er schüttelte den Kopf.
    Der Junge stand jetzt auf, drehte sich um und ging zum Rand des Dachs. Das Mädchen setzte sich auf, sah ihm nach und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Er blieb eine ganze Weile dort stehen und schaute dem Kielwasser der Athener Schiffe nach. Weder Tally Isham noch der Regisseur oder Angie ahnten, dass er ein graues Meer von Barrytown-Wohnungen sah, das gegen die dunklen Türme der Projects aufbrandete.
    Das Mädchen stand auf, ging übers Dach zu ihm und nahm seine Hand.
    »Was haben wir morgen?«, fragte Tally schließlich.
    »Paris«, sagte er, nahm sein Hermes-Clipboard von der steinernen Balustrade und blätterte automatisch den dünnen Stapel gelber Computerausdrucke durch. »Diese Kruschkowa.«

    »Kenn ich die?«
    »Nein«, sagte er. »Ist ein Spot über Kunst. Die Kruschkowa hat eine der zwei angesagtesten Pariser Galerien. Gibt nicht viel her, die Frau, außer dass sie wohl früher mal in einen kleinen Skandal verwickelt war.«
    Tally Isham nickte, ohne ihm zuzuhören, und sah zu, wie ihre zweite Besetzung den Arm um den Jungen mit den dunklen Haaren legte.

36
    Der Eichhörnchenwald
    Als der Junge sieben war, nahm Turner Rudys alte Winchester mit dem Kunststoffschaft und wanderte mit ihm auf der alten Straße zur Lichtung.
    Die

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