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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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war das Bild weg.
    »Verbrenn, du mieses Schwein«, sagte sie.
    Und Bobby wurde wieder in die Dunkelheit gerissen.

33
    Im Strudel
    Marly ließ sich die Stunde über in dem trägen Wirbelsturm treiben und sah dem Tanz des Kastenmachers zu. Pacos Drohung machte ihr keine Angst, obwohl sie nicht daran zweifelte, dass er sie wahrmachen würde. Er würde sie ganz bestimmt wahrmachen. Sie hatte keine Ahnung, was passieren würde, wenn die Schleuse aufgebrochen wurde. Sie würden
sterben, sie und Jones und Wigan Ludgate. Vielleicht würde sich der Inhalt der Kuppel in einer aufwallenden Wolke aus Spitze und mattem Sterlingsilber, Murmeln, Perlen und den braunen Blättern alter Bücher ins All ergießen, um immerfort um den Kern zu kreisen. Dieses Bild war irgendwie stimmig; der Künstler, der den Kastenmacher in Gang gesetzt hatte, würde vollauf zufrieden sein.
    Der neue Kasten machte seine Runde durch verschäumte Klauen. Rechteckige Holzstücke und Glasscherben, die nicht mehr benötigt wurden, wirbelten vom Zentrum des Schöpfungsprozesses fort und gesellten sich zu den abertausend Dingen, und Marly war ganz versunken und verzaubert, als Jones sich mit verschwitztem, schmutzigem Gesicht und wildem Blick in die Kuppel hangelte, den roten Anzug an einer Leine hinter sich herziehend. »Ich krieg Wig in nichts rein, was ich luftdicht machen kann«, sagte er, »also ist der hier für Sie.« Der Anzug kam von unten zu ihm herauf, und er griff hektisch danach.
    »Ich will ihn nicht«, sagte sie, ohne den Blick von dem Tanz zu wenden.
    »Ziehen Sie ihn an! Sofort! Keine Zeit!« Seine Lippen bewegten sich, aber es kam kein Laut mehr heraus. Er versuchte, sie am Arm zu packen.
    »Nein.« Sie wich seiner Hand aus. »Was ist mit Ihnen?«
    »Ziehen Sie den verdammten Anzug über!«, brüllte er und weckte damit den tieferen Bereich des Echos.
    »Nein.«
    Hinter seinem Kopf sah sie den Bildschirm wie von selbst aufleuchten. Pacos Gesicht erschien.
    »Señor ist tot«, sagte Paco, dessen glattes Gesicht keine Regung zeigte, »und seine diversen Geschäftsbereiche werden einer Umstrukturierung unterzogen. In der Zwischenzeit werde ich in Stockholm gebraucht. Ich bin ermächtigt, Marly
Kruschkowa davon in Kenntnis zu setzen, dass sie nicht mehr im Dienst des verstorbenen Josef Virek oder seines Unternehmens steht. Ihr gesamtes Gehalt ist bei jeder Zweigstelle der Banque de France gegen Vorlage eines gültigen Ausweises abrufbar. Die erforderlichen steuerlichen Angaben liegen den französischen und belgischen Finanzämtern vor. Das eingeräumte Spesenkonto ist gesperrt. Der ehemalige Unternehmenskern der Tessier-Ashpool SA ist Eigentum eines Tochterunternehmens des verstorbenen Herrn Virek, und jeder, der sich dort aufhält, wird wegen Hausfriedensbruchs belangt.«
    Jones war mit angewinkeltem Arm erstarrt; die offene Hand war gespannt, um die Handkante härter zu machen.
    Paco verschwand.
    »Wollen Sie mich schlagen?«, fragte sie.
    Er ließ den Arm sinken. »Wollte ich, ja. Ich wollte Sie k. o. schlagen und in diesen Scheißanzug stecken.« Er begann zu lachen. »Aber ich bin froh, dass ich mir das jetzt sparen kann. Da, schauen Sie, er hat einen neuen fertig.«
    Der neue Kasten kam aus dem blitzenden Gewirr der Arme angeschwebt. Sie fing ihn mühelos auf.
    Das Innere hinter der rechteckigen Glasscheibe war sorgsam mit den aus ihrer Jacke herausgetrennten Lederstücken ausgekleidet. Sieben numerierte Holofiches standen aufrecht wie Miniaturgrabsteine auf dem schwarzen Lederboden des Kastens. Die zerknüllte Hülle eines Päckchens Gauloises klebte am schwarzen Leder der Rückseite, daneben ein schwarzgestreiftes, graues Streichholzbriefchen aus einer Brasserie im Napoleonkomplex.
    Und das war alles.
     
    Später, als sie Jones half, Wigan Ludgate im Labyrinth der Korridore am anderen Ende des Kerns aufzuspüren, hielt er inne,
die Hand um einen angeschweißten Haltegriff gelegt, und sagte: »Wissen Sie, das Komische an diesen Kästen ist …«
    »Ja?«
    »Dass Wig irgendwo in New York einen verdammt guten Preis für sie gekriegt hat. Geld, meine ich. Aber manchmal auch andere Sachen, Sachen, die hier raufgekommen sind.«
    »Was für Sachen?«
    »Software, schätz ich mal. Der alte Sack ist nämlich ganz schön verschwiegen, wenn’s darum geht, was seine Stimmen ihm angeblich befehlen. Einmal hat er geschworen, dass es ein Biosoft war, dieses neue Zeug …«
    »Was hat er damit gemacht?«
    »In den Kern geladen.« Jones zuckte mit den

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