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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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wie Prior der Frau mit dem Namensschild einen Kreditchip hinschob. Die Frau nahm ihn und führte ihn durch einen Metallschlitz.
     
    Prior stellte ihre Tasche auf das breite Bett aus beigem Temperschaum und öffnete mit einem Knopfdruck die Gardinenfront. »Ist nicht gerade das Ritz«, sagte er, »aber wir werden versuchen, dafür zu sorgen, dass du dich hier wohlfühlst.«
    Mona gab einen nichtssagenden Laut von sich. Das Ritz war eine Hamburger-Bude in Cleveland, und sie wusste nicht, was sie mit der Bemerkung anfangen sollte.
    »Hier«, sagte er, »dein Liebling.« Es stand neben dem gepolsterten Kopfbrett des Bettes. Darin war ein Stimgerät sowie eine kleine Ablage eingebaut, auf der ein Satz Troden in einer Plastikpackung und etwa fünf Kassetten lagen. »Sämtliche neuen Stims von Angie.«
    Sie fragte sich, wer die Kassetten da hingelegt hatte und ob es erst geschehen war, nachdem Prior sich bei ihr erkundigt hatte, welche Stims sie mochte. Sie schenkte ihm ebenfalls ein
Lächeln und trat ans Fenster. Das Sprawl sah genauso aus wie in den Stims. Das Fenster war wie eine holographische Ansichtskarte: berühmte Gebäude, deren Namen sie nicht kannte, obwohl sie wusste, dass sie berühmt waren.
    Graue geodätische Kuppeln, hervorgehoben vom Weiß des Schnees, dahinter das Himmelsgrau.
    »Na, zufrieden, Baby?«, fragte Eddy, der hinter sie trat und ihr die Hände auf die Schultern legte.
    »Gibt’s hier auch Duschen?«
    Prior lachte. Sie entwand sich Eddys lockerem Griff und ging mit ihrer Tasche ins Bad, machte die Tür zu und schloss ab. Sie hörte Prior erneut lachen, und dann fing Eddy wieder mit seinem Gelaber an. Sie setzte sich aufs Klo, öffnete die Tasche und grub das Schminktäschchen aus, in dem sie ihr Wiz aufbewahrte. Vier Kristalle hatte sie noch. Das musste eigentlich reichen. Drei reichten im Grunde auch, aber wenn sie nur noch zwei hatte, ging sie normalerweise daran, sich Nachschub zu besorgen. Sie warf nicht oft was ein, jedenfalls nicht jeden Tag, außer in letzter Zeit, aber nur, weil Florida sie mit der Zeit total abgenervt hatte.
    Jetzt konnte sie allmählich wieder ein bisschen davon runterkommen, dachte sie, während sie einen Kristall aus dem Fläschchen klopfte. Das Zeug sah wie gelber Kandiszucker aus. Man musste es zerbrechen und zwischen zwei Nylonsieben kleinmahlen. Wenn man das tat, roch es nach Krankenhaus.
     
    Sie waren beide weg, als sie mit dem Duschen fertig war. Sie hatte unter der Dusche gestanden, bis sie sich zu langweilen begann, was einige Zeit gedauert hatte. In Florida hatte sie meist Münzduschen in öffentlichen Schwimmbädern oder Busbahnhöfen benutzt. Vermutlich war an die hier irgendwas angeschlossen, was den Literverbrauch maß und in Rechnung
stellte; so lief es jedenfalls im Holiday Inn. Über dem Brausekopf aus Kunststoff saß ein großer weißer Filter, und der Aufkleber an der gefliesten Wand mit einem Auge und einer Träne darauf bedeutete, das Wasser war zum Duschen geeignet, aber man sollte aufpassen, dass man es nicht in die Augen bekam. Wie beim Wasser im Schwimmbad. Eine Reihe verchromter Hähne war in die Fliesen eingelassen, und wenn man jeweils die Taste darunter drückte, kam Shampoo, Duschgel, Flüssigseife oder Badeöl raus. Dabei leuchtete ein roter Punkt neben der Taste auf, denn auch das ging auf die Rechnung. Auf Priors Rechnung. Sie war froh, dass die beiden weg waren, denn sie genoss es, allein und high und sauber zu sein. Sie hatte nicht oft Gelegenheit, allein zu sein, außer auf der Straße, aber das war was anderes. Sie hinterließ nasse Fußspuren auf dem beigen Teppich, als sie zum Fenster ging. Sie war in ein großes Badetuch gewickelt, das zum Bett und zum Teppich passte. In dem Flor war an einer Stelle ein Wort ausrasiert; wahrscheinlich der Name des Hotels.
    Einen Block weiter stand ein altmodischer Bau. Die Ecken der abgestuften Spitze waren abgetragen, so dass eine Art Berg mit Felsen, Grasmatten und einem Wasserfall entstanden war, der auf Felsen stürzte und weiter fiel. Sie musste lächeln. Dass sich jemand solche Mühe gemacht hatte! Dunst stieg von dort auf, wo das Wasser auftraf. Es konnte aber nicht einfach auf die Straße fallen, überlegte sie, denn das wäre zu kostspielig. Vermutlich wurde es wieder hochgepumpt und von neuem verwendet, ein ewiger Kreislauf.
    Etwas Graues bewegte dort den Kopf, schwenkte das große, gedrehte Gehörn, als schaute es zu ihr herüber. Sie trat auf dem Teppich einen Schritt zurück und

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